Dachau Concentration Camp memorial site
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Warum Italien? Im 20. und frühen 21. Jahrhundert bieten sich andere Länder und Kulturen als weitaus unverbrauchtere Imaginationsarsenale an. Gleichwohl bleibt Italien für reisende Architekten weiterhin eine Quelle der Inspiration. Allerdings in einem anderen Kontext, in einer größeren Zersplitterung der Ursachen und entsprechend auch der Erfahrungen. Der Band umreißt das Phänomen Italienreise und zeichnet ein vielfältiges, unerwartetes Bild eines Landes wie auch des Architekturgeschehens dieser Zeit.
Umfassende Darstellung jener Bestrebungen, 'das Zerborstene und das Verwundete zu suchen und lieben zu lernen, um aus diesem uns vor die Füße geworfenen Material Kirchen zu errichten' (Emil Steffann). Aus materiellen Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkrieges gebaute Kirchen künden von Zerstörung, Not und Aufbauwillen. Sie erzählen uns, wie lang die Schatten des Nationalsozialismus tatsächlich gewesen sind. Heute, in Zeiten zurückgekehrter Lust am Rekonstruieren, ist ihr Baubestand und Zeugniswert oftmals gefährdet. Umso wichtiger wird die Erforschung des damaligen Ringens um die Ruinen. Die Untersuchung widmet sich der überraschend großen Bandbreite formaler Lösungen und bietet eine umfassende quellenmäßige Bearbeitung von mehr als 55 katholischen und evangelischen Kirchen. Darunter sind Hauptwerke wie die Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, St. Anna in Düren, die Franziskanerkirche in Köln oder St. Bonifaz in München. Viele entlegenere Bauten werden erstmals gewürdigt und fotografisch dokumentiert. Der Umgang der Architekten und Gemeinden mit Ruinen und Trümmersteinen war sehr unterschiedlich motiviert – nüchterner Pragmatismus findet sich ebenso wie der Wunsch nach einem dauerhaften Gedenken.
1914 erschien der erste Band von Adolph Goldschmidts monumentalem, bis heute unverzichtbarem Corpuswerk über die Elfenbeinskulpturen des Mittelalters. Schlagartig wird Goldschmidt damit in mehrfacher Hinsicht zum Avantgardisten und Ideengeber. Vorliegende Publikation handelt von der Entstehung, Rezeption sowie von den bild- und mediengeschichtlichen Aspekten dieses Opus magnum. Die kritische Auseinandersetzung über die wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung derartiger Corpuswerke für das erste Drittel des 20. Jahrhunderts wurde jüngst wieder eröffnet. Als Diskussionsgrundlage fokussiert dieser Band auf die einschlägigen Vernetzungen zwischen Goldschmidt, Richard Hamann, Arthur Kingsley Porter und Aby Warburg. Die damalige Bildpublizistik, auch im europäischen Vergleich, wird dabei ebenso in den Blick genommen wie die technischen Rahmenbedingungen eines solchen Mammutwerkes. In Zeiten einer tiefgreifenden Verunsicherung durch Fälschungen werden die unveränderte Notwendigkeit wie auch das produktive Nachleben dieses epochalen Corpuswerkes umso deutlicher.
Anders als in der Moderne sind in der Gegenwart „Erinnerung“ und „Gedächtnis“ wieder zu wichtigen Parametern architektonischen Gestaltens geworden. So kreierten in den letzten Jahren beispielsweise Mario Botta, Daniel Libeskind oder Peter Zumthor Bauten von herausragender zeichenhafter Qualität, die in der Lage sind, historisch-retrospektive Bezüge im Sinne einer in der Vormoderne wurzelnden Erinnerungskultur herzustellen und zugleich prospektiv in die Zukunft weisende Perspektiven zu eröffnen. Andere Architekten bemühen sich, allein über eine gezielt eingesetzte Materialästhetik und unter Verzicht auf jegliche historische bzw. historisierende Form die Architektur in ein Spannungsverhältnis zur Geschichte von Orten und Regionen zu setzen. Mitunter erweisen sich konstruierte historische Bezüge und imaginierte Vergangenheiten dabei als mehrdeutige künstlerische und politische Gesten.
Orte als Träger von Geschichte »festigen und beglaubigen die Erinnerung, sie verkörpern eine Kontinuität [...], die die Erinnerung von Individuen, Epochen, Kulturen übersteigt« (A. Assmann). Obwohl das 20. Jh. geradezu ein Jahrhundert der Erinnerung ist, wurden die seit 1918 entstandenen Kirchenbauten bisher kaum aus dieser Perspektive analysiert - obgleich »memoria« und »compassio « seit Langem unverzichtbare Bestandteile des christlichen Selbstverständnisses und der Liturgie sind. Die Bandbreite reicht vom Staatsgedenken in Kriegergedächtniskirchen bis zum Raum der Versöhnungskirche im ehemaligen KZ Dachau. Was bedeutet der authentische Ort imProzess der Erinnerung? Wie haben sich Erinnerung und Gedächtnis verändert? Welcher Raum befördert Gedenken? Die Beiträge ermöglichen einen historischen Überblick bis hin zu zeitgenössischen Planungen; sie wollen den Erinnerungsdiskurs der kulturgeschichtlichen Forschung auf die modernen Kirchenbauten hin ausweiten. Ergebnisse aktueller interdisziplinärer Forschungen zum Erinnerungsdiskurs.
Dachau, im März 1933 als eines der ersten dauerhaften Konzentrationslager eingerichtet, ist bis heute ein Synonym für den menschenverachtenden NS-Unterdrückungsapparat, 'ein Bezirk, dessen Boden uns durch die Sohlen brennt, auch wenn wir ihn nie betreten haben' (Ulrich Conrads). Bereits kurz nach der Befreiung gab es Planungen, das Dachauer Lagerareal durch Kreuzzeichen und Kirchenbauten christlich zu überformen. Zwischen 1960 und 1967, im Kontext der Einrichtung der KZ-Gedenkstätte, entstanden im Norden des Lagers 'Orte der Meditation': die katholische Todesangst-Christi-Kapelle, die jüdische Gedenkstätte und die international bekannte evangelische Versöhnungskirche. Ergänzt wurden diese durch das Kloster Karmel 'Heilig Blut' sowie die russisch-orthodoxe Kapelle. Die religiösen Erinnerungsorte im Lager Dachau künden vom gesellschaftlichen Neuaufbruch und vom ernsthaften Willen zum Gedenken an die NS-Opfer. Ihre komplexe Baugeschichte wie auch ihre Kunstwerke werden in dieser reich bebilderten Publikation erstmals gemeinsam vorgestellt.