Thomas Schütte
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Stephan Balkenhol, geboren 1957, zählt zu den einflussreichsten deutschen Bildhauern der letzten zwei Jahrzehnten. Die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden präsentiert eine umfassende Werkschau seines Schaffens, das seit 1992 an der Kunstakademie Karlsruhe gelehrt wird. Balkenhols handwerkliches Können und die Vielfalt seiner kulturellen Bezugnahmen stehen im Mittelpunkt. Seine Motive umfassen menschliche Gestalten, Köpfe, Tiere und Architektur, und sein künstlerischer Ansatz ist eine Antwort auf die minimalistischen Strategien seines Lehrers Ullrich Rückriem. Seit den frühen 1980er Jahren untersucht er, was durch das statuarische Bildwerk in der Auseinandersetzung mit der Tradition der klassischen Skulptur heute vermittelt werden kann. Die menschliche Gestalt ist zentral in Balkenhols Werk. Er meißelt seine Figuren aus Baumstämmen, wobei Werkzeugspuren und Risse sichtbar bleiben. Farbe strukturiert die Skulpturen, die sowohl persönlich als auch anonym wirken. Geste, Körperhaltung und Gesichtsausdruck erzeugen eine Distanz und gleichzeitig eine offene Zugewandtheit zum Betrachter. Balkenhol strebt nach einem offenen Ausdruck, der alle Zustände zulässt, und meidet expressive, erzählerische Elemente. Seine Figuren sind unprätentiös und entzeitlicht, was eine Gegenposition zur gegenwartsbezogenen Figuration darstellt. Neben Skulpturen und Reliefs werden auch weniger bekannte Facetten seines Schaffens sowie große Zeichnungen und Fo
Upon closer inspection, Heinrich Weid’s combinatory use of motif reveals a gentle sabotage of conventions. Wild thinking, disguised as an armchair or vase, infiltrates the home environment. He embraces the chaos of post-modern life, blending forms and styles, chance design, and the practical potential of utility. The dynamic tension in his creations arises from his artistic skill in merging conflicting elements, resulting in memorable images rather than peaceful syntheses. Examples include vases crafted from toy cars, armchairs shaped like car silhouettes, and brick-patterned wallpaper featuring traffic symbols. These works embody associations, illustrating how one form can transform into another.
The spacious installations of up-and-coming sculptor Rita McBride refer to architecture--as a model, as a repertoire of forms, and as social reality. Her work explores questions of ideology in art and architecture--playing with the modernist legacies of LeCorbusier and the Bauhaus group, among others--but always with a sense of irony and aesthetics. In works such as "Toyota", "Parking Garage", "Two Towers,'' and ''Arena," McBride has recreated functional everyday objects--cars, cooling towers, chairs--using materials that render these objects useless. Moving beyond the post-Duchamp tradition of "ready-mades," McBride explores how our perceptions are structured according to certain accepted relationships between form and content. "Rita Werkshow"--the most extensive publication to date on McBride's work--is a comprehensive look at McBride's oeuvre, featuring her large-scale installations as well as her smaller sculptures.
Das Fliegen hat die Menschen aller Epochen beschäftigt. Lange hatten Künstler und Techniker nur davon träumen können, sich die Flugtechnik der Vögel anzueignen und das göttliche Gefühl zu genießen, die Welt von oben zu betrachten. Im 19. Jahrhundert intensivieren sich die künstlerischen Flugdarstellungen, etwa bei Francisco de Goya, Honoré Daumier, Hans Thoma, Max Klinger und Georg Kolbe. Arnold Böcklin – eigentlich Maler – wagte Flugexperimente auf selbstkonstruierten Tragflächen. Der endgültige Durchbruch vom Traum zur technischen Realität des freien Flugs durch die Lüfte gelang Otto Lilienthal zu Beginn der 1890er Jahre. Was den Gedankenflug der Künstler durch die Jahrhunderte beflügelt hatte, wurde nun zur revolutionären Techniktatsache: Zeit und Raum standen nicht mehr fest, mit dem Flugzeug relativierte sich alles. Zu den Flugpionieren zählten auch selbstbewusste Frauen wie Melli Beese. Mit Beiträgen von Natascha Adamowsky, Johannes Bilstein, Bernd Künzig, Philipp Kuhn, Bernd Lukasch, Matthias Winzen, Evelyn Zegenhagen. Ausstellung 28. September 2019 bis 8. März 2020, Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts, Baden-Baden.
Zahlen sind objektiv, rational, unabhängig von regionalem Dialekt oder Zeitstimmung, so scheint es. 2+2 ergibt 4, gleichgültig, ob dies heute ein chinesischer Erstklässler oder im 19. Jahrhundert ein badischer Kolonialwarenbesitzer errechnet(e). Sobald jedoch über die rationale Formalität der Zahl hinaus dasjenige in den Blick kommt, was gezählt wird, verschwindet alle Vernunft, und starke Gefühle treten auf: persönlicher Reichtum, das Handelsvolumen einer Volkswirtschaft, die Armeestärke, die Fläche eines Nationalstaates oder umkämpften Territoriums. Das Glücksspiel reizt mit Zufall und Unberechenbarkeit der Zahl. Aus mythischen und religiösen Quellen speist sich die irrationale Alltagsmacht der 3 (»Aller guten Dinge …«), der 7 (»Die glorreichen …«) oder der 13 (»Freitag, der …«). Ausstellung und Buch zeichnen den bis heute folgenreichen Triumph der Zahl in allen Lebensbereichen des 19. Jahrhunderts nach. In diesem Jahrhundert ereignete sich der Übergang von der großen »1« zur »2«, vom einen Gott zu Pluralismus und Relativität, vom Einzelgegenstand im alltäglichen Leben um 1800 zum Massenprodukt um 1900, vom gemalten Unikat zur fotografischen Vervielfältigung, von fürstlicher Einzelherrschaft zu bürgerlicher Konkurrenz um Mitsprache und Macht. Technisch und wirtschaftlich verlief die Entwicklung umgekehrt. Die Normierung der bunten Vielfalt der regionalen Maße wie Klafter, Elle und Fuß und die Standardisierung einer landesweit gültigen Uhrzeit begünstigten Handel und Verkehr. Die Quantifizierung von allem im 19. Jahrhundert vereinheitlichte das praktische Leben einerseits und vervielfältigte Werte und kulturelle Deutungen andererseits.
Das Biedermeier bestand nicht nur aus behaglichen Möbeln, Hausmusik und unpolitischer Privatheit. In den bürgerlichen Wohnstuben wurde manchmal laut gelacht, und zwar über die lustigen Grafiken, die das absurde Treiben der anständigen Bürger in Krähwinkel zeigten. Aus der Mitte der braven Biedermeier-Welt entsprang eine anarchistische Komik, eine infantile Unterbietungsstrategie. Diesen scheinbar kindlichen Humor in Bildern konnten Obrigkeit und Zensur kaum so effizient unterdrücken wie die politische Dichtung des Vormärz. Mit Beiträgen von Dieter Ante, Johannes Bilstein, Mirjam Elburn, Bernd Füllner, Gisela Vetter-Liebenow, Meike Wagner und Matthias Winzen.
Der in Bernau geborene Maler Hans Thoma (1839–1924) gehörte schon um 1900 zu den berühmtesten Künstlern Deutschlands. Selten ausgestellte Gemälde, Zeichnungen und Grafiken von Hans Thoma weisen über die bekannte Vorstellung vom Maler seiner Schwarzwälder Heimat hinaus und führen dessen thematisches Spektrum und seine Weltläufigkeit vor Augen. Befreundet mit Arnold Böcklin, fand Hans Thoma auf seinen Italienreisen zum besonderen Licht seiner Landschaftsmalerei und zu Neuinterpretationen antiker und christlicher Motive. Mit seinen Entwürfen für die handwerkliche Möbelherstellung der Schnitzereischule Bernau und die Keramikproduktion der Majolika in Karlsruhe steht Thoma zwischen dem englischen Art and Crafts Movement und jener gestalterischen Moderne, die später zur Gründung des Bauhauses führte. Mit Beiträgen von Philipp Kuhn, Arthur Mehlstäubler, Gottfried Pütz und Matthias Winzen.