Seit der frühen Neuzeit prägt ein neues Konzept das naturwissenschaftliche Verfahren: der experimentelle, gestalterische Eingriff in die Natur. Es geht nicht mehr um die Darstellung einer „freien und ungebundenen Natur“ (Bacon), sondern darum, der „gebundenen und bezwungenen Natur“ die Geheimnisse zu entreißen. Diese technische Konzeption unterscheidet sich deutlich von den kontemplativen Wissenschaftsansätzen der Antike. Kant beschreibt diese „Revolution der Denkart“ als ein verändertes Verhältnis zwischen Mensch und Natur. Der Mensch als Experimentator hat nicht mehr die Rolle eines passiven Schülers, sondern wird zum Richter, der die Natur zwingt, auf Fragen zu antworten. Die moderne Laborforschung ist so weit von den alten Wissenschaftsformen entfernt, dass sie oft kritisiert wird, sie untersuche Artefakte statt die Natur selbst. Grundlegende Theorien über die Natur entstehen meist unter künstlichen Laborbedingungen, was jedoch nicht bedeutet, dass sie nicht auf die Natur außerhalb der Labore anwendbar sind. Dennoch stehen der exakten Anwendung auf natürliche Prozesse zahlreiche Schwierigkeiten entgegen. Das Labor markiert somit eine Grenze der exakten Naturforschung, die für den Umgang der wissenschaftlich-technischen Zivilisation mit der Natur bedeutende Konsequenzen hat.
Kristian Köchy Livres






Nanobiotechnologien
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Die Nanobiotechnologien repräsentieren eine relativ junge und bisher kaum konturierte Forschungsrichtung an der Schnittstelle von Biotechnologie und Nanotechnologie. Eine Herausforderung dieser Forschung besteht darin, Techniken, Methoden und Theorien von einem Wissenschaftsgebiet auf ein anderes zu übertragen. Zugleich werden durch die Erkenntnisfortschritte und neuartige Anwendungsmöglichkeiten der Nanobiotechnologien ganz unterschiedliche philosophische Problemfelder angesprochen, die nicht allein im Zuständigkeitsbereich von Wissenschafts- und Technikphilosophie verbleiben. Im vorliegenden Band erörtern Vertreter aus Philosophie, Technikforschung und Naturwissenschaft die vielfältigen philosophischen Implikationen der Nanobiotechnologien zu den Themenfeldern 1. Grundlagenreflexion und Risikobewertung, 2. Naturvorstellungen und Objektkonzepte, 3. Methoden und Visionen sowie 4. anthropologische und ethische Fragen. Mit Beiträgen von Arianna Ferrari, Stefan L. Gammel, Thomas Göller, Hille Haker, Hans Werner Ingensiep, Kristian Köchy, Rolf Kreibich, Alfred Nordmann, Christoph Rehmann-Sutter, Gregor Schiemann, Jan C. Schmidt, Astrid Schwarz, Ludwig Siep, Andreas Woyke, Axel Zweck.
Zwischen den Kulturen
Plessners "Stufen des Organischen" im zeithistorischen Kontext
Die Philosophie Helmuth Plessners hat in den letzten Jahren eine Renaissance erfahren: Plessner wurde als relevanter Vertreter einer Biophilosophie (wieder) entdeckt, die nicht nur die überkommene Trennung von Natur und Kultur, sondern auch die Gegenüberstellung disjunkter Wissenschaftskulturen in Frage stellt und ihr Verhältnis neu bestimmt. Das Buch nimmt die verschiedenen disziplinären Fäden auf, die die Konzeption von Plessners Biophilosophie insbesondere in den Stufen des Organischen und der Mensch (1928) verständlich machen. Es stellt Plessners Überlegungen im Kontext von naturwissenschaftlichen (von Uexküll, Buytendijk, Driesch, von Weizsäcker, Portmann, Köhler) sowie philosophischen (Bergson, Misch, Hartmann, Scheler, Heidegger, Jonas) Theorien seiner Zeit vor.
Durch die Debatten um die Deutungsmacht der kognitiven Neurobiologie in Fragen der Willensfreiheit oder um den Beginn des menschlichen Lebens ist eine philosophische Disziplin in die Aufmerksamkeit geraten, die unter akademischen Vorzeichen längst existierte: die Biophilosophie. In dieser Einführung werden die zentralen Themen der Biophilosophie vorgestellt. Es sind dies die Fragen nach dem Verhältnis von Biologie und Philosophie, nach den Besonderheiten von Beobachtung und Darstellung in der Biologie, nach Modellorganismen und Organismusmodellen, nach biologischen Experimenten und Theorien. Dabei folgt die Darstellung einem kontextuellen Ansatz. In Abgrenzung von der formalen Betrachtung durch die Wissenschaftslogik werden so gesellschaftliche Einflussgrößen erkennbar, die einen Übergang von der Theorie der Biologie zur Bioethik nahelegen.
Umwelt-Handeln
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Seit Umweltkrise und Ökologiedebatte ist der Themenkreis »Natur« zu einem neuen herausfordernden Gebiet interdisziplinärer Forschung geworden. In diesem Zusammenhang ist auch innerhalb der Philosophie die Forderung nach umfassender Reflexion über das Verhältnis von Mensch und Natur immer deutlicher erhoben worden. Bereits zu Beginn der Natur-Debatte entstand so eine Situation, in der sowohl naturphilosophisch-theoretische als auch umweltethisch-praktische Antworten gefragt waren. Die exakten Zusammenhänge zwischen Naturphilosophie und Umweltethik wurden dabei jedoch kaum untersucht. Letztlich kommt die Naturphilosophie im Kontext der Umweltphilosophie in verschiedenen Hinsichten ins Spiel. Es geht hier nicht nur darum, festzustellen, worin das Umweltproblem eigentlich besteht oder was die Bedingungen und Grenzen eines wissenschaftlich-technischen Zugangs zur Natur sind. Es geht auch darum, daß umweltethische Entscheidungen stets in spezifischen Kontexten erfolgen. Sie sind abhängig von Vorentscheidungen und Vorannahmen, die den Rahmen nicht nur für konkrete einzelne Handlungsvorschriften, sondern auch für allgemeine ethische Standpunktbestimmungen darstellen. Naturphilosophische Vorstellungen sind essentieller Teil dieses Rahmens. Im vorliegenden Band erörtern Vertreter von Naturphilosophie und Umweltethik diese komplexen Beziehungen.
Willensfreiheit als interdisziplinäres Problem
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Nachdem sich in der 'Dekade des Gehirns' die fachwissenschaftliche und philosophische Debatte vor allem auf die Probleme des Bewußtseins und der Subjektivität mentaler Phänomene konzentrierte, sind in den letzten Jahren Fragen zur Willensfreiheit und Handlungssteuerung ins Zentrum einer interdisziplinären Diskussion um die kognitiven Neurowissenschaften gerückt. Diese hat längst die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich gezogen und wurde in den Feuilletons zum Präzedenzfall des Disputs der 'zwei Kulturen' stilisiert. Das vorliegende Buch soll - jenseits eines abstrakten Streites der Fakultäten um die Deutungshoheit - die unterschiedlichen Wissenschaftskulturen zum Thema 'Willensfreiheit' ins Gespräch miteinander bringen. Es ist gelungen, zu diesem Zweck maßgebliche Vertreter der involvierten Fachzweige zu versammeln. Neben der Darlegung der einschlägigen fachwissenschaftlichen Befunde aus Biochemie, Neurobiologie, Kognitionspsychologie und Sportwissenschaft geht es darum, diese in einen wissenschaftshistorischen und methodologischen Kontext zu stellen. Diskutiert werden sowohl die experimentellen Befunde und deren innerwissenschaftliche Interpretation als auch deren philosophische Konsequenzen im Feld der Auseinandersetzungen zwischen Kompatibilisten und Inkompatibilisten. Schließlich werden auch ausgewählte Positionen aus dem klassischen Kanon der Philosophie zu Gehör gebracht.
Perspektiven des Organischen
Biophilosophie zwischen Natur- und Wissenschaftsphilosophie