Rudolph Chimelli Livres






Der Blick auf den Nahen und Mittleren Osten lässt heute oft verzweifeln. Israelis und Palästinenser scheinen sich ineinander festgebissen zu haben, und rundherum belauern und bekriegen sich in den muslimischen Staaten Gruppen, die sich immer weiter ausdifferenzieren, die sich, wie es scheint, entlang von Konfliktachsen, erknäueln, verfilzen und immer weiter verknoten: iranisch gegen saudisch, arabisch gegen kurdisch, schiitisch gegen sunnitisch, säkular gegen islamistisch. Erst vor dem Hintergrund der Historie wird manches Bild klarer. Nur wenige Autoren verstehen es, die Zusammenhänge so klug und so einladend zu zeigen wie Rudolph Chimelli. Dieses Buch enthält preisgekrönte Reportagen und Berichte eines Korrespondenten, der fremde Welten und Menschen vorurteilsfrei betrachtet, stets in dem Bemühen, ihre Handlungen und Motive zu verstehen und sich selbst nicht als Partei zu begreifen, aber Partei zu nehmen – gegen Willkür und Terror, für Werte und Menschenrechte.
Die Concièrges von Paris sind eine vom Aussterben bedrohte Art. Jährlich müssen 2000 Häuser mehr ohne diese 'Institution' auskommen. Mit ihnen geht ein schrullig-charmanter Teil der berühmten Pariser Lebensart verloren. In über sechzig Prozent der Fälle ist der Concièrge übrigens weiblich und … portugiesisch! Die französische Metropole ist anders, als man sie sich den Klischees entsprechend vorstellt, nicht nur, weil die Concièrges langsam verschwinden. Man trägt keine Baskenmütze mehr, die alten Bistros gehen ein, und es ist schwer geworden, irgendwo Musette-Musik zu hören. Aber der Eiffelturm steht noch und Paris bleibt – auch wenn es sich in der Substanz und an der Oberfläche verändert – eine atemberaubend schöne Stadt. Wer, zum Vergnügen und aus professionellem Interesse, in ihr schon so lange spazieren geht wie Rudolph Chimelli, kann Brigitte Bardot begegnen oder dem letzten Henker, japanischen Malern am Montmartre, die von hinten wie Manet aussehen, oder den Strategen der Mode und des industrialisierten Luxus. Rudolph Chimelli zeigt uns Typisches und Verborgenes, Wichtiges und Nichtigkeiten, Vordergrund und Hintergrund, Reportagen und Analysen, Essays und Splitter zu dem immerwährenden Thema Paris.
Für arabische Geografen bezeichnet der Begriff Maghreb das Land im Westen, in dem die Sonne untergeht. Dieser Maghreb hat keine scharfen Grenzen. Seine politische Organisation, die Maghreb-Union, erstreckt sich formell von Libyen bis Mauretanien. Nach europäischem Verständnis sind die Kernländer des Maghreb Tunesien, Algerien und Marokko. Und doch gibt es den Maghreb. Aus dem 'Land der Berber', den nordafrikanischen Kolonien Roms, wurde durch die arabischen Eroberungszüge ein neuer Flügel im 'Haus des Islam' im Spannungsfeld zwischen Orient und Okzident. Das zeigt sich sowohl am Alltagsarabisch der Region, das sich von der Hochsprache und den Idiomen des Ostens weit entfernt hat, als auch an der Prägung durch die französische Kolonialherrschaft. Das Resultat dieser Geschichte sind kulturelle Gemeinsamkeiten der Maghrebstaaten, aber noch mehr Unterschiede. Rudolph Chimelli versammelt in diesem Band seine über mehrere Jahre hinweg verfassten Reportagen, in denen er beschreibt, was bei einem touristischen Kurzbesuch nicht sichtbar wird: die Ernüchterung nach der viel versprechenden Krönung des jungen marokkanischen Königs Mohammed VI., den Alltag einer dreizehnköpfigen algerischen Familie in einer Zweizimmerwohnung, Kinder, die im Todesdreieck der Mitidja auf Horrortouristen warten oder Ben Alis scheinbar perfekt funktionierenden Polizeistaat, den der Autor bei seinen Recherchen auch am eigenen Leib zu spüren bekam.
9mal Moskau
- 231pages
- 9 heures de lecture
