Gerhard Schildberg Schroth Livres




In dreizehn Abschnitten werden Hauptmanns „Weber“ ins Bild gesetzt. Neben Entstehung, Stoff und Struktur sowie der wechselhaften Aufnahme des Dramas in (Theater)Kritik und Forschung ist die Frage behandelt, was den Dichter der „Weber“ mit seinen sonstigen Ansprachen als „Hauptmann der schwarzen Realistenbande“, „König der Republik“, „Leibdichter des Marxismus“„, “Märtyrer„, “Klassiker„ oder - nicht zuletzt: als “Hauptmann a. D." verbindet. Der berücksichtigte historische Rahmen reicht vom Kaiserreich über die Geschichte der beiden deutschen Staaten bis zum Ausgang des 20. Jahrhunderts.
„Diejenigen jedoch, welche sich Mir [.] in den Weg stellen, zerschmettere ich.“ Warum diese Option Wilhelm II., wenigstens aus der Retrospektive, nicht mehr ist als eine martialische Geste gegenüber den tief greifenden Rissen des Zweiten Kaiserreiches, wird in einem in Mosiakform gebotenen Szenarium in zwanzig Abschnitten präsentiert. Ins Bild kommen soziale Verhältnisse der Epoche - das Leben in Ostelbien, den Großstädten, die Lage der Frauen, der Geist von Bildung und Ausbildung. Beachtung findet auch der technisch-wirtschaftliche Aufstieg, der nicht zuletzt mit einer politisch kontroversen Ausrichtung des Reiches einhergeht: nach Innen dem Festhalten an einem Gottesgnadentum, nach Außen dem Eintritt in Kolonial- und Weltpolitik (Bs. Südwestafrika). Angesprochen sind ferner die Strömungen der Moderne, bis hinein in die Friedensbewegung, die zwar das „Andere“ sichtbar machen, gleichwohl den Weltenbrand 1914/18 nicht verhindern (können), der, wie mit Dehio argumentiert wird, einen Bogen bis zum Jahr 1945 und - ggfs. weiter - bis zur Gegenwart zu räsonieren aufgibt.
Fokussiert wird das Problem des literarischen Differenzkriteriums, mithin die Frage, wie ein literarischer Text im Unterschied zu Texten nicht-literarischer Provenienz zu bestimmen ist. Ausgangs- und Bezugspunkt ist dabei der Eigenname. Nach einer Diskussion zur Klärung von dessen bekannt „delikatem“ Status (von Mill über Frege, Searle, Kripke bis zu Eco) erfolgt ein systematischer Aufriß literarisch- onomatischer Funktionskonzepte. Diese werden unter Beiziehung von Textbeispielen verschiedenster Typen und Epochen einer Bewährung unterzogen und - jenseits aller Varianten des sogen. redenden Namens - im Rahmen der Fiktionalitätsdebatte (u. a. S. J. Schmidt, Lotman, Adorno, Goodman) mit Blick auf die Begründung literarischer Interpretation einer Lösung zugeführt. Ihren Ausdruck findet diese in der Formel einer Geltung „kleinster Größe“, die von subjektivistischen Positionen in der Nachfolge Staigers ebenso Abstand nimmt wie von empiristisch-szientischen resp. solchen Positionen, die im Zusammenhang mit dem Radikalen Konstruktivismus die Interpretation aus der Literaturwissenschaft zu eliminieren vorgeschlagen haben (Hauptmeier, S. J. Schmidt).