Ida – von deren Kindheit im Dritten Reich Irmtraut Balz in ihrem ersten Buch »Für einen Augenblick wachsen uns Flügel« so großartig erzählt hatte – hat den Krieg überlebt. Beim Einmarsch der Amerikaner ist sie noch ein halbes Kind; als die ersten Freiwilligen der Bundeswehr in die Kasernen einziehen, ist sie erwachsen. Dazwischen liegen die Nachkriegsjahre, der Aufbau der Bundesrepublik und das beginnende Wirtschaftswunder. Es ist eine harte und anfangs auch rechtlose Zeit, in die Ida hineinwächst, hellwach, skeptisch und immer auf der Suche nach der Wahrheit, die sich hinter dem Schweigen und Nichtwissenwollen der Erwachsenen verbirgt.
Irmtraut Balz Livres


Irmtraut Balz wollte schon als junges Mädchen dieses Buch schreiben und setzte sich nach ihrer Pensionierung an die Schreibmaschine. Auf ungewöhnlichen Wegen gelangte das „unverlangt eingesandte“ Manuskript zum Verlag. Selten wird so berührend von einer Kindheit im Dritten Reich erzählt – ein eindrucksvoller Beitrag zur Heimat- und Zeitgeschichte. Die Geschichte beginnt in einer Kleinstadt am Rande von Köln in den frühen dreißiger Jahren. Die kleine Ida erkundet neugierig ihre Umgebung. Ihr Vater, ein Lateinlehrer, sieht sich bald einem regimetreuen Direktor gegenüber. Grete, das Hausmädchen, hat zwei Liebhaber, und die bucklige Flickfrau sorgt dafür, dass alles für die hochgestellte SS-Kundschaft perfekt ist. In der Gärtnerei schimpft Mariechen über das „braune Jesocks“, während die Großmutter mit ihrem „masurischen Blick“ die Familie erschreckt. Plötzlich verschwinden einige Menschen: Der jüdische Buchhändler Gottschalk wird von der SA abgeführt, und der Eisenkrämer kommt ins Lager. Ida, die mit ihrem Nachbarn Bertchen eng verbunden ist, beobachtet die Erwachsenen und versucht, ihre Geheimnisse zu lüften. Sie wechselt Religion und Schulklassen, erlebt die Kristallnacht und den Kriegsausbruch, wird evakuiert und kehrt in den Bombenterror nach Köln zurück. Am Ende sagt Bertchen: „Zu viele Tote“, und Idas Welt ist in Scherben gefallen – unvergesslich erzählt von Irmtraut Balz.