Der Sammelband beleuchtet die vielfältigen Exilgeschichten von Frauen in der Sowjetunion und bietet Einblicke in ein bislang vernachlässigtes Forschungsfeld. Die Beiträge basieren auf einer interdisziplinären Tagung der Arbeitsgemeinschaft 'Frauen im Exil' und zeigen die politischen sowie persönlichen Dimensionen des Massenschicksals von Frauen. Analysiert werden die Erfahrungen deutschsprachiger Exilantinnen, einschließlich der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedingungen des sowjetischen Exils sowie der Herausforderungen im Berufs- und Familienleben. Ein zentrales Thema ist der Widerspruch zwischen den idealistischen Erwartungen der Hitler-Flüchtlinge und dem bald einsetzenden stalinistischen Terror. Politische Verfolgung traf viele Exilantinnen der dreißiger und vierziger Jahre ebenso direkt wie ihre Angehörigen, und viele Frauen verloren ihr Leben während des 'Großen Terrors'. Das schwierige Schicksal der Überlebenden in der Nachkriegszeit, insbesondere das Schweigen über den stalinistischen Terror in der DDR, wird ebenfalls thematisiert. Die Autorinnen und Autoren porträtieren engagierte Frauen, die für ihre Vision einer sozial gerechten Welt einen hohen Preis zahlten. Der Band stellt sowohl prominente als auch unbekannte Frauen vor und ergänzt ihre Lebensgeschichten durch seltene Fotos und ein Gespräch mit Zeitzeuginnen sowie eine detaillierte Liste repressierter deutschsprachiger Exilantinnen.
Simone Barck Livres






In der hermetisch abgeschlossenen DDR, die kulturelle Erfahrungen im Ausland nur sehr bedingt zuließ, existierte ein Verlag, der sich speziell mit fremdländischer Literatur befaßte und gegen alle Behinderungen immer wieder ein überraschendes Angebot präsentierte. Die Bücher des Verlages Volk und Welt bildeten für viele Menschen das Fenster zur Welt. Das Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR eröffnet im Herbst eine Ausstellung, die der Geschichte des 1947 gegründeten und 2001 geschlossenen Verlages gewidmet ist. Sie wird im Anschluß an die Präsentation in Eisenhüttenstadt auch in mehreren Literaturhäusern zu sehen sein. Darin wie in dem eigenständigen Begleitband geht es sowohl um die 'Macher', also Verleger, Lektoren, Übersetzer und Illustratoren, als auch um die Leser mit ihren Erwartungen und Erfahrungen und die Einordnung in die jeweiligen kulturpolitischen Rahmenbedingungen. Neben einer Überblicksdarstellung zur bewegten Verlagsgeschichte gibt es alphabetisch gegliedert von A wie Autoren und Amerikanische Literatur bis Z wie Zollkontrolle und Zensur viele lebendige Geschichten aus dem Verlagsalltag, ergänzt durch bibliographische Übersichten und zahlreiche Fotos. 'Das Lesebuch [.] liest sich überaus spannend. Es weckt Erinnerungen und erklärt Zusammenhänge, so die ostdeutsche Publikationsgeschichte der „Blechtrommel“ von Günter Grass. Herausgeber und Autoren umgehen eine kuschelige „Weißt-du-noch?“-Stimmung.' (Berliner Zeitung) 'Ein schönes Buch! So stelle ich mir Aufarbeitung von DDR-Geschichte vor.' (Ossietzky)
Lexikon sozialistischer Literatur
Ihre Geschichte in Deutschland bis 1945
Verrat
- 383pages
- 14 heures de lecture
Verrat ist ein zentrales Moment aller chiliastischen Bewegungen. Sie benötigen Verrat und mehr noch die Figur des Verräters sowohl zur Stabilisierung ihrer Abgrenzungen gegenüber einer veränderungsunwilligen Mehrheitsgesellschaft als auch zur Disziplinierung der eigenen Gefolgschaft. Dort, wo sich, wie in der Sowjetunion der zwanziger bis fünfziger Jahre und in den Ostblockstaaten der vierziger und fünfziger Jahre, »Verräter« nicht in hinreichender Zahl von selbst einstellen, werden sie produziert. Hierbei ist der Stalinismus keineswegs eine Ausnahme, sondern bietet lediglich – nicht zuletzt zum Studium – die vollendetste und konsequenteste Verlaufsform. Bei ihm waren die Funktionen des »Verrates« – zumindest im Rückblick – aller heiligen Schleier entkleidet.
Zensurspiele
- 295pages
- 11 heures de lecture
Endlich sind sie in einem Sammelband verfügbar: die beliebten Kolumnen, die unter dem Titel 'Zensurspiele' in der 'Berliner Zeitung' auf amüsant-pointierte Weise Wissenswertes und Kurioses aus dem Archivalltag der Germanistin Simone Barck und des Verlagshistorikers Siegfried Lokatis zu Tage förderten. Sie handeln allesamt von der Zensur – im offiziellen Sprachgebrauch der DDR: 'Druckgenehmigungsverfahren'. Die großen Namen der DDR-Literatur, politische Direktiven und Skandale sind dabei jedoch nur ein Teil des Bildes. Genauso spannend und oft sonderbar zu lesen sind die Vorgänge um die breiten übrigen Bereiche des DDR-Literaturbetriebs, denn auch bei Kinderbüchern, Fachliteratur zur Rinderbesamung oder in der Kalender- und Landkartenproduktion galt es tagtäglich, brisante Klippen zu umschiffen – nicht nur für Verleger, Autoren, Illustratoren und Lektoren, sondern auch für Zollbeamte und Bücherschmuggler. Die 'Zensurspiele' bieten in ihrer Gesamtheit viel mehr als nur schlaglichtartige Blicke auf den Zensuralltag: Sie bilden eine Art geheime Literaturgeschichte des einstigen 'Leselandes' DDR, die sich durch die brillant geschriebenen Texte ebenso unterhaltsam wie eindrücklich erschließt.
Anfang 2007 überraschte der Roman »Rummelplatz« aus dem Nachlass des DDR-Autors Werner Bräunig das Publikum ebenso wie die Fachwelt. DIE ZEIT stellte Bräunig gar neben Böll und Grass. Seitdem wird der »Bitterfelder Weg« (1959), dessen Initiator Bräunig einst gewesen war und auf dem er selbst zerstört wurde, erneut diskutiert. Der Bitterfelder Weg war die Konsequenz, die die SED-Führung um Walter Ulbricht aus ihren Erfahrungen mit den widerstrebenden Künstlern einerseits und der Leistungszurückhaltung vieler Arbeiter andererseits gezogen hatte. Gelänge es der SED-Führung, die Künstler an die ökonomische Basis zu binden und die Arbeiter als Kulturproduzenten in den »Überbau« zu integrieren, wäre sie auf einen Schlag den ganzen Ärger sowohl mit der »basisfernen« Kunst als auch mit der zögerlichen Produktivitätsentwicklung los. Der Band zeigt die verschiedenen Dimensionen des Bitterfelder Weges - vom Ort des Beginnes, dem Kulturpalast Bitterfeld, über Walter Ulbrichts Traum vom neuen Menschen sowie verschiedene Identifikationen und Ablehnungen mit dieser Art Kulturpolitik bis hin zu den Versuchen zweier großer Persönlichkeiten, einen neuen Grad an Realismus zu erreichen: Brigitte Reimann und Franz Fühmann.
So wenig heute die legitimatorische Funktion des Antifaschismus für die DDR bezweifelt wird, so kontrovers bleibt die Art und Weise des Umgangs mit ihm. Das Buch versteht sich als Beitrag zu dieser anhaltenden und über Deutschland hinausgehenden Diskussion. Erzählt werden Geschichten von Helden und Kämpfern, Tätern und Opfern, Märtyrern und Verrätern. Die Autorin konstruiert wichtige Bereiche des literarischen Antifaschismus in der DDR und analysiert seine besondere ideelle und künstlerische Beschaffenheit sowie seine Abhängigkeiten von der SED-Politik. Barck untersucht nicht nur bekannte Antifa-Texte, etwa von Stephan Hermlin, Bodo Uhse, Bruno Apitz oder Peter Weiss. Ihr besonderes Augenmerk gilt gerade den unbekannteren, den verdrängten und ausgegrenzten Zeugnissen der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit, die sie in der Spannung von historischen und literarischen Gleich- und Ungleichzeitigkeiten aufsucht. In einer beeindruckenden Zusammenschau dieser Texte mit Archivalien verschiedenster Art entsteht das Bild eines komplexen, identitätsstiftenden kommunikativen Netzwerks, das zwar immer stark von der SED-Führung bestimmt und gesteuert wurde, jedoch zugleich auch stets durch starken „Eigensinn“ geprägt war.
"Jedes Buch ein Abenteuer"
Zensur-System und literarische Öffentlichkeiten in der DDR bis Ende der sechziger Jahre
Diese Studie rekonstruiert anhand der Akten der ""Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel"" im Ministerium für Kultur der DDR zunächst die Geschichte dieser zentralen Zensurbehörde und der Evolution eines - auch im Verhältnis zu anderen Ostblock-Ländern - einzigartigen und hochdifferenzierten Systems literaturpolitischer Steuerung.Vor dem Hintergrund einer in den unterschiedlichsten Formen auftretenden alltäglichen Zensur werden Spielräume, Bedingungen und Illusionen der ""Literaturgesellschaft"" im ""Leseland"" sowie die Chancen und Schwierigkeiten einer kritischen DDR-Literatur beschrieben.