Mnemosyne
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Franz Liszt trat in seinen Kompositionen und in seinem kulturpolitischen Handeln zugleich als überzeugter Kosmopolit und als bekennender ungarischer Patriot auf. Diese dialektische Symbiose praktizierte er umso nachdrücklicher, je stärker nationale Partikularismen in Europa Raum griffen. Damit gab er Komponisten und Pianisten aus aller Herren Länder ein Vorbild, sei es als Berater, als Lehrer oder als Förderer mit vorzüglichen internationalen Beziehungen. Der Band arbeitet diese Dialektik im Dialog mit anderen Disziplinen heraus und erweitert den Blickwinkel zugleich auf andere Komponisten, die – sei es aus politischen Gründen oder aufgrund persönlicher Entscheidungen – in ähnlicher Weise zwischen zwei oder mehreren Nationen stehen. In den Vordergrund rückt also weniger die Begründung nationaler Musikkulturen, als der internationale Austausch, zu dem diese Komponisten maßgeblich beitrugen und der die Voraussetzung für die jeweils besondere Musikkultur bildet.
Peter Tschaikowsky (1840 – 1893), der wohl populärste unter den russischen Komponisten, verstand sich von vornherein als professioneller Komponist, der – untypisch für seine Zeit – für alle musikalischen Genera schrieb: Opern, Ballette, Symphonien, Solokonzerte und auch Kirchenmusik. Als Hochschullehrer prägte er Generationen von Musikern und Komponisten und nahm maßgeblichen Einfluss auf das Musikleben in Russland. Als Dirigent konnte er eine internationale Karriere aufbauen und wurde damit zum Botschafter nicht nur seiner, sondern der russischen Musik insgesamt. Dorothea Redepenning legt eine ebenso spannende wie informative Biographie Tschaikowskys vor.
Bei Bühnenwerken gehen wir heute davon aus, dass ein Regisseur für die Inszenierung zuständig ist und ein Komponist für die Musik, allenfalls auch für Regieanweisungen. In der Musikgeschichte waren diese Rollen längst nicht so getrennt, wie es heute scheint. Dasselbe Libretto wurde etwa im 18. Jahrhundert vielfach vertont, und die Bühnenausstattung arbeitete mit standardisierten Elementen. Der Musik kam daher die Aufgabe zu, den allbekannten Text jeweils neu zu deuten und zu inszenieren. Die in diesem Band versammelten Beiträge gehen dem Phänomen der Inszenierung durch Musik an Beispielen nach, die sich durch die europäische Musikgeschichte vom Mittelalter bis ins 21. Jahrhundert erstrecken.