Wer steht nicht sprachlos vor dem Wunder einer gotischen Kathedrale? Und wer rätselte nicht über die Leistung der großen Baumeister und der spämittelalterlichen Bauhütten? Was aber als Geheimnis in Stein so erhaben dasteht, hat zuvor als Entwurf auf Pergament existiert. Das Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste in Wien kann sich glücklich schätzen, die weltgrößte Sammlung originaler gotischer Baurisse aus dem 14. und 15. Jahrhundert zu besitzen. Diesen unschätzbaren Bestand – 428 Zeichnungen – hat der Kunsthistoriker Johann Josef Böker erstmals umfassend aufgearbeitet. Seine Forschung ist ein kulturgeschichtliches Ereignis ersten Ranges: Sie stellt die Geschichte der gotischen Architektur auf eine neue Grundlage. Kein Forscher kommt künftig um sie herum, und auch kein Liebhaber der Gotik sollte sich den Prachtband entgehen lassen, der den Schatz nun öffentlich zugänglich macht: Auf 464 Seiten werden die Baurisse aufwändig im Vierfarbendruck präsentiert, begleitet von historischen Schwarzweißfotos der Bauwerke. Die restaurierte und digitalisierte Sammlung wurde ausgezeichnet mit dem European Heritage Award/Europa Nostra 2003 und wurde in das „Memory of the World Register“ der UNESCO aufgenommen.
Hans Josef Böker Livres

![Die Marktpfarrkirche S[ank]t Lamberti zu Münster](https://rezised-images.knhbt.cz/1920x1920/0.jpg)




Seit seiner Wiederentdeckung und erstmaligen Publikation vor 200 Jahren (1818) kann der gotische Fassadenriss des Kölner Domes, der als Planungsgrundlage des Domausbaus im 19. Jahrhundert diente, als die wohl berühmteste Architekturzeichnung der Gotik im deutschen Sprachraum gelten. Die Forschung sah sich jedoch über das gesamte 20. Jahrhundert mit dem Widerspruch konfrontiert, der in der archäologisch begründeten Datierung des Baubeginns der Westfassade nach 1350 und der angenommenen sehr viel früheren Entstehung der ihrer Ausführung zugrundeliegenden Zeichnung spätestens um 1280 lag. Der derzeit führende Spezialist für mittelalterliche Bauzeichnungen Johann Josef Böker kann erstmals auf Basis einer detaillierten Stilanalyse nachweisen, dass auch die Zeichnung in die 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts zu datieren und somit tatsächlich im Zusammenhang mit den unmittelbaren Vorbereitungen des Baus entstanden ist. Damit ergibt sich zugleich als weitere neue Erkenntnis eine Zuschreibung des Risses an den wohl wichtigsten Kölner Dombaumeister des ausgehenden Mittelalters, Michael von Savoyen.
Der Wiener Stephansdom
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Der Wiener Stephansdom ist ein zentrales identitätsstiftendes Bauwerk Österreichs, dessen komplexe Baugeschichte Generationen beschäftigt hat. Trotz intensiver Forschung bleiben viele Fragen offen. Johann Josef Böker präsentiert auf Basis seines Werks 'Architektur der Gotik' und nach eingehender Analyse des Bauwerks eine neue Baugeschichte, die entscheidend von der bisherigen Chronologie abweicht. Rudolph IV., bisher als Bauherr des Langhauses angesehen, wird nun als Umgestalter des älteren albertinischen Domchores und Initiator eines ersten Turmprojekts identifiziert, dessen Spuren im Südturm sichtbar sind. Laurenz Spenning wird als der entscheidende Architekt für den Ausbau des Domlanghauses und den Nordturm nachgewiesen, wodurch er aus dem Schatten des legendären Hanns Puchsbaum tritt. Interessant ist auch die soziopolitische Dimension, da verschiedene gesellschaftliche Gruppen – Landesfürst, Stiftsklerus und Bürgertum – zusammenwirkten, um trotz politischer Konflikte an diesem gemeinsamen Projekt zu bauen. Die Reproduktion gotischer Baurisse und die Fotografien von Peter Kodera, die den Stephansdom in all seinen künstlerischen Facetten zeigen, machen Bökers neuestes Werk zu einem bibliophilen Highlight.
Idensen
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