Oswald Neuberger Livres






Mikropolitik und Moral in Organisationen
Herausforderung der Ordnung
Mikropolitik - als die auf eigenen Vorteil bedachte Instrumentalisierung Anderer in organisationalen Ungewissheitszonen - wird nicht auf personale Motive oder Haltungen zurückgeführt, sondern als sowohl flexible wie konstruktive Nutzung der Widersprüchlichkeit organisationaler Steuerungsprinzipien verstanden. Nach einem Resümee des empirischen Forschungsstandes wird dafür plädiert, die Erfassung und Differenzierung der mikropolitischen Taktiken in ein umfassendes Handlungsmodell einzubetten, das neben kognitiven Situationsrepräsentationen und Erfolgskalkülen weitere Bedingungen berücksichtigt. Mikropolitik scheint von vorneherein moralisch disqualifiziert zu sein, weil es ihr darum geht, Andere zum Mittel für eigene Zwecke zu machen. Die Reflexion von Mikropolitik aus den Perspektiven dominierender (wirtschafts-) ethischer Positionen erweist eine solche Pauschal-Verurteilung als einseitig und fragwürdig. Mit Blick auf die Möglichkeiten organisationaler Akteure werden drei pragmatische Strategien einer moralischen Rechtfertigung und Kultivierung von Mikropolitik erörtert: moralisches Satisfizieren, Moral lernen und den Widerstreit moralischer Prinzipien aushalten und nutzen.
Das 360-Grad-Feedback (Multi-Source Feedback) ist ein Verfahren, bei dem Führungskräfte von verschiedenen BezugspartnerInnen (Vorgesetzten, KollegInnen, Unterstellten, externen oder internen KundInnen) strukturierte schriftliche Beurteilungen erhalten. Diese Rückmeldungen, oft ergänzt durch Selbstbeurteilungen, werden in der Regel in moderierten Workshops diskutiert, wobei das Ziel die Ableitung von Verbesserungs- und Entwicklungsmaßnahmen ist. Der Text beleuchtet das 360-Grad-Feedback aus zwei Perspektiven: aus technisch-methodischer Sicht wird das (noch ausstehende) systematische Controlling sowie zentrale Voraussetzungen thematisiert. Fragen wie die Ersetzbarkeit der Kundenorientierung durch Hierarchieorientierung, methodische Probleme der Rundum-Beurteilung und unausgesprochene Annahmen über den Beurteilungsprozess werden behandelt. Aus politischer Perspektive wird das 360-Grad-Feedback als panoptische Kontrolltechnik reflektiert, wobei Aspekte wie Anonymität, die Rolle externer Verfahrensfachleute sowie die Voraussetzungen und Nebenwirkungen interpersonaler und intertemporaler Vergleiche betrachtet werden. Der Text schließt mit einem 30-seitigen Anhang, der konkrete Beispiele für Verfahren und Systeme sowie Analysen der Charakteristika des Feedbackprozesses enthält.

