Band 10 der Berichte des Arbeitskreises zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation dokumentiert die Herbsttagung 2013 und die Diskussion zur Namensnennung der Münchner Opfer der NS-„Euthanasie“. Die Autorinnen und Autoren präsentieren regionale Forschungsergebnisse zu den Verbrechen in München, Schwaben, Stuttgart, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und den Niederlanden. Zudem werden aktuelle Themen wie Gendiagnostik und die Anerkennung von Zwangssterilisierten sowie „Euthanasie“-Geschädigten als Verfolgte des rassistischen NS-Gesetzes behandelt. Es werden auch Gedenk- und Ausstellungsprojekte vorgestellt. Die Namensnennung der „Euthanasie“-Opfer ist ein zentrales Anliegen des Arbeitskreises sowie der Arbeitsgruppe „Psychiatrie und Fürsorge im Nationalsozialismus in München“, in Kooperation mit dem NS-Dokumentationszentrum München. Ziel ist es, den Opfern ihre Individualität zurückzugeben und sie als Opfer der NS-Gewaltherrschaft anzuerkennen. Am Beispiel des geplanten Gedenkbuchs für die Münchner Opfer wird die Thematik von Angehörigen, Psychiatrieerfahrenen, Medizinern, Historikern, Archivaren, Gedenkstättenmitarbeitern, Juristen und Vertretern aus Politik und Stadtgesellschaft diskutiert, insbesondere die Frage, ob Angehörige durch die Namensnennung stigmatisiert werden könnten.
Gerrit Hohendorf Livres




Der Tod als Erlösung vom Leiden
Geschichte und Ethik der Sterbehilfe seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland
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Die Debatte um die Euthanasie seit dem 19. Jahrhundert und ihre Bedeutung für die aktuelle Diskussion um die Sterbehilfe. Ethische Fragen der Sterbehilfe und der Sterbebegleitung sind hochaktuell, aber nicht neu. Spätestens seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wird über die Euthanasie, über einen durch den Arzt herbeigeführten guten und leichten Tod, diskutiert. Gerrit Hohendorf zeichnet die historische Debatte um die Euthanasie, ihre Verknüpfung mit dem Gedanken des »lebensunwerten Lebens« nach und verweist auf die Folgen, die diese Idee in der Zeit des Nationalsozialismus hatte: 300.000 psychisch kranke und geistig behinderte Menschen wurden unter dem Deckmantel des »Gnadentodes« ermordet. Der Autor plädiert jenseits einer rhetorischen NS-Analogie für ein behutsames Lernen aus der Geschichte: Die Debatte um die Euthanasie steht immer in der Gefahr, menschliches Leben als nicht mehr lebenswert zu beurteilen. Ausgezeichnet mit dem Publikationspreis des Deutschen Museums 2013
Die psychosomatische Theoriebildung bei Felix Deutsch
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Der Wiener Internist und Psychoanalytiker Felix Deutsch, Ehemann der weitaus bekannteren Psychoanalytikerin Helene Deutsch und zeitweise Hausarzt Freuds, emigrierte 1936 nach Boston, um der drohenden nationalsozialistischen Gefahr zu entgehen, und fand in der aufstrebenden Psychosomatischen Medizin Amerikas eine neue berufliche Orientierung. Gleichwohl gerieten sein Werk und seine psychosomatischen Pionierleistungen im Wien der 20er Jahre weitgehend in Vergessenheit, und in der Geschichtsschreibung der Psychoanalyse taucht Felix Deutsch meist nur als Ehemann von Helene und als Hausarzt Freuds auf. Das Anliegen der vorliegenden Arbeit besteht darin, sein weit verstreutes und schwer zugängliches Werk systematisch in seiner Gesamtheit darzustellen und beispielhaft die Entwicklung psychosomatischer Ansätze innerhalb der psychoanalytischen Theorie nachzuzeichnen. Dabei wird ein Zeitraum von etwa 50 Jahren in den Blick genommen. Die Arbeit vermittelt einen anschaulichen Eindruck vom Denken und der Praxis eines Arztes und Wissenschaftlers, dessen entscheidende Kunst im Zuhören und in der Analyse der komplexen psychophysischen Interaktionsformen während des Gesprächs bestand, und lässt das Bild eines der zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Pioniere der Psychosomatischen Medizin wieder lebendig werden.