Türkisch-Deutsche Beziehungen
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Die bereits im Alttürkischen belegte Einheit kär(g)äk ‚notwendig; Notwendigkeit’ war sowohl im Türkischen als auch im Mongolischen äußerst beliebt, seine Ableitungen spielen noch heute im Lexikon der meisten Turksprachen eine wichtige Rolle und sind als grammatikalisierte Elemente bis in den Bereich der Modalformen vorgestoßen. Claus Schönig verfolgt in seiner Studie Geschichte und areale Verteilung der Ableitungen von den ältesten türkischen Quellen bis in moderne Sprachen und Dialekte hinein. Dabei folgt seine Darstellung den drei Hauptphasen der Entwicklung des Türkischen, die alt-, mittel- und neutürkische Phase. Auch die früh erfolgten Entlehnungen ins Mongolische sowie in andere (kurdische, finnische, tungusische, samojedische etc.) Sprachen und dort eventuell gebildete Ableitungen werden eingehend betrachtet und durch einen Blick auf die formalen und semantischen Entwicklungen von kär(g)äk und seinen Ableitungen sowie eine Evaluation der gewonnenen Daten im Hinblick auf die (zwischenzeitlich weiterentwickelte) interne Segmentierung der (modernen) Turksprachen ergänzt. kär(g)äk ist so ein wichtiges „Leitfossil“, anhand dessen sich Wege der Wortableitung und -neubildung im Türkischen während der letzten 1300 Jahre aufzeigen und in zahlreichen Beispielen belegen lassen.
Die Arbeit bietet eine Sammlung tatsächlicher, möglicher und fälschlicherweise als solche identifizierter mongolischer Lehnwörter in westoghusischen Türksprachen, d. h. in Türkeitürkisch, Gagausisch und Aserbaidschanisch sowie in den illiteraten Dialekten Rumeliens und Anatoliens sowie Irans. Ziel der Arbeit ist weniger die Erstellung einer möglichst vollständigen Sammlung, sondern die Untersuchung der Verteilung der einzelnen Entlehnungen. Dabei wird die Abhängigkeit der jeweiligen Verteilungsmuster von historischen Entwicklungen gezeigt, die die mongolischen Lehnwörter als wichtige Indikatoren ehemaliger und noch bestehender linguistisch interaktiver Areale ausweisen. Ebenfalls berücksichtigt werden die abweichenden Verhältnisse im Türkmenischen, die diese ebenfalls oghusische Sprache als Mitglied anderer historisch-arealer Entwicklungsgemeinschaften von Türksprachen zeigen.
Schönig behandelt den Beitrag vor allem der finiten, aspektotemporalen Einheiten sowie Kopulaformen an der Bildung eines türkischen Textes. Wegen der Komplexität des Phänomens „Text“ und der mit ihm zusammenhängenden Fragen hat sich Schönig auf einen einzigen, möglichst ungekünstelten und nur wenigen formalen Konventionen unterworfenen Prosatext – das Babur-name in der Version des Haidarabad-Kodexes – konzentriert, die tschagataisch geschriebene Autobiographie des Gründers der indischen Mogul-Dynastie. Anhand vieler transkribierter und übersetzter Beispiele wird nicht nur die Funktion der erwähnten prädikatsbildenden Einheiten im Rahmen satzübergreifender Organisationsformen – der Diskurstypen – besprochen, auch die Beiträge anderer an der Bildung von Sätzen beteiligter Elemente und deren satzübergreifender Kooperationen sowie der semantischen Verhältnisse werden erörtert.