Kurt Hiller (1885-1972), Literat, Publizist, Sexualreformer, Pazifist und Autor der Weltbühne, polarisiert bis heute. Kritiker wie Arnold Zweig forderten Klaus Mann auf, Hillers Beiträge für die Exil-Zeitung Die Sammlung zu überarbeiten oder ganz zu streichen. Mann verteidigte Hiller und lobte dessen leidenschaftliches und eigenwilliges Denken. Im Sommer 2018 organisierten die Kurt Hiller Gesellschaft und das Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte eine Tagung, die sich mit der zeitgenössischen Rezeption Hillers beschäftigte. Die Beiträge umfassten verschiedene Aspekte seines Lebens und Wirkens: Ian King thematisierte Hillers Bekenntnis zur Kriegsdienstverweigerung als Grundlage des Pazifismus und dessen Verhältnis zu Tucholsky. Raimund Wolfert beleuchtete die nahezu durchgehende Stille der Presse bezüglich Hillers Engagement für die Reform des Sexualstrafrechts 1927. Kurt Kraushaar analysierte Hillers Weg zu den „Profilen“ und deren Rezeption. Reinhold Lütgemeier-Davin untersuchte Hillers publizistisches Schaffen in der frühen Phase des Kalten Krieges (1945-1955). Rolf von Bockel reflektierte über Hillers Rezeption in Hamburg vor 1945, während Harald Lützenkirchen die späten Geburtstagswürdigungen und Nachrufe sowie die 20-jährige Geschichte der Kurt Hiller Gesellschaft (1998-2018) bilanzierte.
Reinhold Lütgemeier-Davin Livres






Kurt Hiller und die Frauen
Beiträge einer Tagung in der Villa Ichon, Bremen 2016
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Kurt Hiller (1885-1972) und die Frauen ist das Thema einer Tagung der Kurt Hiller Gesellschaft in Bremen 2016, die die vielfältigen Beziehungen des assimilierten Juden, bekennenden Agnostikers und homosexuellen Schriftstellers untersucht. Die Beziehungen, die Hiller pflegte, sind oft gegensätzlich und widersprüchlich. Sie reichen von einer engen Mutter-Sohn-Bindung über eine tragisch endende Zweckehe mit einer heterosexuellen Frau bis hin zu Sachkameradschaften mit emanzipierten, sozialpolitisch oder künstlerisch engagierten Frauen. Auch erbitterte Feindschaften mit Personen, die Hiller öffentlich angriffen, werden beleuchtet. Diese komplexen Beziehungsgeflechte zeigen Aspekte von Freundschaft, Zuneigung, Heroisierung und Verachtung sowie antifeministische und sexistische Verirrungen. Im Fokus steht nicht der analytische Essayist, sondern der Mensch Hiller, der zwischen cholerischen Ausbrüchen, Liebenswürdigkeit und Bewunderung für die Schaffenskraft von Frauen schwankt. Die Analysen stammen von Fachleuten, die mit Hillers Lebenswerk bestens vertraut sind.
Lithographien pazifistischer Persönlichkeiten aus Deutschland und anderen europäischen Ländern, angefertigt von dem einst berühmten Pressezeichner Emil Stumpp (1886–1941), ergänzt durch Aquarelle, Holzschnitte und Fotos, setzen die Friedensbewegung der Zwischenkriegszeit ins Bild. Emil Stumpp arbeitete zwischen 1926 und 1933 für den „Dortmunder General-Anzeiger“, die auflagenstärkste Tageszeitung außerhalb der Hauptstadt Berlin, ein renommiertes Gesinnungsblatt mit demokratisch-republikanisch-pazifistischer Tendenz. Er gab nicht nur bedeutenden Persönlichkeiten aus Politik, Diplomatie, Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst und Sport ein markantes Gesicht, auch die „Köpfe der Friedensbewegung“ fanden nicht selten auf der Titelseite Platz: in Friedensverbänden Tätige, Schriftsteller, Publizisten, Künstler, Wissenschaftler, Politiker, Militärsachverständige, die zum Pazifismus konvertiert waren. Emil Stumpps Köpfe machen so das internationale pazifistische Netzwerk optisch sichtbar, das eine konkrete Alternative zu Nationalismus, Militarismus und Faschismus bot. Über widerstreitende Konzepte zur Friedenssicherung informiert der Band ebenso wie über das Verhältnis der Friedensbewegung als nicht-gouvernementales Organisationsgeflecht zur politischen Macht, über Erfolge der Bewegung in den „Goldenen“ Zwanziger Jahren sowie über deren Niedergang im Zusammenhang mit den politischen Verwerfungen gegen Ende der Weimarer Republik.