Den zumeist stillschweigenden Glauben an die Gewaltfreiheit und insofern die Legitimität von Tauschbeziehungen hat die fortgeschrittene Ökonomik ins Prinzipielle zu heben versucht. Mit Ronald H. Coase als einem Wegbereiter behauptet James M. Buchanan die Selbstelimination externer Effekte durch Tausch. Diesseits einer transzendental gesetzten Ökonomik lässt sich der reine Tausch allerdings als nichts anderes als die „rationale“ Form des Rechts des Stärkeren dechiffrieren. Das gilt auch für den paradigmatischen Markttausch. Der kritische Gang durch das Werk moderner ökonomischer Klassiker (Coase, Buchanan) erlaubt es, den Blick zu schärfen für die Gewalt, die im realgeschichtlichen Platz greifenden Prinzip Markt verborgen liegt.
Ulrich Thielemann Livres






Das Prinzip Markt, das unbedingtes, wechselseitig vorteilhaftes Vorteilsstreben zwischen Homines oeconomici rechtfertigen soll, ist ethisch gescheitert. Der Ökonomismus, der den Markt als Moralprinzip darstellt, führt zu einer Ethik ohne Moral und einer Antiethik des Rechts des Stärkeren. Ein alternatives Rechtfertigungsmuster, das diesem Einwand nicht unterliegt, ist der Neoliberalismus. Dieser konzentriert sich nicht auf den Vorteilstausch, sondern auf den Wettbewerb als Epiphänomen. Die zentrale Pflicht, die er auferlegt, ist die Schaffung wettbewerblicher Verhältnisse, da Wettbewerb Macht neutralisiere, Diskriminierung beseitige und Wohlstand für alle fördere, wozu „Chancengleichheit“ erforderlich ist. Zudem wird Wettbewerb als „Entdeckungsverfahren“ mit normativen Erkenntnisfunktionen betrachtet. Die Arbeit basiert auf einer integrativen Wirtschaftsethik, die die implizite Normativität ökonomischer Theorien kritisch beleuchtet. Es wird eine klarere Theorie des Wettbewerbs entwickelt, die sich eher an den Austrian Economics orientiert, und der Wettbewerb wird als ungeeignetes Konzept der Gerechtigkeit entlarvt. Auch die Marktapologetik durch Wettbewerbsapologetik scheitert, da Wettbewerb nicht das Prinzip des ethisch Richtigen darstellt. Die Frage nach dem Wettbewerb ist vielmehr eine Frage des Maßes, dessen Bestimmung Aufgabe demokratischer Politik ist. Die Arbeit bietet dazu Orientierung.
Immer mehr Menschen beschleicht ein Unbehagen gegenüber dem Markt. Stetig wachsende Einkommensunterschiede, Gewinnsteigerungen durch Entlassungen, die schleichende Ökonomisierung des Lebens. Bildung wird durch Humankapitalbildung ersetzt, Politik auf Standortpolitik reduziert und Vorfahrt fürs Kapital als Vorfahrt für Arbeit verkauft. Und zu all dem noch müssen die Folgen, die die Gier des Kapitals und seiner Zu-diener angerichtet haben, von anderen ausgebadet werden. All dies wird von der vorherrschenden ökonomistischen Doktrin gerechtfertigt. Mehr Markt und mehr Wettbewerb, das sei doch letztlich immer gut für alle. Oder der Markt wird kurzerhand mit Freiheit gleichgesetzt, womit jede Verminderung seines Einflusses auf Unfreiheit hinausliefe. Trotzdem ist dies kein Anti-Markt-Buch, sondern ein Buch gegen die Marktgläubigkeit. Es geht darum, den Markt gesellschaftlich und politisch einzubinden, statt uns von ihm vereinnahmen zu lassen. Es geht darum, dass der Wettbewerbs-kampf eine geringere Rolle in unserem Leben spielt.
Standards guter Unternehmensführung
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Die Zeiten, in denen das Credo "The business of business is business" unangefochten blieb, sind seit der Finanzkrise von 2008 vorbei. Radikale Gewinnsteigerungsmethoden, wie die Schließung rentabler Betriebe und exorbitante Managementvergütungen bei stagnierenden Löhnen, stehen im Mittelpunkt gesellschaftlicher Konflikte. Dies führt zu einer tiefgreifenden Orientierungs- und Legitimationskrise des Managements. Viele als best practice geltende Ansätze werden zunehmend als Teil des Problems wahrgenommen. Zahlreiche Institutionen haben versucht, tragfähige Kodizes für 'Corporate Governance' und 'Corporate Social Responsibility' zu etablieren, was jedoch zu einer neuen Unübersichtlichkeit geführt hat: Was sind die guten Standards für 'gute' Unternehmensführung? Die Klärung dieser Kriterien und die Beurteilung der Initiativen sind aktuelle wirtschaftsethische Herausforderungen. Bisher existieren jedoch kaum einschlägige Analysen. Diese Studie zielt darauf ab, diese Lücke zu schließen, indem sie zwölf bedeutende nationale und supranationale Standardisierungsversuche auf ihren normativen Orientierungsgehalt hin untersucht. Die Ergebnisse sind teils desillusionierend, teils jedoch auch wegweisend.
Brennpunkt Bankenethik
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Das Geschäft mit Geld ist eine besondere Branche, da es um das wichtigste Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel geht. In der kapitalistischen Marktwirtschaft hat die Vermehrung dieses Mittels oft oberste Priorität, sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen. Begriffe wie 'Geldgier', 'Abzockerei' und 'kreative Buchführung' stehen zunehmend im Fokus öffentlicher Kritik. Zudem wird das schweizerische Bankgeheimnis häufig als ein Mittel zur Steuerhinterziehung betrachtet. Banken, als professionelle Akteure im Geldgeschäft, sehen sich neuen ethischen Fragen gegenüber. Diese Studie, im Auftrag der Truus-und-Gerrit-van-Riemsdijk-Stiftung, beleuchtet das Bankgeschäft aus einer moralischen Perspektive. Sie klärt grundlegende Kriterien für ethisch gutes Banking und bietet einen Überblick über verschiedene bankenethische Problemfelder. Darüber hinaus werden aktuelle Problemfälle exemplarisch analysiert. So wird eine wirtschaftsethische Reflexion für Leserinnen und Leser zugänglich gemacht, die im Alltag des Bankgeschäfts stehen.