Anthologien sind eine von der Forschung bislang weitgehend vernachlässigte Publikationsform. Dennoch darf die Rolle deutschsprachiger Anthologien bei der Vermittlung von einheimischer wie fremdsprachiger Literatur nicht unterschätzt werden. Die vorliegende Studie veranschaulicht dies am Beispiel der amerikanischen Versdichtung: In die für den Untersuchunsgzeitraum (1920-1960) vorliegenden 64 deutschsprachigen Übersetzungsanthologien mit autorspezifischer amerikanischer Versdichtung wurden 215 amerikanische Dichter mit 940 Gedichten aufgenommen; das ist mehr, als andere Medien der primären Literaturvermittlung im gleichen Zeitraum geleistet haben. Um dieses Corpus handhabbar zu machen, wird zunächst eine Typologie der Anthologien erstellt. Dem schließt sich eine nach Typen geordnete Untersuchung der Anthologien an. Dabei zeigt sich immer wieder, wie stark die einzelnen Werke und mit ihnen die aufgenommenen Texte von den Persönlichkeiten und Intentionen ihrer Herausgeber geprägt sind. Somit erweist sich, dass Anthologien also nicht nur als Medien der Literaturvermittlung, sondern auch als Rezeptionsdokumente von Bedeutung sind.
Helga Eßmann Livres


Seit dem frühen 19. Jahrhundert sind literarische Anthologien ein herausragendes Phänomen des deutschen Buchmarktes. Dabei kommt speziell den Anthologien, in die Übersetzungen fremdsprachiger Werke aufgenommen wurden, das Verdienst zu, mehr fremde Literaturen und ihre Vertreter im deutschsprachigen Raum bekannt gemacht zu haben als andere Medien der Literaturvermittlung. Der Sammelband vereinigt Studien eines Philolog(inn)enteams, das ein Corpus von sechzehn umfangreichen, zwischen 1848 und dem Ersten Weltkrieg veröffentlichten Weltdichtungsanthologien untersucht hat und dabei folgenden Fragen nachgegangen ist: Welches waren die Bedingungen für die Entstehung der Weltdichtungsanthologien um die Mitte des 19. Jahrhundert? Wer waren die Anthologisten? Was wollten sie vermitteln? Wie wurden einzelne Literaturen und Dichter in den Anthologien dargestellt? Welche Rolle spielte das Übersetzt-Worden-Sein der Texte bei ihrer Anthologisierung?