Die Formel ›Kunst und Technik‹ wurde in der jüngeren Vergangenheit weitgehend als Ausdruck einer Problematik aufgefasst. ›Kunst und Technik‹, dies bedeutete so viel wie ›Kunst oder Technik‹. Dass sich dies in der Frühen Neuzeit anders verhalten hat, demonstriert der komparatistisch ausgerichtete Band in einzelnen Materialstudien, welche mögliche Allianzen von Kunstobjekten und technischen Apparaturen beleuchten. Vor allem die Literaturen der Romania haben im experimentellen Dialog von Kunst und Technik dabei signifikante Neupositionierung ihrer poetologischen Zentralbegriffe erprobt. Technische Erneuerungen setzen immer auch auf ästhetische Vermittlung; Ästhetik setzt umgekehrt stets auch auf technische Funktionen. So treten ›sub specie machinae‹ beispielsweise die Figur des Ingenieurs und Konzepte des Ingeniums in spannende Interaktionen. Diese setzen sich bis auf den heutigen Tag in Programmen des ›Designs‹ oder der ›objets d’art‹ fort und finden methodisch eine Perspektive in den ›philological material studies‹.
Angela Oster Livres






Jenseits der Zeichen
Roland Barthes und die Widerspenstigkeit des Realen
Barthes’ Denken kreist um die Frage, ob und wie es eine Evidenz des Realen in Literatur und Kunst geben kann. Dieses imaginäre, ja gespenstische »Rauschen« des Sinns kann nicht gewusst, sondern nur erfahren werden: in der Sprache der Trauer, mit hörenden Fingerspitzen oder dem genießenden Körper. Deshalb sind die Texte von Roland Barthes auch 30 Jahre nach seinem Tod noch richtungsweisend, wenn es um das Verhältnis der Sprache zum Realen geht. Dessen Widerspenstigkeit wurde nun von den führenden Barthes-Spezialisten untersucht. Sie loten dabei die Interpretationsmöglichkeit literarischer Inszenierung von realer Widerständigkeit aus: die Darstellung von Liebe und Gewalt, Sex und Gender, Körperlichkeit und Affekt, Gewalt oder Subjektivität im Text.
Pier Paolo Pasolini und das Kino der Poesie
- 320pages
- 12 heures de lecture
Die Auseinandersetzung mit Pier Paolo Pasolini beleuchtet seine Rolle als provokanter Dichter und Regisseur des 20. Jahrhunderts. Anlässlich seines 100. Geburtstags wird sein "Kino der Poesie" neu betrachtet, wobei der Fokus auf seinem Einsatz von Mythen und Märchen liegt, die eine tiefere Nachhaltigkeit jenseits von Konsum und Konformität anstreben. Pasolinis "Licht der Dichtung" schafft eindrucksvolle Bilder, die er in semiotischen Debatten, unter anderem gegen Umberto Ecos Kritik, verteidigt und somit seine künstlerische Vision nachhaltig hinterfragt.
Pandemie und Literatur
- 159pages
- 6 heures de lecture
<i>Furor Hereos</i>
Heroischer Wahnsinn in der Renaissance (Ariosto, Tasso, Bruno)
Die Studie präsentiert Kultur und Literatur des Wahnsinns der Renaissance in den verschiedenen Wissensgebieten: Dichtkunst (Ariosto, Tasso, Bruno) sowie in Medizin, Philosophie, Theologie und Gerichtswesen. Der Wahnsinn in der Renaissance stellt zeitgenössisch kein Spezialgebiet in Einzelwissenschaften dar. Vielmehr ist er in allen Wissensordnungen omnipräsent, und es herrscht ein reger Kulturtransfer zwischen den Fächern, wobei Italien bekanntlich die sogenannte Leitkultur Europas in der Frühen Neuzeit darstellt. Der originelle Umgang mit Verrückten in der Vormoderne erlaubt einen innovativen Umgang mit dem traditionellen Furor, der heroische Meisterwerke der Weltliteratur hervorgerufen hat, so Ariostos rasenden Orlando, Tassos heroischen Wahnsinn und Brunos ketzerischen Furor.
Wie in wenigen Werken des 19. Jahrhunderts verbinden sich im Œuvre Alessandro Manzonis politische, ästhetische und theologische Ansprüche, die sich keineswegs auf den italienischen Kulturraum beschränken, sondern in einem gesamteuropäischen Wirkungshorizont situiert sind. Vor diesem Hintergrund verfolgt der Sammelband zwei Ziele. Zum einen möchte er Manzonis Werk als einen spezifisch italienischen Beitrag zur europäischen Identitätsfindung zwischen 1800 und 1900 neu lesen. Zum anderen soll die Produktion des ästhetisch-politischen Mythos Manzonis nördlich der Alpen durchleuchtet werden. Beide Aspekte – sowohl Manzonis Umschrift Europas im Horizont einer poetischen Politik als auch die Aufnahme und das Fortschreiben seiner Programmatik in der gesamteuropäischen Rezeption – sind eng miteinander verknüpft.
Europe en mouvement
- 235pages
- 9 heures de lecture
Im Verlauf ihrer Geschichte hat sich die Idee „Europa“ sowohl als eine Herausforderung als auch als ein Schnittpunkt von Handlungsvollzügen erwiesen, deren kulturelle Formationen maßgeblich von technologischen Praktiken und Experimenten geprägt sind. Wie aber konstituieren und stabilisieren sich Techniken im Horizont Europas, welche Effekte haben sie auf Europa? Und vor allem: haben sie die Mobilität oder Flexibilität Europas befördert oder eventuell auch verzögert oder gar blockiert? Inwiefern kann also legitimerweise von einem „Europe en mouvement“ im Spiegel der Technik die Rede sein? Der vorliegende Band dokumentiert Integrationsprozesse und Instrumentalisierungen von Technikdiskursen und deren Wirkungen in der europäischen Wissenschaft und Öffentlichkeit. Mit Beiträgen von Claude D. Conter, Alexander Gall, Vera Hofmann, Roland Alexander Ißler, Angela Oster, Marcus Popplow, Almut-Barbara Renger, Anne- Marie Saint-Gille, Jan-Henrik Witthaus, Burkhardt Wolf.
Die späten Schriften Roland Barthes' und Pier Paolo Pasolinis gelten als unpolitische, vorwiegend privatisierend autobiographische Texte. Tatsächlich realisieren beide Autoren jedoch (und zwar kontinuierlich vom Früh- bis zum Spätwerk) eine Poetik der Atopie, die topische Gemeinplätze materialästhetisch funktionalisiert und ihnen auf diese Weise eine ideologiekritische Komponente abgewinnt. Nicht zuletzt in interartialen Texten zur bildenden Kunst entfalten Pasolini und Barthes das Konzept einer 'unzeitgemäßen' Moderne, deren transversale Spiegelungseffekte die Topik der Repräsentation aufbrechen und in eine atopische Mimographie überführen.