Die Reihe Beiruter Texte und Studien (BTS) ist die Buchreihe des Orient-Instituts für Grundlagenforschung des historischen und zeitgenössischen Mittleren Ostens. Sie stellt Studien bereit, die auf Primärquellen in Sprachen der Region basieren und bietet thematische sowie methodische Impulse. Dieser Band beinhaltet: „Edessa in hellenistisch-römischer Zeit - Religion, Kultur und Politik zwischen Ost und West. Beiträge des internationalen Edessa-Symposiums in Halle an der Saale, 14.–17. Juli 2005“.
Der Sammelband untersucht den „religiösen Wahnsinn“ und dessen gesellschaftliche sowie diagnostische Verhandlung um 1900. Die Herausgeber betonen, dass solche Fälle bisher meist aus psychologischer Sicht als pathologische Erkrankungen betrachtet wurden. Eine interdisziplinäre Analyse soll die Verbindungen zwischen Religion, Medizin, Psychologie und Gesellschaft sowie deren dynamische Grenzverschiebungen beleuchten. Die Beiträge konzentrieren sich auf konkrete Einzelbeispiele jenseits bekannter „Psychofälle“ und erörtern systematische Fragen zur wechselseitigen Konstitution von religiösen Sinnsystemen, Krisenrhetoriken sowie „wissenschaftlicher“ und „pseudowissenschaftlicher“ Diagnostik und Therapie. Ein besonderes Augenmerk gilt dem Diskurs über „religiöse und psychische Devianz“, der nicht nur die Pathologisierung des „religiösen Wahnsinns“ vorantrieb, sondern auch der Selbstermächtigung religiöser Subjekte und deren Befreiung von modernen gesellschaftlichen Zwängen. Eine zentrale These besagt, dass solche „Anormalitätsdiskurse“ und deren breite Rezeption in Wissenschaft, Kunst und Religion den Umgang mit den Ambivalenzen und Chancen der Moderne widerspiegeln, insbesondere am Beispiel des „religiösen Wahnsinns“.
Politische Apokalyptik unter Juden und Christen des Nahen Ostens am Vorabend der arabischen Eroberung
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Im frühen Mittelalter erfuhren die jüdischen und christlichen apokalyptischen Literaturen nach Jahrhunderten weitgehender Stagnation einen sprunghaften Zuwachs. Die neuen, meist in hebräischer und syrischer Sprache verfassten Texte entstammten fast ausnahmslos dem Nahen Osten, der im Laufe des 7. Jahrhunderts von den muslimischen Arabern erobert worden war. Die lebhaften Endzeiterwartungen, die in diesen Texten zum Ausdruck kommen, legen ein beredtes Zeugnis davon ab, dass zahlreiche Zeitgenossen die politischen Umbrüche als tiefe Krise erlebten. Die hier erstmals vorgenommene vergleichende Analyse des Materials dieser Textcorpora enthüllt nicht nur eine Fülle von Gemeinsamkeiten, die von einem lebhaften Austausch zwischen jüdischen und christlichen Gemeinden zeugen, sondern sie zeigt auch, dass der historische Ursprungskontext der in ihnen dokumentierten apokalyptischen Diskurse in den letzten Jahrzehnten vor der arabischen Eroberung zu suchen ist, während des letzten großen Krieges zwischen dem oströmischen, byzantinischen und dem sasanidischen Perserreich (602–628). Sowohl Juden als auch (nicht-chalcedonensische) Christen, so wird deutlich, bedienten sich apokalyptisch-narrativer Deutungen der zeitgenössischen Ereignisse zur Artikulation ihrer Ablehnung byzantinischer Machtansprüche. Die Arbeit leistet damit nicht zuletzt einen wichtigen Beitrag zur Beurteilung des religiös-politischen Klimas in der weiteren Umwelt des entstehenden Islams.