Medien, Bilder, Schriftkultur
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2020/2021
Das Buch beschäftigt sich mit dem Gestaltbegriff und den verschiedenartigen Ausprägungen, die das Gestaltkonzept in der deutschsprachigen Literatur seit der Goethezeit angenommen hat. „Gestalt“ (griech. morphé) bezeichnet eine ganzheitliche Grundkategorie, die von Goethe nicht zufällig sowohl in der Naturbeobachtung als auch in der Ästhetik und Poetologie als Fachbegriff verwendet wurde. In einem interdisziplinären Überschneidungsfeld zwischen Wahrnehmungstheorie und Kognitionspsychologie ist die Gestaltkonzeption auf reges Interesse gestoßen und international kontrovers diskutiert worden. Sie steht aber auch – ähnlich wie der Begriff „Bildung“ – für eine typisch deutsche Diskurstradition. In einzelnen Kapiteln zu Goethe, den modernen Kulturtheoretikern Georg Simmel und Ernst Cassirer, zu dem Wahrnehmungspsychologen Christian von Ehrenfels, zu Carl Einstein und Walter Benjamin werden die verschiedenen Stationen in der Entwicklungsgeschichte des Gestaltkonzepts rekonstruiert und seine jeweilige kulturelle Bedeutung beleuchtet.
Zur Wiederkehr des Bestiariums in Moderne und Gegenwart
In der Moderne um 1900 erlebt die Gattung des Bestiariums, deren Anfänge in die Spätantike zurückreichen, eine neue Hochkonjunktur. Der vorliegende Essay unternimmt es, die erstaunliche Vielfalt der Bestiarien zu sondieren, deren Spektrum vom Künstlerbuch über parodistisch-satirische Formen bis hin zu ökokritischen Darstellungen reicht. Dabei bietet die intermediale Beziehung zwischen poetischem Text und Bild, Schrift und Fotografie vielfältige künstlerische Gestaltungsmöglichkeiten, die zur Faszination, Wandlungsfähigkeit und anhaltenden Produktivität des Genres bis in die Gegenwart erheblich beitragen.
Vergleichen ist ebenso ein Vorgang alltagsweltlicher Praxis wie ein methodisches Verfahren, das in unterschiedlichen akademischen Disziplinen und Wissensbereichen verbreitet ist. Der Vergleich hat in den Kultur- und Sozialwissenschaften eine lange Tradition, die Jahrhunderte zurückreicht. Als grundlegende Methodologie, mit deren Hilfe ein systematischer und fundierter Erkenntnisgewinn möglich wäre, etablierte sich der vergleichende Ansatz bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert, als die modernen Wissenschaften sich herausbildeten. Als eine Operation, die sich vor dem Hintergrund einer unterstellten Dimension des Gemeinsamen der zu vergleichenden Elemente vollzieht, bedarf der Vergleich eines ‚tertium comparationis‘, das die verglichenen Elemente auf einen gemeinsamen, übergeordneten Aspekt bezieht. Für die Literatur und Kunst wird der Vergleich indes nicht zuletzt dort interessant, wo diese Annahme prekär wird und sich ein Moment des Inkommensurablen und Disparaten auftut. Die Beiträge des vorliegenden interdisziplinären Bands versuchen, spezifische Besonderheiten, Anwendungsmöglichkeiten, Potenziale und Grenzen des Vergleichs im Blick auf exemplarische Themengebiete und Forschungsfelder der jeweiligen Fächer auszuloten.
Ästhetische Erfahrung zwischen Schrift, Bild und Musik
Seit den Anfängen der Filmgeschichte wird der Film als hybrides Medium wahrgenommen, in dem interessante intermediale Konstellationen aus Bild und Ton, Schrift und Musik auftreten. Diese mediale Disposition kann auf unterschiedliche Weise künstlerisch genutzt werden. Annette Simonis zeigt, wie im neueren Film durch Ausbildung besonderer ludischer Elemente eine Ästhetik des intermedialen Spiels entsteht. Anhand von Filmbeispielen der letzten beiden Jahrzehnte wird die Integration von Bild, Schrift und Musik im filmischen Medium analysiert und die medienästhetische Bedeutung jener spielerischen Verwendung von Medien in Medien diskutiert.
Intermedialität und Kulturaustausch - zwei unterschiedliche aktuelle Themenfelder, zwischen denen sich interessante Verbindungen und Affinitäten auftun. Das Zusammenspiel zwischen verschiedenen Medien und Künsten, so zeigen die Beiträge des Bandes, produziert aufschlussreiche Spannungsfelder und »Zwischenräume«, die sich in ästhetischer Hinsicht als äußerst fruchtbar erweisen und unterschiedlich genutzt werden können. Es entstehen Reibungen und Experimentierfelder, die für neue kulturelle Codierungen offen bzw. sensibel sind. Intermedialität erscheint zudem als Anregungshorizont für Kulturaustausch und für ästhetische sowie kulturpoetische Neuerungen.
Das Phänomen der phantastischen Literatur, das sich bei einem breiten Lesepublikum einer wachsenden Beliebtheit erfreut, erscheint als Gegenstand literaturwissenschaftlicher Betrachtung ebenso faszinierend wie problematisch, da es sich wissenschaftlichen Beschreibungsbemühungen immer wieder zu entziehen droht. Wenn auch durchaus ein intuitives Vorverständnis von den Eigenheiten des Genres existiert, sind die ästhetischen Besonderheiten und das genaue Profil jener Textsorte in der Forschung bislang umstritten. Die vorliegende Studie entwirft ein kulturwissenschaftliches und ritualtheoretisches Modell, um zu einer Neubestimmung phantastischen Schreibens zu gelangen. Den Werken der literarischen Phantastik ist gemeinsam, dass sie Grenzüberschreitungen in eine zweite phantastische Wirklichkeitsdimension inszenieren und imaginäre Räume eröffnen, die jenseits der innerfiktiven Realität liegen. Sie beschreiben Transgressionen, wie sie auch für die modernen ethnologischen und anthropologischen Diskurse charakteristisch sind. In der komparatistischen Darstellung finden deutsche, englischsprachige und französische Texte des Genres vom 18. bis zum 20. Jahrhundert – von Walpole über Schiller, E. T. A. Hoffmann, Poe und Gautier bis hin zu Lovecraft und Tolkien – gleichermaßen Berücksichtigung.