Die zwölf materialreichen Aufsätze dieses Bandes reichen thematisch von Ernst Blochs widersprüchlichem Auftreten als Professor für Philosophie in Leipzig bis zu den Umbruchmonaten 1989/90 mit dem Ende der staatlich reglementierten DDR-Philosophie. Dabei werden auch die Verfolgung einer opponierenden Gruppe Berliner Philosophen in den fünfziger Jahren, die dramatischen Ereignisse um Rudolf Bahros 'Alternative' in den siebziger Jahren und das Verhalten der staatsoffiziellen Philosophen in den achtziger Jahren behandelt. Erstmalig wird auch der Versuch unternommen, die vielfältigen, oft kontroversen Bemühungen zur Aufarbeitung der Philosophie in der DDR Anfang der neunziger Jahre systematisch darzustellen. Der Band ergänzt die Studien zur DDR-Philosophie, die Herzberg 1996 unter dem Titel 'Abhängigkeit und Verstrickung' publizierte.
Guntolf Herzberg Livres






Abhängigkeit und Verstrickung
Studien zur DDR-Philosophie
Nach ihrem inneren Zusammenbruch und ihrer äußeren 'Abwicklung' scheint die DDR-Philosophie geradezu im Nichts verschwunden zu sein. Guntolf Herzberg, der bis zu seinem Berufsverbot Anfang der siebziger Jahre mit ihren Themen, Strukturen und Personen unmittelbar zu tun hatte, legt nun sieben Studien vor, die sowohl einen Überblick über die Gesamtentwicklung geben, als auch exemplarische Einzelfälle behandeln. Er analysiert die Verbindungsmechanismen zwischen Partei, Staat und Wissenschaft, beschreibt das System der Bestrafung und Belohnung, darunter die 'Selbstverfolgung' von Philosophen, und untersucht inhaltliche Bruchstellen in der philosophischen Entwicklung.
Moral extremer Lagen
- 338pages
- 12 heures de lecture
Das Buch überschreitet den traditionellen Rahmen der Ethik und untersucht, ob es in extremen Situationen, in denen es um Leben oder Tod geht, Regeln oder Normen geben kann, die Rettungshandeln rechtfertigen, auch wenn Personen zu Schaden kommen. Ist es möglich, Handlungen in lebensbedrohlichen Situationen moralisch überzeugend zu beurteilen? Anhand zahlreicher historischer Beispiele, insbesondere aus den Konzentrationslagern, werden Verhaltensweisen präsentiert, die moralisch schwer zu bewerten sind. Die zentrale Frage „Warum soll man/ich moralisch sein?“ wird aufgegriffen und zeigt, dass bisherige ethische Antworten auf extreme Lagen nicht anwendbar sind. Ein spezielles Entscheidungsmodell wird vorgestellt, das die Grundzüge einer neuartigen fuzzy ethics umfasst. Unabhängig davon, ob man eine strenge Ethik für extreme Lagen für möglich hält oder nicht, ist die Untersuchung aufgrund des eindrucksvollen und niederschmetternden Materials von außergewöhnlichem Wert. Das Buch verdient die Publikation allein wegen des darin enthaltenen historischen Stoffs.
Anpassung und Aufbegehren
- 728pages
- 26 heures de lecture
Zwischen dem 17. Juni 1953 und der Herbstrevolution 1989 war das Jahr 1956 die große Chance der Intelligenz, die Last des Stalinismus abzuwerfen. Das Buch zeigt im Detail, wie diese Chance trotz des zeitweiligen politischen Rückzugs der SED-Führung nur zaghaft genutzt und letztlich vertan wurde. Trotz der vielen Proteste gegen die fehlende Demokratisierung gab es 1956/58 nur wenig alternative Entwürfe. Woran lag das, warum blieben die Vorstellungen von einer Erneuerung der Gesellschaft so begrenzt, weshalb kam es zu keiner konsequenteren Opposition? Der Verfasser legt dazu ein Konzept der 'verzerrten Kommunikation' zwischen Parteiführung und Intelligenz vor, mit dem er alle Schattierungen zwischen Konsens und Dissens sowie die verschiedenen Verhaltensweisen der Intelligenz aufzudecken und verständlich zu machen versucht. Dabei rekonstruiert er die Konflikte um Wolfgang Harich, Fritz Behrens, Ernst Bloch, Robert Havemann und Jürgen Kuczynski und gibt einen Überblick über die öffentlichen und internen Auseinandersetzungen an den Universitäten und Akademien.
Rudolf Bahro ist ein Philosoph, der aus der Enge der DDR heraus radikal systemkritisch sowie global und ökologisch gedacht hat. Bekannt wurde er 1977 durch sein Buch 'Die Alternative', eine Abrechnung mit dem System der 'organisierten Verantwortungslosigkeit' im 'realexistierenden Sozialismus', für die er ins Gefängnis nach Bautzen kam. Nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik entwickelte sich Bahro zu einem Vordenker der Öko- und Friedensbewegung sowie zum fundamentalen Kritiker einer Arbeits- und Lebensweise, die nach seiner Auffassung die Menschheit immer schneller an den Rand des Abgrunds führt. Die Biographie zeigt Rudolf Bahro nicht nur als politischen Akteur und als Wissenschaftler, sondern beleuchtet auch seine Lebensweise und seine vielfältigen, oft konfliktreichen persönlichen Beziehungen. 'Die Biografie rekonstruiert material- und zitatenreich den pikaresken Roman eines revolutionären Denkers im geteilten Deutschland und leistet damit einen wichtigen Beitrag auch zur deutsch-deutschen Geschichte.' (DIE ZEIT)