Der Sammelband prasentiert sowohl unter systematischen Aspekten als auch in Autorenportrats exemplarische Beitrage zur Essayistik im Zeitraum von 1900 bis 1960. Dabei tritt die spezifische Bedeutung dieser 'Universalgattung des Zeitalters' als facettenreiches Reflexionsmedium von Moderne und Postmoderne deutlich zutage."
Thomas Mann ist durch sehr bewusste Strategien und Inszenierungen zu dem Thomas Mann geworden, als der er in die Literaturgeschichte eingegangen ist. Diesem Selbstentwurf des Autors Thomas Mann zum repräsentativen deutschen Schriftsteller geht der Sammelband nach. Er fragt nach der Semantik der Repräsentanz, die Thomas Mann gebraucht, analysiert die Stellung im literarischen Feld seiner Zeit und beschreibt die Apparate, die seinen Ruhm zu multiplizieren wussten. In der Summe entsteht ein Bild von Thomas Mann, das die gängigen werkbiographischen Zugänge überbieten möchte und danach fragt, weshalb solche Zugänge bis heute für die Rekonstruktion der Selbstvermarktungsstrategien dieses Autors maßgeblich geblieben sind.
Hegelianische Literaturgeschichtsschreibung zwischen spekulativer Kunstdeutung und philologischer Quellenkritik
Die Ausgrenzung der Hegelianer aus dem Kanon der Gründerväter der Germanistik ignoriert die bedeutenden Impulse, die von Hegels Philosophie für die Verwissenschaftlichung der Literaturgeschichtsschreibung ausgegangen sind. Die Arbeit bietet erste Anhaltspunkte für diese These durch eine wissenschaftsgeschichtliche Analyse der Deutschland-Schriften Heinrich Heines und deren Rezeption durch einen akademisch geschulten Kritikerkreis. Um die Ergebnisse auf eine breitere Basis zu stellen, werden Robert Prutz, Hermann Hettner und Rudolf Haym als maßgeblich vom Hegelianismus geprägte Literaturhistoriker porträtiert. Dabei werden ihre familiäre und akademische Sozialisation, berufliche Entwicklung, Publikationspraxis und Forschungspräferenzen thematisiert. Zudem wird die Hegel-Rezeption und die programmatischen Beiträge dieser Autoren zur anspruchsvollen Literaturgeschichtsschreibung behandelt, einschließlich relevanter Texte von Karl Rosenkranz und Friedrich Theodor Vischer. Die Leistungsfähigkeit ihrer Historiographie wird anhand der von ihnen vorgelegten Untersuchungen über die Romantik diskutiert, die in Hayms „Romantische Schule“ (1870) münden. Abschließend wird der Professionalisierungsgrad der Wissenschaftspraxis von Prutz, Hettner und Haym bilanziert und in die Geschichte der Germanistik eingeordnet.
Die Arbeit thematisiert die Literaturgeschichtsschreibung von Gervinus auf der Basis eines interdisziplinären Ansatzes - neben der einschlägigen germanistischen Forschung werden Untersuchungen zum Liberalismus und zur Sozialgeschichte des Bürgertums im Vormärz berücksichtigt. Behandelt werden u. a. Gervinus' zwiespältiges Verhältnis zur ästhetischen Wertung, seine geschichtsphilosophische, von der liberalen Mittelstandsideologie inspirierte Deutung der «National-Literatur» und sein Versuch, die Literatur zum politischen Erbe und zur Manifestation der nationalen Identität der Deutschen zu stilisieren. Nach einer Erörterung der vermeintlichen Merkmale dieser nationalkulturellen Identität wird schließlich gezeigt, daß Gervinus nicht zuletzt dank seines parteilichen Engagements neuartige Forschungsresultate vorlegen konnte.