Schülerkindheit in Ost-Berlin
Sozialisation unter den Bedingungen der Diktatur (1945-1958)






Sozialisation unter den Bedingungen der Diktatur (1945-1958)
Im vorliegenden Band wird die Bildungsgeschichte der DDR aus einer neuen Perspektive beleuchtet. Anhand neu zugänglicher Quellen und unter sozialgeschichtlichem sowie interdisziplinärem Blickwinkel werden zentrale pädagogische Fragen und diktaturtheoretische Überlegungen behandelt. Bildung und Erziehung, sowohl schulisch als auch außerschulisch, spielten eine entscheidende Rolle im politischen Selbstverständnis und Alltag der DDR. In der Gründungsphase diente die Brechung des Bildungsmonopols der Legitimation des neuen Staates, während in der krisenhaften Endphase die Herrschenden Unterstützung und Krisenabwehr suchten. Zwischen 1945 und 1990 erzeugte die staatliche Kontrolle der Generationsordnung sowohl Zustimmung als auch Konflikte, doch das Scheitern des SED-Staates konnte auch durch Bildungspolitik nicht verhindert werden. Der Band thematisiert die Konstitution und Folgen des staatlichen Schulwesens, dessen Ideologie und Praxis, sowie Jugendpolitik und soziale Reproduktion durch Bildung. Im Vergleich zur deutschen Bildungsgeschichte vor und nach 1945 werden Fortschritt und Rückschritt in der Bildungsrealität der DDR provokant sichtbar. Zielgruppen sind Erziehungs- und Politikwissenschaftler, Bildungs- und Zeithistoriker sowie Soziologen.
Aus den großen Geschichtserzählungen sind Frauen häufig ausgeschlossen. Sofern sie doch eine Rolle spielen, dann oft als Ausnahmefall. Ihre Leistungen bleiben vielfach im Verborgenen oder werden marginalisiert. Um das Leben von Frauen als Subjekte ihrer Lebensgeschichte und speziell das von eigensinnigen Frauen „im Schatten“ prominenter männlicher Partner sichtbar zu machen, fand in der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung in Berlin eine interdisziplinäre Tagung statt, deren Vorträge hier dokumentiert und um weitere Beiträge ergänzt wurden. Die Geschichten ranken sich um Frauen des 19. und 20. Jahrhunderts, die sich an der Seite eines bekannten Forschers oder Künstlers eigenständig wissenschaftlich oder künstlerisch engagierten bzw. das Wirken von Männern durch Tatkraft ermöglicht und bereichert haben. Die Beiträge dokumentieren Variationen der eigensinnigen Interpretation historisch vorherrschender Geschlechtermodelle. Sie zeigen Frauen, die sich gegen gesellschaftliche Rollenzuschreibung zu behaupten suchten und selbstbestimmt eigene Bildungsprozesse beförderten.
Der Band versammelt Beiträge, die aus einer Tagung zur Geschichte der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften (APW) in der DDR (1970-1990) hervorgegangen sind. Bei der APW handelte es sich um eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung, die als sogenannte Leitinstitution pädagogischer Wissenschaften mit generalisierendem und richtungsweisendem Anspruch fungieren sollte. In den versammelten Aufsätzen werden Struktur, Funktion und Aufgabenprofil der APW analysiert: Zugleich wird an verschiedenen Exempeln Einblick gegeben in die Forschungspraxis dieser Institution. Weitere Beiträge beschäftigen sich mit der APW im Kontext außeruniversitärer Bildungsforschung in Deutschland und in vergleichender Perspektive mit der außeruniversitären Geschichtswissenschaft in der DDR bzw., am Beispiel Ungarns, mit der pädagogischen Forschung in Osteuropa.
Der 50. Jahrestag des Aufstandes vom 17. Juni 1953 ist im Sommer2003 in der Bundesrepublik als ein Ereignis von nationalgeschichtlicher Dimension begangen und auf zahlreichen öffentlichen Gedenk- und wissenschaftlichen Großveranstaltungen gewürdigt worden. Um seine Bedeutung auch für die Theorie und Praxis der Pädagogik zu diskutieren, veranstaltete die Abteilung Historische Erziehungswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlingemeinsam mit der Bildungsgeschichtlichen Forschungsstelle der Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) am 4. Juli 2003 in der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung des DIPF in Berlin eine Tagung zum Thema Pädagogik, Erziehungswissenschaft und Gesellschaftskrise in realsozialistischen Staaten Mitteleuropas. Die Beiträge dieses Bandes gehen auf diese Tagung zurück. Im Mittelpunkt der Beiträge steht das Handeln akademischer Eliten, speziell von Erziehungswissenschaftlern und Pädagogen in der Gesellschaftskrise ebenso wie die Frage, welche Auswirkungen die Krise und ihre waffengewaltige Bewältigung im Bunde mit der sowjetischen Schutzmacht auf die DDR-Pädagogik als Praxis und Wissenschaft besaß. In einem zweiten, historisch vergleichenden Schwerpunkt wird gefragt, welche Relevanz die Ereignisse in Ungarn 1956 und der Prager Frühling 1968 in der CSSR für die Pädagogik, für Pädagogen/Erziehungswissenschaftler und junge Intellektuelle besaßen.