Petra Cech Livres






Der vorliegende Band, der fünfte der Reihe, präsentiert die Erzähltraditionen der Roma einer bestimmten Dialektgruppe und stellt 29 Märchen und Balladen von Arlije-Roma aus Zentral- und Südserbien, Kosovo und Mazedonien vor. Viele Arlije sind als Arbeitsmigranten in Österreich ansässig geworden. Ihre reiche, bis vor wenigen Jahrzehnten mündlich tradierte Erzählkultur droht, zumal sie selbst in den Balkanländern im Schwinden begriffen ist, im Zuge der Migration der Arlije nach Mitteleuropa endgültig in Vergessenheit zu geraten. In den Schlusskapiteln des Buches werden die Herkunft der Texte, Quellen und Reihung, sowie die Erzähltraditionen der Arlije und deren Romani erläutert.
Noch vor wenigen Jahrzehnten vermochten die paramiœarja, hoch angesehene Geschichtenerzähler, ihr Publikum nächtelang in ihren Bann zu ziehen, und bis heute finden sich talentierte ErzählerInnen wie Ceija Stojka oder Ruæa Nikoliå-Lakatos, deren Worte eine ferne Märchenwelt evozieren. Lebendige, zum Teil drastische Schilderungen, reich an magischen Formeln und archaischen Bildern, prägen diese Erzähltradition; ihre ausdrucksstarke und bildhafte Sprache klingt auch in den deutschen Übersetzungen nach. Mit ihren Märchen, Schwänken, Parabeln, autobiographischen Erzählungen und Liedern, die in den vergangenen vierzig Jahren auf Tonband aufgenommen wurden, gewähren die Lovara einen tiefen Einblick in ihre noch kaum bekannte Kultur und Geschichte, aber auch in ihre gegenwärtige Situation.
Während über die Roma des Balkans vielfach wissenschaftlich gearbeitet wurde, ist über Leben und Sprachen der Roma in der Türkei bislang wenig bekannt. Das Werk ist die erste umfassende linguistische Studie eines Dialektes türkischer Roma seit 1870. Die Korbflechter-Roma (Sepecides) lebten ursprünglich im Umfeld von Saloniki, wanderten um 1920 nach Osten und sind heute vor allem in Izmir an der türkischen Westküste ansässig. Ihr bislang nicht aufgezeichneter Romani-Dialekt wird anhand reichhaltigen Sprachmaterials aus der Sammlung Heinschink (archiviert im Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften) beschrieben und linguistisch aufgearbeitet. Neben der Grammatik enthält das Werk ein umfangreiches Glossar, einen Textanhang und bietet Einblicke in die Sozialstrukturen und Traditionen dieser Romagruppe. Im gegenwärtigen Wandel sozialer und sprachlicher Strukturen in der Türkei, dem besonders Romasprachen zum Opfer fallen, ist diese Arbeit von besonderem dokumentarischen Wert.