Christoph Bals Livres






Auf dem diesjährigen Klimagipfel COP24 in Katowice vom 2.-14. Dezember 2018 sollen die Vertragsstaaten die Umsetzungsregeln für das Paris-Abkommen beschließen. Auch Nachbesserungen im Klimaschutz und verlässlichere Klimafinanzierung stehen auf der Agenda. Die Staaten treffen sich zu einem für die Klimapolitik entscheidenden Zeitpunkt. Die Auswirkungen des Klimawandels nehmen spürbar zu – der Hitzesommer 2018 war in vielen Teilen der Erde zu erfahren. Der Weltklimarat IPCC formulierte in seinem jüngst veröffentlichten Bericht mit neuer Dramatik, dass nur noch wenige Jahre Zeit bleiben, um die Klimakrise in den Griff zu kriegen. Doch die internationale Staatengemeinschaft ist nicht zuletzt wegen der US-Regierung gehemmt. Auch in Deutschland hat die Regierung jahrelang nicht genug dafür getan, die Klimaziele zu erreichen. Es formiert sich eine starke Klimabewegung am Hambacher Wald und anderswo. Aber auch die fossilen Energieversorger kämpfen um ihre Geschäftsmodelle. Deutschland steht vor einem Entscheidungsmoment – viele Augen werden sich von Katowice aus auf die Kohlekommission richten. Dieses Hintergrundpapier zeigt die wichtigsten erforderlichen Beschlüsse von Katowice und die politischen Streitpunkte dazu auf – v. a. in den Bereichen Ambitionssteigerung, Klimafinanzierung, Transparenz, sowie Anpassung und klimawandelbedingte Schäden und Verluste.
Die Weltklimakonferenz COP 23 fand vom 6. bis 18. November 2017 in Bonn unter der Präsidentschaft von Fidschi statt. Ein bedeutender Erfolg war der Talanoa-Dialog 2018, der die erste Nachbesserungsrunde der nationalen Klimapläne bis 2020 festlegte. Die Hoffnung ist, dass große Emittenten im Dezember 2018 ihre Emissionsminderungsziele und die Unterstützung ärmerer Länder für 2030 erhöhen. Im Fokus der Verhandlungen standen die Umsetzungsregeln des Paris-Abkommens, wobei nur die notwendigsten Fortschritte erzielt wurden. Viele zentrale Fragen bleiben für die COP 24 in Katowice offen. Deutschland sah sich durch die legitimen Forderungen der Entwicklungsländer nach Verpflichtungen der Industriestaaten vor 2020 und Klarheit über zukünftige Klimafinanzierung unter Druck. Die Anti-Kohle-Allianz, bestehend aus 20 Mitgliedsländern, plant, bis spätestens 2030 aus der Kohleverstromung auszusteigen, doch Deutschland ist nicht Mitglied. 2018 erfordert entschlossene Entscheidungen zum Kohleausstieg, zur Förderung erneuerbarer Energien und zum Schutz der vom Klimawandel Betroffenen. Ein neues System geteilten Leaderships in der internationalen Klimapolitik muss sich weiter entwickeln, und Deutschland sollte eine aktive Rolle spielen, was die ernsthafte Umsetzung internationaler Verpflichtungen im eigenen Land erfordert.
Der nächste UN-Klimagipfel wird vom 11. bis 22. November 2013 in Warschau (Polen) stattfinden. Er soll den Auftakt geben für intensivierte Verhandlungen zu einem neuen Klimaabkommen, das 2015 in Paris beschlossen werden soll. Ein Erfolg der internationalen Klimaverhandlungen ist nur möglich, wenn die Klimapoli-tik weltweit wieder höher auf der Agenda steht. Als Gastgeber der wichtigen Konferenzen in 2013 und 2015 kommt der EU die wichtige Rolle zu, durch eine verschränkte Strategie von Verhandlungen, nationalen Klimaschutzbemühungen und Vorreiterallianzen Klimapolitik weltweit voranzubringen. Das Germanwatch-Hintergrundpapier gibt einen Überblick über die internationale politische Ausgangslage, die wichtigsten Themen der Klimaverhandlungen und die Erwar-tungen an den Klimagipfel in Warschau. Zudem werden die politischen Forderungen von Germanwatch dargelegt und begründet.
Wie der Erdgipfel in Rio vor 20 Jahren durch den Umbruch nach dem Ende dKrieges, so ist der Nachhaltigkeitsgipfel, der offiziell vom 20.-22. Juni 2012 in findet, durch den Aufbruch der neuen Groß- und Regionalmächte, der sogenannten Schwellenländer, geprägt. Wieder, wie vor 20 Jahren, erleben wir auf diesem Planeten eine große politische Machtverschiebung. Damals gab es die Hoffnung auf eine Friedensdividende, darauf, dass nun endlich der Nord-Süd-Konflikt und die Umweltkrise en lichen immer neue Krisen (Energie- und Rohstoff-, Klima-, Ernährungs-, Finanz- und Wirtschaftskrise), dass wir nicht länger nur auf der Grundlage von Modellen Grenzen des Wachstums diskutieren, sondern dass wir immer häufiger an Grenzen des Planeten (pla-netary boundaries) stoßen.
Der Nachhaltigkeitsgipfel in Rio de Janeiro vom 20. bis 22. Juni 2012 offenbarte die strukturelle Handlungsunfähigkeit der internationalen Staatengemeinschaft in Nachhaltigkeitsfragen. Die USA sind aufgrund innerer Blockaden nur begrenzt handlungsfähig, während geopolitische Verschiebungen zwischen aufstrebenden und an Bedeutung verlierenden Mächten zu weiteren Blockaden führen. Inmitten der Finanz- und Wirtschaftskrise schwenken immer mehr Regierungen auf kurzfristige Krisenbewältigung um. Daher sind die Fortschritte bei den zentralen Themen von Rio eher bescheiden: Es gab nur kleine Schritte in Richtung aktionsorientierter Nachhaltigkeitsziele bis 2015, zur institutionellen Aufwertung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) und zur Unterstützung einer grünen Wirtschaft im Kontext nachhaltiger Entwicklung und Armutsbekämpfung. Dennoch gelang es dem Gipfel, das Thema „Green Economy“ weltweit auf die Agenda zu setzen, was die Bedeutung multilateraler Prozesse unterstreicht. Allerdings kann der Ausstieg aus dem Gefangenendilemma nicht allein durch diese Prozesse organisiert werden; es bedarf auch des Handelns einzelner Staaten und überzeugender Vorreiterrollen. Eine erfolgreiche Energiewende in Deutschland könnte hier eine Vorbildfunktion einnehmen. Germanwatch schlägt mögliche Allianzen zu drei Themen vor: Zugang zu Energie und Klimaschutz, Recht auf Nahrung und nachhaltige Landwirtschaft sowie den Schutz der Ozeane.
Ziel dieses Hintergrundpapiers ist es, die Green-Economy-Debatte aus NGO-Perspektive zu beleuchten und die deutsche Diskussion im Rahmen des „Rio20+”-Prozesses zu stimulieren. Deutschland und die EU spielen eine bedeutende Rolle in diesem Prozess, insbesondere durch den Atomausstieg und die Energiewende, die bereits wichtige Transformationsprozesse hin zu einer „Green and Fair Economy“ angestoßen haben. Es ist entscheidend, dass Deutschland die Debatte rund um den UN-Gipfel im Juni 2012 mit einer kohärenten Nachhaltigkeits- und Green-Economy-Strategie bereichert. Das Papier führt in die deutsche und internationale Debatte ein, klärt Begriffe und formuliert Erwartungen an den Gipfel. Zu vier zentralen Handlungsfeldern – Nachhaltigkeitsstrategie, Klima und Energie, Landwirtschaft und Unternehmensverantwortung – präsentiert Germanwatch auf Basis seiner Expertise konkrete Politikvorschläge für die deutsche Politik. Besonders diskutiert wird die Rolle der Wirtschaft beim Umbau zu einer „Green and Fair Economy“. Fortschritte erscheinen nur möglich, wenn entscheidende Akteure aktiv handeln und erfolgreich über Rahmenbedingungen verhandeln. Zudem sind neue Allianzen zwischen Staaten, innovativen Unternehmen und Kommunen notwendig, um das Handeln und Verhandeln voranzutreiben.
Die Bundesregierung hat ihren Entwurf für das Energiekonzept vorgestellt, der durch einen eklatanten Widerspruch geprägt ist. Die Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke bremst massive Investitionen in Erneuerbare Energien, während die Einnahmen aus abgeschriebenen Atomkraftwerken die Marktmacht der großen Energieversorgungsunternehmen (EVUs) verstärken. Gleichzeitig setzt die Bundesregierung ambitionierte Ziele für den Ausbau Erneuerbarer Energien, Energieeffizienz und den notwendigen Netzausbau. Um den Widerspruch zu überbrücken, sollen Kernkraftwerksbetreiber an der Finanzierung des Übergangs zu Energieeffizienz und Erneuerbaren beteiligt werden. Zweifel bestehen jedoch an der Umsetzbarkeit dieser Maßnahmen, insbesondere aufgrund der finanziellen Stärkung der traditionellen EVUs, die möglicherweise gegen Investitionen in Energieeffizienz und Erneuerbare Energien sind, da dies ihre Ertragslage verschlechtern könnte. Zudem äußert der BDI-Chef Hans-Peter Keitel Bedenken zu den Vorgaben zur Gebäudesanierung und Stromeinsparung, was darauf hindeutet, dass im parlamentarischen Prozess noch nachgebessert werden muss. Insgesamt bleibt unklar, ob das angekündigte Maßnahmenbündel ausreicht, um die gesetzten Ziele zu erreichen.
Der UN-Verhandlungsprozess, der beim Klimagipfel in Bali (Dezember 2007) beginnt und 2009 abgeschlossen sein soll, ist eine zentrale Weichenstellung, die über die Zukunft dieses Planeten mitentscheidet. Werden wir auf ein unkontrolliertes Großexperiment mit Mensch und Natur zulaufen? Auf eine Klima-Apartheid, in der emissionsreicher Wohlstand zum Privileg für eine globale Minderheit wird? Auf eine globale Klimapartnerschaft, die eine gerechte Strategie zur Bekämpfung eines in großem Maßstab gefährlichen Klimawandels und zur Teilung der Lasten der Anpassung erreichen wird? Oder auf den Versuch der großtechnischen Steuerung des Planeten Erde? Germanwatch präzisiert in diesem Papier die Anforderungen an den Klimagipfel in Bali, wenn er ein Einstieg in eine globale Klimapartnerschaft sein soll, und stellt zentrale Eckpunkte eines wegweisenden, bis 2009 zu verhandelnden Abkommens zur Diskussion.