Die kontrovers diskutierte Rentenreform Chiles wurde 1981 zur Initialzündung für fast ganz Lateinamerika: Neun weitere Länder aus der Region ersetzten in der Folge ihre umlagefinanzierten staatlichen Rentensysteme entweder vollständig durch kapitalgedeckte und privat verwaltete oder ergänzten sie mit entsprechenden Säulen. In Brasilien kam es nicht dazu. Im größten Land Südamerikas konnte man sich trotz gravierender Probleme nicht zum großen Wurf durchringen. Zwar nahmen sich die Regierungen Cardoso und da Silva im letzten Jahrzehnt gleich zwei Mal der offensichtlich maroden Alterssicherung an, die Änderungen der Jahre 1998 und 2003 waren jedoch nicht grundlegender Art. Björn Gerstenberger untersucht die beiden größten brasilianischen Rentensysteme – den Regime Geral de Previdência Social für Arbeitnehmer im privaten Sektor und die Regimes Próprios de Previdência dos Servidores für Beschäftigte im öffentlichen Sektor. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, warum die jüngsten Reformmaßnahmen weder die negativen Anreizwirkungen noch die regressiven Umverteilungseffekte beseitigen konnten.
Björn Gerstenberger Livres


Die vorliegende Arbeit untersucht die formale und faktische Stellung der brasilianischen Zentralbank im Zusammenspiel der wirtschaftspolitischen Akteure. Es wird gezeigt, dass das stark ausgeprägte Abhängigkeitsverhältnis der Zentralbank gegenüber der Regierung bis zur Einführung des Plano Real zu einer Politisierung der Geldpolitik geführt hat, welche mitverantwortlich war für die teilweise hyperinflationären Prozesse, die Brasilien insbesondere seit Ende der 80er-Jahre gekennzeichnet haben. Trotz der Erfolge des Plano Real bei der Eindämmung der Inflation sind die notwendigen institutionellen Vorkehrungen im monetären (und fiskalen) Bereich für eine nachhaltige Sicherung der Geldwertstabilität noch immer nicht getroffen worden. Dies hat die Finanzkrise von 1998/99 nochmals sehr deutlich gemacht. Die Etablierung einer unabhängigen, nicht an die Weisungen der Regierung gebundenen Zentralbank könnte bei den anstehenden Reformen des Finanzsystems einen elementaren Beitrag zur langfristigen Sicherung der Geldwertstabilität leisten.