"Planetenrührwerk" ist Markus Kirchhofers Debütroman, in dem er Familien- und Zeitgeschichte sowie Erinnerungen und Zukunftsvisionen in einer reduzierten Sprache vereint. Die Erzählung erfolgt aus der Ich-Perspektive von drei Brüdern und einer Erdgöttin. Die Handlung spielt im Schweizer Mittelland und thematisiert das Vermächtnis der Vergangenheit.
Maurizio Pinarello Livres





Wildschäden
Roman
Selbstvergessen spielt ein Junge am Weiher im Wald – und mitten in dieser Idylle knallt irgendwo ein Schuss … Mit diesem Auftakt beginnt Maurizio Pinarellos facettenreicher Roman. Was wie der Anfang eines Krimis daherkommt, entpuppt sich aber schon bald als reizvolle Reise durch einen Mikrokosmos mitunter skurriler Bewohner einer Grenzstadt am Fluss. In wechselnder Perspektive erzählt und leicht ins Absurde überzeichnet, entfaltet sich deren Alltag, mit Begegnungen, Störungen und Fantasien: Ein Chefredaktor kämpft mit seiner Schreibblockade, ein Naturschützer mit invasiven Pflanzen. Eine Triathletin erträumt sich einen attraktiven Chatpartner, ein Aussteiger ein Leben in der Wildnis und ein im Stau steckender Pendler endlich freie Fahrt. Alles scheint normal und wohlgeordnet. Doch in der Harmonie klingen Misstöne mit: Gefühle von Gefährdung, von unterschwelliger Angst und eine Aggressivität, die zunehmend nach aussen dringt. Man ahnt, dass sich etwas zusammenbraut. Und dann schwimmen auch noch Wildschweine über den Fluss und dringen in die Stadtquartiere ein … In Wildschäden fängt der Autor in einem kunstvollen Gewebe verschiedener Lebenswelten die Stimmung eines idealtypischen Ortes ein, unter dessen beschaulicher Oberfläche es gärt. Mit hintergründigem Humor fühlt er damit den Puls einer Gesellschaft, die sich trotz Wohlstand und Stabilität nicht wirklich sicher fühlt.
Salmen
Roman
Sie sind seit ihrer Jugend befreundet, der quirlige José und der schweigsame Enrico, beide sind Secondos, beide leben in Basel. Als mit der Pubertät das Interesse am andern Geschlecht erwacht, nimmt José den schüchternen, durch einen Sprachfehler gehemmten Enrico unter seine Fittiche und stellt Kontakte mit Mädchen her – ohne dessen Zurückhaltung knacken zu können. Umso besser gelingt diesem dafür der Umgang mit Motoren und Maschinen, und er kann bei den andern mit einem frisierten Mofa punkten. Mit viel Sinn für Sprache, Gestik und Details porträtiert der Autor eine Jugendclique in den späten Siebzigerjahren. Da ertönt die richtige Musik, da werden die angesagten Tänze getanzt, da erklingt O-Ton im Umgang miteinander – und mit dem andern Geschlecht. Da wird der Grundstein für eine lebenslange Freundschaft gelegt.Über einen Zeitraum von 20 Jahren begleitet der Autor dann das Heranwachsen der beiden so unterschiedlichen Protagonisten. Szene für Szene entsteht vor unsern Augen die jeweilige Zeit: mit ihrer Mode, ihrer Musik, ihren Tänzen, mit dem politischen Zeitgeschehen und der persönlichen Entwicklung der beiden Freunde – aber auch mit der wachsenden Distanz und Entfremdung durch die verschiedenen Lebenswege, die sie eingeschlagen haben. Während Enrico in Beruf und Liebe an Substanz und Lebensnähe gewinnt, verliert sich José in einer hektischen Welt des Scheins. Ein brillant geschriebenes Buch über eine asymmetrische Freundschaft, das nicht nur Schauplätze wie Basel oder das Piavetal stimmungsvoll schildert, sondern auch die Zeit von den Siebziger- bis hinein in die Neunzigerjahre in prägnante Bilder fasst. Und ebenso ein Buch über das Tanzen, das als Leitmotiv in allen Variationen durch die Geschehnisse führt.
Der Journalist Fernando Pretotto, ein Secondo italienischer Herkunft, fängt einen Computervirus ein, der sich als gezielt an ihn gerichtetes Mail entpuppt. Der geheimnisvolle Absender ist Franco Coppe, der vor Jahren mit seinen Eltern spurlos verschwunden ist. Franco hält sich aber zu seiner Person bedeckt und lässt nur Andeutungen zu seinem Schicksal fallen. Das weckt Fernandos Neugier: Was verbirgt sich hinter dem damaligen Verschwinden? Fernando beginnt den Fall neu aufzurollen – und wird in seine eigene Kindheit zurückgeworfen. Franco Coppe ist nämlich jenes Kind, das sich, weil illegal in die Schweiz eingeschleust, während Monaten von den Eltern in der Wohnung einsperren lassen muss, und zwar im gleichen Haus, in dem damals auch Fernando lebte. Da beide Familien aus demselben Ort stammen und miteinander verbandelt sind, geraten Fernandos Nachforschungen zu einer Suche nach den eigenen Wurzeln, der Geschichte einer Familie und einer Gegend, die über Generationen von der Emigration geprägt ist. Bewegung und Wanderungen sind denn auch das Grundthema des Romans, das in allen Variationen durchgespielt wird – bis zu Exkursen in die Erdgeschichte, wo selbst die Topografie unseres Planeten ihre Stabilität verliert. Und bis zum Gegenpol der Enge und Erstarrung, die Francos Dasein bestimmen. Das Gedächtnis der Steine ist nicht nur anekdotenreicher Familienroman und packende Detektivgeschichte, es bietet gleichzeitig das faszinierende Gemälde einer Dorfgemeinschaft aus der Provinz Treviso mit kraftvollen Charakteren und verwebt die detailgenaue Schilderung einer Bubenwelt in den 60-er Jahren mit einem Erzählstrang aus dem heutigen Basel. Es verbindet Fakten oberitalienischer Geschichte mit bäuerlicher Fabulierlust und magischem Denken, brilliert dazu mit naturwissenschaftlichen Einschüben und lässt sich andererseits von der Unmittelbarkeit der Sinneserfahrungen leiten, ist geprägt vom Rhythmus der Eindrücke und der Musik der Dialekte: ein sprachgewaltiges, hinreissendes Werk voller Bilder, Gerüche und Klänge.