Die Deutung der Vergangenheit ist immer eine höchst strittige Angelegenheit. Stärker als für andere Epochen gilt dies für die Zeitgeschichte. Gleichviel, ob "Fischer-Kontroverse", "Historikerstreit" oder "Goldhagen-Debatte": Nie blieb die Diskussion auf die Fachwissenschaft begrenzt, immer erreichte sie über die Medien ein breites Publikum. Der Band zeichnet den Gang der großen Debatten in den letzten Jahrzehnten nach. Er läßt Beteiligte von damals zu Wort kommen und bietet vertiefende Analysen zum Selbstverständnis der Historiker und ihrer wachsenden Medienkonkurrenz. Dabei bleibt der Blick nicht allein auf Deutschland beschränkt, sondern wendet sich ebenso großen Debatten im europäischen Ausland zu
Martin Sabrow Livres
Martin Sabrow est un historien et politologue reconnu pour ses contributions à l'étude de l'histoire contemporaine. Son travail explore la relation complexe entre la mémoire historique, la transformation politique et l'évolution sociétale. En tant qu'universitaire de premier plan, il offre des perspectives profondes sur les dynamiques qui façonnent notre compréhension du passé et du présent.






Die damals noch junge Republik von Weimar wurde durch die Attentats-Serie der Jahre 1921/22 fundamental erschüttert: Die Opfer waren der Reichsfinanzminister M. Erzberger, der Kasseler Oberbürgermeister Ph. Scheidemann, der Industrielle und Außenminister W. Rathenau und der Publizist M. Harden. Hinter diesen Morden standen politische und (para-)militärische Organisationen, die die alte Vorkriegsordnung mit allen Mitteln wiederherstellen wollten.
Am 24. Juni 1922 wurde Walther Rathenau, Reichsaußenminister der Weimarer Republik, auf offener Straße erschossen. Kein anderes Ereignis hat die Republik von Weimar stärker erschüttert als die Serie von Anschlägen von 1921/1922, die gegen Rathenau und den früheren Reichsfinanzminister Matthias Erzberger, gegen den ersten deutschen Ministerpräsidenten Philipp Scheidemann und schließlich auch gegen den Publizisten Maximilian Harden verübt wurden.Martin Sabrow geht der Frage nach: Waren die Attentate aufgehetzten Einzeltätern zuzuschreiben, oder steckte hinter ihnen das organisierte Mordkomplott eines Geheimbundes? Der schon von den Zeitgenossen verdächtigten Organisation »Consul« konnte (oder wollte) die deutsche Jusitz keine Schuld nachweisen. Und doch hatte sie offensichtlich alle Fäden in der Hand gehabt. Der Autor deckt die Geschehnisse von damals auf. Er weist die bewusste Rechtsbeugung der konservativ denkenden Justiz nach und erklärt, warum das Ziel der Attentatsserie in der Öffentlichkeit nie vollständig bekannt werden konnte: Sie sollte der geheimgehaltene Auftakt zur deutschen Gegenrevolution werden.
Wohin treibt die DDR-Erinnerung?
- 446pages
- 16 heures de lecture
Das Buch dokumentiert die Auseinandersetzung um das Votum einer von der Bundesregierung eingesetzten Expertenkommission, die nach einjähriger Arbeit ihre Vorschläge zur Neuordnung der DDR-Erinnerungslandschaft vorgestellt hat. Die Kommission empfahl die Schaffung von drei Aufarbeitungsschwerpunkten: »Herrschaft – Gesellschaft – Widerstand«, »Überwachung und Verfolgung« sowie »Teilung und Grenze«. Diese Strukturierung ermöglicht ein differenziertes Bild der SED-Diktatur und ihrer Gesellschaft im Kontext des 20. Jahrhunderts. Die Publikation wurde von intensiven öffentlichen Debatten begleitet, die die Empfehlungen der Kommission als wichtigen Schritt in der Auseinandersetzung mit der zweiten deutschen Diktatur begrüßten, aber auch lautstarke Kritik hervorrief. Besonders kontrovers war die Empfehlung, dem »Alltag« der SED-Diktatur im Gedächtnis Platz einzuräumen. Kritiker befürchteten eine »weichspülende« Diktaturverharmlosung, während Befürworter argumentierten, dass dies eine intensivere Auseinandersetzung mit der kommunistischen Diktatur ermögliche. Im Band kommen sowohl Befürworter als auch Kritiker des Votums zu Wort. Neben dem Kommissions-Votum und dem Sondervotum enthält der Band das Wortprotokoll des öffentlichen Hearings sowie einen ausführlichen Pressespiegel der Kontroverse.
Immer an zwei Tagen im Frühherbst erinnert die Stadt Helmstedt seit einer stattlichen Reihe von Jahren an ihre wissenschaftliche Tradition als einstige Universitätsstadt und zugleich auch an ihre politische Vergangenheit als Grenzort, der fünfzig Jahre lang im 'Zonengebiet das Ende der Transitstrecke von West-Berlin nach Hannover markierte. Mit den Helmstedter Universitätstagen hat sich auf diese Weise ein Forum des zeitgeschichtlichen Gedankenaustauschs etabliert, das eine Verbindung zwischen der akademischen Forschung und einer breiteren Öffentlichkeit zu bieten sucht, um die Frage nach dem Verbindenden und dem Trennenden der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts in europäischer Perspektive zu erörtern. Die Helmstedter Universitätstage verstehen sich als ein Forum der Zeitgeschichte, aber sie profitieren von der Einbeziehung anderer Disziplinen, und ihren Abschluss finden sie seit einer Reihe von Jahren in einer Festpredigt, jeweils am 16. bis 18. Sonntag nach Trinitatis, die das Thema der jeweiligen Universitätstage aufnimmt und der historischen Betrachtung eine theologische oder auch religionsgeschichtliche entgegensetzt. So eröffnen die hier abgedruckten Predigten, unter denen lediglich die des 2015 verstorbenen damaligen Landesbischofs Prof. Dr. Friedrich Weber von 2011 fehlt, eigene Zugänge zu den in der Aula der ehemaligen Helmstedter Universität verhandelten Problemen, und sie führen die mit ihrer Erörterung angestrebte Gegenwartsorientierung durch zeithistorische Erkenntnis gleichsam sub specie aeternitatis weiter.
