Reinhard Sieder Livres






Eine Rekonstruktion der Geschichte der Familie hat folglich den aktuellen Zusammenhang von privatem Familienleben und gesellschaftlicher Arbeit in seiner historischen Genese zu erklären. In dieser Perspektive skizziert die vorliegende Darstellung die strukturellen und qualitativen Veränderungen, die das Familienleben der Menschen im Übergang von agrarischen, kleingewerblichen und proto-industriellen Produktionsweisen zu Gesellschaften mit massenhafter außerhäuslicher Lohnarbeit erfuhr.
Die Gewalt in den Kinderheimen der Stadt Wien war kein Unfall, sondern Instrument der „totalen Erziehung“. Entgegen dem offiziellen Zweck der Heimerziehung wurden hier Menschen für ihr ganzes Leben geschwächt, nicht wenige zerbrochen. Frauen und Männer berichten über ihre Kindheit in diesen Heimen. Sie erzählen von Einsperrung, Briefzensur, Kontaktsperre, von körperlichen Schmerzen, von sexueller und sexualisierter Gewalt, von seelischen Verletzungen und Todesängsten, von unterlassener Förderung der Begabten, vom Zwang zu schwerer körperlicher Arbeit u. a. m. Viele verloren Selbstwert und Zuversicht; bis heute plagen sie Einsamkeit, Depression, Selbstmordgedanken. Weil es ihre Eltern nicht konnten oder nicht wollten, sollten professionelle ErzieherInnen ihre Erziehung übernehmen. Doch jeder zweite Erzieher hatte dazu keinerlei Ausbildung. Und das akademische und professionelle Personal? Juristen und PsychologInnen des Jugendamtes, Psychiater, Heilpädagogen, Richter, Heimleiter, Fürsorgerinnen und SozialarbeiterInnen belieferten die Heime mit Kindern, ohne den Gerüchten über die Gewalt jemals ernsthaft nachzugehen. Mit diesem Bericht ist der Pakt des Schweigens über die Gewalt endgültig gebrochen. Das Verschwiegene drängt zur Erzählung. Es anzuhören ist schmerzhaft, und doch führt kein Weg daran vorbei.
Seit der Zeit der Romantik wird die christliche Liebe der Ehegatten mit dem Anspruch der romantischen Liebe belegt und oft überfrachtet. Ihr Verlust in der Ehe ist Thema der Alltagsdiskurse, der Literatur, des Theaters und auch der Sozial- und Kulturwissenschaften. Mit dem Scheidungsboom der letzten Jahrzehnte gewann die Frage der (Un-)Vereinbarkeit von Ehe und romantischer Liebe an Dringlichkeit – vor allem für Ehepaare mit Kindern, ist hier doch mit der Trennung des Paares auch das Recht der Kinder auf beide Eltern gefährdet. Reinhard Sieder untersucht, wie sich die Trennung der Eltern auf die Eltern-Kind-Beziehungen und die Kinder selbst auswirkt. Gibt es eine zweite Chance auf ein neues und anderes Familienleben? Die Antwort ist ja, aber nicht ohne erhebliche Anforderungen. Pendeln Kinder und Jugendliche zwischen zwei und mehr Haushalten hin und her, entstehen multilokale Familiensysteme. Sind die Eltern und ihre neuen Partner flexibel und lernfähig, intensiviert sich die Eltern-Kind-Beziehung sogar. Werden hingegen Handlungsmuster aus vorherigen Familien unerkannt wiederholt, zeichnet sich ein nächstes Scheitern ab.
Wie der Globus bevölkert wird und wie wir altern. Was Migrationen antreibt - und was sie antreiben. Wie beginnt und verläuft die Globalisierung der Wirtschaft? Kann internationale Politik Konflikte regulieren? Dieser Band bietet eine Einführung in die Entstehung und Entwicklung moderner Gesellschaften in global vergleichender Perspektive. Dabei sind ökonomische, soziale, kulturelle, politische und ökologische Interaktionen wie z. B. Wirtschaft, Politik, Handel, Verkehr, Migrationen usw. zwischen Weltregionen ebenso Thema wie die Ausbildung jener Infrastrukturen und Medien, die diese Interaktionen möglich machen (Währungs- und Finanzsysteme, Verkehrs-, Transport- und Kommunikationssysteme, etc.). Ein weiterer Schwerpunkt ist dem Vergleich von sozial-kulturellen Systemen und Prozessen in diversen Weltregionen wie z. B. Arbeitsverhältnisse, Familie und Elternschaft, Religionen, Kriege, u. a. gewidmet.
Trennung der Eltern kann die Entwicklung ihrer Kinder schwer belasten. Doch genügend Fälle zeigen, dass die Kinder in der Zeit der Trennung und den Jahren danach wertvolle Erfahrungen machen können, die ihnen und ihrer Entwicklung insgesamt zugute kommen. Das verlangt von der Mutter, das Kind nicht als ihr Eigentum zu betrachten und die Vaterschaft des Mannes aktiv zu unterstützen. Der Vater ist gefordert, die Mutter zu entlasten und als Vater aktiver zu werden. Voraussetzung dafür ist, dass die getrennten Eltern einander wertschätzen und richtig miteinander kommunizieren. In sechs spannend geschriebenen Fallstudien zeigt Reinhard Sieder, wie verschieden der Trennungsprozess verlaufen kann und wie unterschiedlich das Familienleben danach gestaltet wird. Es endet eben nicht mit der Trennung der Eltern, sondern es entstehen neue Familienleben - an zwei Orten und mit unterschiedlichen Familienstrukturen, die die neuen Familien der getrennt lebenden Eltern umfasst. Dies kann einerseits zahlreiche Anregungen und Impulse für die Kinder bieten, andererseits kann es sie überfordern. Speziell die neuen Intimpartner können zu einer Belastung für die Kinder werden. Dennoch lautet die gute Nachricht des Buches: Getrennt lebende Eltern haben es weitgehend selbst in der Hand, ihre neuen Familien zu Orten der Geborgenheit für ihr Kind und sein soziales Lernen zu machen.


