Als vor mehr zwanzig Jahren die erste Auflage der 'Bürgerlichen Villa in Deutschland 1830-1890' erschien, handelte es sich um den ersten Versuch einer Gesamtwürdigung der Villenarchitektur in Deutschland. Die jetzt vorliegende dritte Auflage greift den vielfachen Wunsch nach einer Erweiterung des behandelten Zeitraumes bis 1900 auf. Damit verbunden war auch die Anregung, einen ersten Einblick in die neuen Studien des Autors zum plastischen und malerischen Bildschmuck der bürgerlichen Häuser des Historismus hinzuzufügen. Zwar sind in den Jahren zwischen 1830 und 1880 die wichtigsten Grundlagen der Villenbaus gelegt, die Modelle für Stiladaptionen und die damit verbundenen Kubaturen und Gruppierungen sowie Grundriss- und Raumtypen entwickelt worden. Die große Zahl der Villenbauten des Historismus entstand jedoch erst in den anschließenden beiden Jahrzehnten. Und mit ihnen traten nicht nur neue Architekten - im wesentlichen die Schülergeneration der vorher behandelten -, sondern auch Fortentwicklungen und Varianten der Villenarchitektur in Erscheinung, die durch Facettenreichtum und Phantasie, aber auch durch eine neue Freiheit und Virtuosität im Umgang mit den historischen Vorbildern beeindrucken. Eine Neuauflage unter diesen Vorgaben bedeutete zwangläufig eine Umfangerweiterung um nahezu fünfzig Prozent. Um das Buch leichter lesbar zu machen, wurden das Layout geändert und die Trennung von Text- und Bildteil aufgehoben. In vielen Fällen konnten Neuaufnahmen an die Stelle der alten treten. Insgesamt war die Arbeit von dem Bemühen bestimmt, die Bildqualität gegenüber den vorangehenden Auflagen zu verbessern. Der bisherige Text wurde durch vereinzelte Korrekturen und Nachträge sowie durch Hinweise auf wichtige neuere Literatur aktualisiert. In ihrer Gesamtheit hat die Darstellung bis jedoch heute ihre Gültigkeit behalten. Das gilt ebenso für den Text der Einleitung, soweit er den Forschungsstand und die Vorbehalte gegenüber dem Historismus betrifft, wenn auch in den letzten zwanzig Jahren die Zahl der Publikationen zu dieser Kunstepoche, insbesondere zur Villenarchitektur einzelner Regionen und Städte, deutlich angestiegen ist.
Wolfgang Brönner Livres






Wenig bekannt ist, dass das heutige Erscheinungsbild dieser Bauwerke dem 19. Jh. zu verdanken ist. Besonders der künstlerisch hochbegabte preußische König Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) förderte bereits als Kronprinz nachhaltig und mit erheblichem finanziellen Aufwand die Erhaltung und den Wiederaufbau der antiken und mittelalterlichen Bauwerke in der preußischen Rheinprovinz. Dem Rhein kam bereits im 19. Jh. eine besondere Bedeutung zu. Mit ihm verband sich eine romantische Bewegung, die mehr als nur eine Verklärung des Mittelalters war. Im Zuge der langjährigen Auseinandersetzungen mit Frankreich wurde der Fluss für die Deutschen zum nationalen Symbol. Kronprinz Friedrich Wilhelm lernte das Rheinland bereits 1813 auf einem Feldzug gegen Napoleon kennen und war von der Landschaft und den Bauwerken fasziniert. Er ging gleichsam in der zeitgenössischen Rheinromantik auf. Seine Vorliebe für das Mittelalter und die Antike steht in enger Beziehung zu seinem Herrschaftsverständnis, das sich völlig unzeitgemäß am mittelalterlichen Gottesgnadentum orientierte. Diese Vorstellung findet sich in seiner Bautätigkeit gespiegelt. Damit stellen die Bauwerke mehr als nur Zeugnisse der Antike und des Mittelalters dar - sie sind zudem Ausdruck früher denkmalpflegerischer Ansätze und herrschaftlichen Repräsentationsbedürfnisses des 19. Jh. Der vorliegende Band begleitet die gleichnamige Ausstellung und präsentiert alle Exponate - vor allem zeitgenössische Darstellungen der Bauten und der Rheinlandschaft sowie Pläne und Entwurfszeichnungen u. a. von Schinkel - zum überwiegenden Teil in Farbe. Ein aufschlussreicher Essay leitet den Band ein, zudem ist jeder Abbildung ein knapper, instruktiver Text gewidmet. Viele der gezeigten Ansichten sind wenig bekannt. So ist der Band ein opulentes Bildwerk und zugleich eine erste Bilanz dieses hochinteressanten Kapitels rheinisch-preußischer Kulturgeschichte.
Am Hang unterhalb des Belvedere auf dem Pfingstberg liegt, etwas versteckt, einer der interessantesten Villenbauten Potsdams: Die Villa Gericke. Der malerisch verwinkelte, mit Holzornamenten reich verzierte Bau wurde vor nicht allzu langer Zeit aus seinem Dornröschenschlaf geweckt und kürzlich umfassend restauriert. Wolfgang Brönner, Autor der Bücher „Die bürgerliche Villa in Deutschland 1830-1900“ und „Bürgerliche Villen in Potsdam“, hat die bewegte Geschichte des Hauses, insbesondere auch seine Vorgeschichte als Villa Ende im Berliner Tiergarten, ausführlich geschildert und es in den Kontext zeitgenössischer Architekturentwicklung gestellt. Dabei führt der Weg der Forschung über den Rhein bis zur französischen Badearchitektur der Normandie. Jürgen Strauss hat die Villa mit viel Gespür für deren architektonischen Charakter und für die wechselnden Stimmungen außen wie innen fotografiert. So sind Bilder entstanden, aus denen sich der Reiz dieser ungewöhnlichen Anlage ganz unmittelbar erschließt. Rudolf und Eckhart Böhm und Barbara Lipman-Wulf steuern im Anhang interessante Details aus der Restaurierungsarbeit und dem früheren Leben in diesem Haus bei.