Das universitäre Milieu der Zwischenkriegszeit in Mitteleuropa war stark von Antisemitismus geprägt. Während viele europäische Staaten, im Gegensatz zu Deutschland, 1933 nicht die Universitäten für jüdische Studierende und Professoren schlossen, wurden dennoch verschiedene antisemitische Beschränkungen eingeführt. Dazu gehörten judenfeindliche Artikel in der studentischen Presse, die Forderung nach einem Numerus clausus, Krawalle gegen jüdische Studierende und die Einführung einer antisemitischen Sitzordnung, die in den 1930er-Jahren zum Alltag an vielen Universitäten wurden. Der Workshop des Wiener Wiesenthal Instituts für Holocaust-Studien (VWI) im Jahr 2012 beleuchtete sowohl die Träger und Formen des universitären Antisemitismus als auch die Gegenwehr von jüdischen und nichtjüdischen Personen. Ein besonderer Fokus lag auf transnationalen Aspekten. Die Beiträge der Tagung sind in diesem Band veröffentlicht. Regina Fritz ist Projektmitarbeiterin bei der Edition „Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945 (VEJ)". Grzegorz Rossoliński-Liebe arbeitet am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin, und Jana Starek ist am Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI) tätig.
Regina Fritz Livres






Ethos und Predigt
Eine ethisch-homiletische Studie zu Konstitution und Kommunikation sittlichen Urteilens
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In ihrer auf der Schnittstelle von Ethik und Praktischer Theologie konzipierten Untersuchung widmet sich Regina Fritz einer Hermeneutik des sittlichen Urteilens. Im Anschluss an die Theorieentwürfe von Ernst Troeltsch und Johannes Fischer reflektiert sie insbesondere die Kontextbedingtheit sittlicher Akte und die damit einhergehenden innersubjektiven Vollzüge. Um die Erschließungskraft der ethischen Überlegungen zu überprüfen, setzt sie diese mit Predigten als exemplarischen Vermittlungsinstanzen eines christlichen Ethos in Beziehung. Die Analysen der Kanzelreden, die im Herbst 1989 in der DDR gehalten wurden, plausibilisieren, dass sich ein christliches Ethos im Zusammenwirken religiöser, gesellschaftlicher und sozialer Faktoren konstituiert, wobei die rhetorische Gestaltung der Sprache für seine Kommunikation eine zentrale Rolle spielt.
„Gefangen in Mauthausen„ handelt vom Alltag der Häftlinge in einem nationalsozialistischen Konzentrationslager und von ihren Versuchen, am Leben zu bleiben. Ihr Tod oder Überleben hing stark davon ab, in welche rassistischen, nationalen, politischen oder beruflichen Kategorien sie von der SS eingeordnet wurden und unter welchen Bedingungen und wann sie in das KZ Mauthausen gekommen waren. Trotz des Terrorsystems der SS gelang es manchen Häftlingen, resilient zu sein und Lücken im mörderischen KZ-System als Überlebenschance zu nutzen. Basierend auf 859 lebensgeschichtlichen Interviews in 16 verschiedenen Sprachen mit den letzten Überlebenden legen international ausgewiesene Geschichts-, Sozial- und KulturwissenschafterInnen in 21 Beiträgen eine Neueinschätzung der Lebenswelten der Häftlinge vor und zeigen, wie vielfältig die “Häftlingsgesellschaft„ gewesen ist, wenn man die mikroskopische Sicht der Oral History einnimmt. Das Buch ist der dritte Band eines „europäischen Großprojekts zur Geschichte der Überlebenden“ (Carlo Moos in der NZZ).
In der Historiografie ging man lange davon aus, dass es bald nach 1945 zu einer unausgesprochenen Übereinkunft gekommen war, den Judenmord zu beschweigen. Erst jüngst wird dies infrage gestellt. Die bis in die frühen 1950er-Jahre hinein angestellten Bemühungen, die postnazistischen Gesellschaften über die Verbrechen des NS-Regimes aufzuklären und sie mit diesen zu konfrontieren, werden wiederentdeckt. Die Vortragenden der Simon Wiesenthal Conference 2012 fragten nach den konkreten Maßnahmen, das begangene Unrecht nach dem Krieg als solches anzuerkennen: Welche Versuche gab es, den Massenmord zu thematisieren, zu dokumentieren, der Opfer der NS-Vernichtungspolitik zu gedenken, Verantwortlichkeiten zu klären und die „Schuldfrage“ zu stellen? Welche politischen Interessen verbanden sich mit den Bemühungen, die Vergangenheit aufzuarbeiten, wie(so) scheiterten sie, und ab wann sind erste Tabuisierungstendenzen feststellbar? Béla Rásky ist Direktor des VWI. Regina Fritz ist Projektmitarbeiterin bei der Edition „Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945 (VEJ)“. Eva Kovács ist wissenschaftliche Programmleiterin des Wiener Wiesenthal Instituts für Holocaust-Studien (VWI).
Nach Krieg und Judenmord
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Eine Untersuchung zu Ungarns Auseinandersetzung mit dem Holocaust und dem Zweiten Weltkrieg - ausgezeichnet mit dem »Irma Rosenberg-Förderpreis für die Erforschung der Geschichte des Nationalsozialismus« und mit dem »Preis des Theodor-Körner-Fonds«. Am 19. September 1946 rief Winston Churchill die einstigen Kriegsgegner zu einem »segensreichen Akt des Vergessens« auf. Trotz dieser Forderung gab es unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg von Seiten der Nationalstaaten große Bemühungen, die Verbrechen der vergangenen Regime zu dokumentieren und zu ahnden. So zunächst auch in Ungarn. Regina Fritz untersucht die ungarische Auseinandersetzung mit dem Holocaust von 1944/45 bis nach der Jahrtausendwende: Wie und aus welchen Gründen wurde dieser Teil der Geschichte thematisiert, genutzt, umgedeutet und schließlich zunehmend tabuisiert? Das Beispiel Ungarn zeigt in eindrucksvoller Weise, wie stark das Umschreiben von Geschichte nach 1945 politisch motiviert und von politischen Akteuren gelenkt wurde. Die Autorin bettet den Erinnerungsdiskurs in Ungarn in den internationalen Zusammenhang ein und untersucht, wie internationale Prozesse auf die innerungarische Aufarbeitung wirkten.
Nationen und ihre Selbstbilder
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Diktaturen, Kriege und Genozide prägten das Gesicht des 20. Jahrhunderts stärker als die Ausbreitung demokratischer Gesellschaftsverfassungen. Am Ende des »Zeitalters der Extreme« standen revolutionäre Umwälzungen, die zu einer Überwindung diktatorischer Regime führten. Die Frage nach den Übergängen zu demokratischen Systemen steht im Zentrum der neuen Reihe »Diktaturen und ihre Überwindung im 20. und 21. Jahrhundert«. Erforscht werden Aspekte wie Herrschaft und Macht, Erfahrungswandel und Lernprozesse. In Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung.