Wenn Rechtsordnungen Regeln aufstellen, die die Handlungsfreiheit einschränken, entstehen stets Versuche, diese zu umgehen. Es gibt einen Konflikt zwischen dem Recht der Parteien, ihre Rechtsverhältnisse selbst zu gestalten, und der Existenz zwingender Normen, die als lästig empfunden werden. In der steuerlichen Rechtsprechung sind viele Umgehungsgestaltungen erkennbar, die sich bis ins römische Recht zurückverfolgen lassen. Einigkeit herrscht darüber, dass die Rechtsordnung nicht zulassen kann, dass der Geltungsanspruch zwingenden Rechts durch Umgehungsgeschäfte untergraben wird. Die Herausforderung besteht darin, die Eingriffsschwelle zu bestimmen, die der Gestaltungsfreiheit Grenzen setzt und den Erfolg von Umgehungsversuchen verhindert. Teichmann hat in seiner 1962 veröffentlichten Monographie das rechtliche Instrumentarium benannt, das einer zwingenden Norm zur Durchsetzung ihres Geltungsanspruchs gegen Umgehungsgestaltungen dienen soll. Er betrachtet Umgehung als ein Problem der Rechtsgeltung, das die Anwendung des relevanten Gesetzes auf den konkreten Sachverhalt betrifft. Trotz der Erkenntnis, dass die Figur der Gesetzesumgehung keinen eigenständigen Regelungsgehalt hat, wurden bis heute nicht immer die notwendigen Konsequenzen gezogen. Susanne Sieker analysiert die strukturellen Gesetzmäßigkeiten typischer Umgehungsgestaltungen und macht diese interdisziplinär zugänglich.
Susanne Sieker Livres



Band mit den Referaten und Diskussionen zur Jahrestagung der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e. V. am 14./15. September 2015 in Halle.