Uwe Wascher Livres






Für seine Nebenbeschäftigung gibt es keine festen Regeln oder Abläufe, er folgt keinem festgelegten Ziel, was er tut, geschieht im Labyrinth des Marktes unaufgefordert und spontan, keiner treibt ihn an. Sobald er den Drahtkorb-Verschluss mit einer Münze gelöst hat und einrollt kann er beginnen. Aber er hat Zeit, er will nichts überstürzen. Bedächtig und aufmerksam, als stiller Beobachter, seinen Wagen im Griff, nicht versteckt lauerig oder auffällig suchend Ausschau haltend, wird Brüggemann die Szene um sich herum sorgfältig verfolgen, motiviert und begleitet von Gefühlen der Spannung und Vorfreude. Dass sich bald etwas ereignen wird, ist er sich sicher, denn er weiß es aus Erfahrung. Uwe Wascher wurde 1944 in Bad Rothenfelde geboren. Er studierte Pädagogik, Geschichte und Politik in Osnabrück, Stuttgart und Gießen. Promotion zum Dr. phil. 1984. Seit 2012 lebt er in Ostfriesland. Zuletzt erschienen von ihm die Erzählbände „Der Apfelkönig“ (2011), „Die Brüder B.“ (2014), „Die falsche Straße“ (2018) und „Von Lebertran und Scheuermann“ (2022).
„Alles hinter der Bahn“ hat ihnen einmal gehört, weiß die „evangelische Nonne“ Marie Regine Sophie in ihrer festgehaltenen Familiengeschichte zu berichten. Doch was ist daraus geworden? Kaiserreich, Weimarer Republik und das „Tausendjährige Reich“ hat die Familie überlebt. Aber die irdischen Güter haben sich verflüchtigt, wurden verspielt oder in Alkohol aufgelöst. Das Erlebnis der ersten „Pommes“; die Sangeskünste eines Jungen, den niemand so richtig ernst nimmt und der doch seinen Weg macht; ein Vater, der im alkoholisierten Zustand seinem Sohn nie erlebte Seeschlachten aufnötigt, und eine Reiseführung ins portugiesische Portinho, dort, wo im „Belo Horizonte“ die Menschen ihre eigene kleine Welt haben, sind unter anderem Inhalte der acht Geschichten, die Uwe Wascher in exzellenter Weise erzählt. Geschichten, die den Leser fesseln und vereinnahmen.
Verlorene Heimaten, Träume und verletzte Befindlichkeiten werden in den acht Erzählungen vom Autor in eindrucksvoller Weise thematisiert. Dabei begibt sich Uwe Wascher auf eine Zeitenreise, deckt die Lebensgeschichte der jüdischen Brüder B. und deren Familie auf, lässt eine Adelsfamilie daran verzweifeln, das Ansehen zu verlieren, und einen Professor über die Schwächen seiner Kollegen herziehen. Der Autor entführt den Leser an die Seine, wo Monsieur Le Berre seinen Antiquariatsstand betreibt, gibt Einblick in die Seele eines Studienrates, der ein Imageproblem mit einem nicht erlangten Doktortitel hat und lässt Schüler beim Signalton eines Krankenwagens vermuten, dass irgendwo wieder ein Zimmer frei wurde. Mit seiner sprachgewaltigen Erzählweise nimmt Uwe Wascher die Leser mit auf eine spannende Reise durch acht lesenswerte Geschichten.