Die unterschiedlichen Vorgehensweisen und Perspektiven von Historikern und Kunsthistorikern waren der Ausgangspunkt für eine fruchtbare interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen deutschen und französischen Vertretern der beiden Fächer in drei Kolloquien. Drei gemeinsame Zielsetzungen standen am Beginn des Projekts: Eine umfassende Diskussion der Methodik der Bildinterpretation in Geschichte und Kunstgeschichte, eine wissenschaftsgeschichtliche Reflexion der Methode und eine Aufarbeitung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der französischen und deutschen Forschungsgeschichte. Die zwei Bände vereinigen die aus dem Projekt hervorgegangenen wissenschaftlichen Aufsätze von Teilnehmern beider Fachrichtungen und nehmen alle Themenschwerpunkte der Zusammenarbeit - Materialität, Medialität und Zeitlichkeit - auf. 1. Teilband: Mit Beiträgen von Bernd Carqué, Anna-Maria Coderch, Ingrid Gardill, Andrea von Hülsen-Esch, Hans Körner, Klaus Krüger, Tanja Michalsky, Jean-Claude Schmitt und Victor I. Stoichita 2. Teilband: Mit Beiträgen von Daniel Arasse, Jean-Claude Bonne, Martine Clouzot, Dominique Donadieu-Rigaut, Isabelle Marchesin, Maria Cristina Correia Leandro Pereira, Cécile Voyer und Laura Weigert Die Beiträge in Teilband 2 sind in französischer Sprache Inhaltsverzeichnis: Andrea von Hülsen-Esch und Jean-Claude Schmitt: Die deutsch-französische Kolloquienreihe zur »Methodik der Bildinterpretation« 1998-2000. Ein Erfahrungsbericht aus deutscher und französischer Perspektive Ingrid Gardill: »Sancta benedicta mater mea ora pro nobis«. Zeitdarstellung in der Bilderfolge der Berliner »Vie de sainte Benoîte«-Handschrift von 1312 Bernd Carqué: Begnadete Künstler, verfluchte Könige? Fragen an die Hofkunst Philipps IV. von Frankreich Tanja Michalsky: Zeit und Zeitlichkeit. Annäherungen an Jacob van Ruisdaels spätes Werk »Der Sonnenstrahl« Klaus Krüger: Mimesis und Fragmentation. Körper-Bilder im Cinquecento Victor I. Stoichita und Anna-Maria Coderch: Goya und der Karneval Hans Körner: »Keine Benennungen«. Wols: Bildmaterial, Bildbegriff und die »richtige Einstellung« des Betrachters Isabelle Marchesin: Temps et espaces dans le frontispice du Psautier de la Première Bible de Charles le Chauve Jean-Claude Bonne: Penser en couleurs. À propos d’une image apocalyptique du Xe siècle Dominique Donadieu-Rigaut: L’image d’un ordre en pleine expansion. La salle capitulaire du couvent de Trévise Maria Cristina Correia Leandro Pereira: Le lieu et les images. Les sculptures de la galerie est du cloître de Moissac Cécile Voyer: Cadre, lieu de l’image et temporalité dans les fresques de l’église Saint-Eutrope des Salles-Lavauguyon Martine Clouzot: Les anges musiciens aux XIV-XVe siècles, figuration et idéalisation du cosmos divin Laura Weigert: La spécificité de la tapisserie comme médium dans la constitution d’une image de la« Vie seigneuriale» Daniel Arasse: Fonctions et limites de l’iconographie. Sur le cadre et sa transgression
Bernd Carque Livres



Historiker und Kunsthistoriker analysieren Bilder und Bauwerke, um die Sinnformation historischer „Epochen“ zu untersuchen. In den Beiträgen beleuchten deutsche, polnische und ungarische Wissenschaftler die Historisierung von Stilmerkmalen und Denkfiguren, die seit dem 19. Jahrhundert in der Debatte über Epochen wie „Antike“, „Mittelalter“ und „Renaissance“ thematisiert werden. Die zentrale Annahme ist, dass diese historischen „Epochen“ keine bloßen Fiktionen sind, sondern Denkstrukturen und Zuschreibungen, die geschichtliche Zeit in mentale Bilder geordneter Geschichte umwandeln. Der Fokus liegt auf dem „Mittelalter“, das als entscheidender Bezugspunkt für das Denken der Moderne dient und auch den Begriff der „Moderne“ prägt. Zu den Themen gehören die Imaginationen des monumentalen Mittelalters im 19. Jahrhundert, Denkmalpflege als Medium nationaler Identitätskonstruktionen, die Sichtbarmachung des Mittelalters durch Bildmedien sowie die „örtliche Geschichtlichkeit“ in der Kultur Breslaus vom späten 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert. Die Beiträge stammen von verschiedenen Autoren und bieten eine umfassende Perspektive auf die Inszenierung des Mittelalters in der Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts.
Stil und Erinnerung
Französische Hofkunst im Jahrhundert Karls V. und im Zeitalter ihrer Deutung
Die französische Hofkunst des 14. Jahrhunderts gilt weithin als Inbegriff fürstlichen Mäzenatentums und höfischer Prachtentfaltung, ästhetischen Fortschritts und künstlerischer Emanzipation. Darin erweist sie sich jedoch als historiografisches Konstrukt, in dem sich vielfältige Problemgeschichten und ihre je eigenen Imaginarien überlagern. Sie ließen Kunst und Geschichte in einer Weise auseinander treten, die wesentliche Quellen und Materialschichten zum Verschwinden brachte – namentlich solche, die die künstlerische Formerscheinung der Werke in ihrem Wechselspiel mit der höfischen Erinnerungskultur einsichtig werden lassen. Hier eröffnet B. Carqués Studie neue Perspektiven auf eine Kunstproduktion, die in gruppenspezifische Wahrnehmungs- und Deutungsmuster eingelassen war und Vergangenheit mit visuellen Mitteln zu vergegenwärtigen suchte.