Das Buch behandelt das Thema "Risiko" aus verschiedenen fachlichen Perspektiven, beleuchtet sowohl gravierende Themen wie Klimawandel und Krieg als auch alltägliche Risikobeispiele. Zwölf Beiträge der 47. Matreier Gespräche 2022 stellen inter- und transdisziplinäre Verbindungen her und reflektieren die Geschichte der Kulturethologie.
Oliver Bender Livres






Natur und Kultur sind voll von Fälschungen, Täuschungen und Lügen: vom trojanischen Pferd bis zum Augenmotiv auf Schmetterlingsflügeln, von Werbung bis zu Münchhausen, von optischen Täuschungen bis zu Falschaussagen vor Gericht. Auch wenn sprichwörtlich nirgends so viel gelogen wird wie im Krieg und der Liebe, gibt es viele weitere Anknüpfungspunkte zu diesem Thema. Im Marketing, den Massenmedien und in der Politik nimmt man es mit der Wahrheit nicht so genau. Nicht einmal Bereiche, in denen die Wahrheit heilig sein sollte, wie Religion, Wissenschaft oder Rechtsprechung sind sicher vor Fälschungen, Täuschungen und Lügen. Das Individuum, die Gruppe, die Gesellschaft im Ganzen sind auf Informationen angewiesen, um sich in der Welt zurechtzufinden. Wenn unser Wahrnehmungsapparat die Welt falsch interpretiert, handelt es sich um einen Irrtum. Wenn wir von einem anderen Organismus falsche Informationen bekommen, werden wir "getäuscht". Welche Auswirkungen hat dies auf uns Menschen, unser Leben und Wirken? Woher kommt dieses Phänomen? Wie funktioniert es hirnphysiologisch, psychologisch und soziologisch? Wie können wir uns davor schützen? Die 45. Matreier Gespräche beschäftigten sich mit einem universalen und ewigen Thema der Menschheit. In diesem Band werden insgesamt 17 Beiträge aus den verschiedensten Perspektiven, oft auch interdisziplinär, unter dem Aspekt der Kulturethologie zusammenführt und diskutiert.
Kolonisierung
Wie Ideen und Organismen neue Räume erschließen
Kolonisierung. Die wissenschaftliche Anthologie beginnt "klassisch" mit der frühneuzeitlichen Ausbreitung der Europäer und erschließt dem Begriff dann immer weitere Themenfelder. Es geht um erschlossene Landschaften und Räume, Erschließungswege, Erschließer (menschliche Gruppen oder andere Organismen) und ihre Ziele respektive Ideen. Insgesamt dreizehn Beiträge zur Biologie, Geographie, Geschichte, Politik, Kunst, Literatur, Religion und zum (Matreier) Brauchtum werden unter kulturethologischen Gesichtspunkten zusammenführt. Sie decken Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Verläufen von Kolonisierungsprozessen auf und fördern das Grundverständnis der permanenten (Re-)Kolonialisierung unserer Welt beziehungsweise ihrer realen wie virtuellen Teilräume.
Analogie
als Quelle der Erkenntnis
Der Begriff "Analogie" bezeichnet ganz allgemein partielle Übereinstimmungen oder Ähnlichkeiten komplexer Sachverhalte. Lange Zeit konnten viele Phänomene mangels präziser Instrumente nicht gemessen, sondern nur über Analogien erklärt werden. Mit dem Aufschwung der Empirie in der Neuzeit bildete der Analogismus eine treibende Kraft der Wissenschaft und bekam eine Schlüsselfunktion in der Erkenntnistheorie, etwa bei Herder und Kant. Grundsätzlich können Analogien gezogen werden, um vorhandene Strukturen und Prozesse zu beschreiben, zu analysieren oder um Hypothesen zu bilden. Es entwickelte sich ein allen Wissensgebieten und Wissenschaften gemeinsames Grundverständnis von Analogie, das dennoch in der konkreten Anwendung Unterschiede sichtbar werden lässt. Der Begründer der Matreier Gespräche, Otto Koenig, war ein Verfechter des Analogieschlusses, und auch sein Lehrer Konrad Lorenz brach in seiner Nobelpreisrede 1973 eine Lanze für diese Form des Erkenntnisgewinns. Dies war Grund genug, sich des wissenschaftstheoretischen Themas der Analogie in den 43. Matreier Gesprächen anzunehmen. Der einleitende "interdisziplinäre Streifzug" spannt einen weiten historischen Bogen, um mit einer Bestandsaufnahme und Begriffsdefinition den Rahmen für die weiteren elf Beiträge vorzugeben, welche die - nicht unproblematische - Erkenntnisgewinnung mit Hilfe von Analogie aus der Sicht verschiedener Disziplinen beleuchten.
Generationentransfer
Weitergabe von Dingen und Informationen in Natur und Kultur
Generationentransfer ist eine Weitergabe materieller oder immaterieller Objekte - beispielsweise Gene, Verhaltensweisen, Erfahrungen, Wissen, Kultur, Güter, Vermögen und vieles mehr -, die formalisiert, informell oder gar unbewusst ablaufen kann. Der Begriff „Generation“ wird in der Genealogie, der Biologie und der Soziologie verwendet und unterschiedlich definiert. Andere Verwendungen beziehen sich meist auf diese Definitionen. Geber und Empfänger dieses Transfers können dabei sehr unterschiedlich sein: Eltern-Kinder, andere Personen innerhalb einer Familie oder einer beliebigen anderen Organisation, Lehrer-Schüler, oder auch soziale Gruppen innerhalb der Gesellschaft. Bedeutsam ist lediglich, dass Geber und Empfänger in einer Beziehung als Vorgänger-Nachfolger zueinanderstehen. In diesem Band werden insgesamt 15 Beiträge zum Generationentransfer mit verschiedensten theologischen, kultur-, sozial- und informationswissenschaftlichen, ökologischen sowie geographischen Bezügen, oft auch interdisziplinär, unter dem Aspekt der Kulturethologie zusammengeführt und diskutiert.
Im Zusammenhang mit dem beschleunigten Landschaftswandel der letzten Jahrzehnte hat sich eine anwendungsbezogene multitemporale Landschaftsforschung entwickelt, die ihren Forschungsgegenstand auch als Kulturlandschaft bezeichnet. Das weist allerdings auf das noch ungelöste Problem hin, wie biotische und abiotische bzw. natürliche und anthropogene Landschaftsteile in Relation zu betrachten sind. Dieses Problem spiegelt sich auch in der institutionellen Trennung von Naturschutz und Denkmalpflege. Ziel der Studie ist, den Weg zu einer interdisziplinären Landschaftsforschung auf Basis eines in Mitteleuropa weithin einsetzbaren GIS aufzuzeigen. Es werden am Beispiel der nördlichen Fränkischen Alb Aufbau und Einsatz eines katasterbasierten „KGIS“ diskutiert. Die Aufbereitung historischer Daten, Analyse- und Bewertungsmethoden, Zukunftsexplorationen sowie Ansätze für ein Landschaftsmanagement stehen im Mittelpunkt der Untersuchung.