Die adelige Äbtissin Hildegard von Bingen (1098 bis 1179) darf wohl als berühmteste Frau des hohen Mittelalters bezeichnet werden. In ihren Werken fasziniert sie gleichermaßen als visionäre Mystikerin wie auch als Naturheilkundige und Musikerin. Unter den zahlreichen schriftlichen Zeugnissen ist der „Liber scivias“ („Wisse die Wege“), der ihre Visionen enthält, eines der bedeutendsten. Der Text ist in wenigen Kodizes überliefert, zu denen die etwa 800 Jahre alte, mit 35 schon damals sehr ungewöhnlichen Miniaturen ausgestattete Rupertsberger Prachthandschrift gehört. Das vor oder kurz nach dem Tod Hildegards im Rupertsberger Konvent bei Bingen entstandene Original ist seit 1945 verschollen, ist aber in einer kurz zuvor von Hand gefertigten, vorzüglichen Kopie, die heute in der Abtei St. Hildegard, Eibingen bei Rüdesheim aufbewahrt wird, überliefert. Bei den Illustrationen zum „Liber scivias“ handelt es sich um fast zeitgenössische bildliche Umsetzungen von Hildegards Schilderungen ihrer mystischen Erfahrungen. Die mit kostbaren Materialien, mit Gold, Silber und sogar Bronze versehenen Miniaturen sind bis ins kleinste Detail geplante, nahezu Wort für Wort übersetzende Verbildlichungen der Visionen und der aus ihnen gewonnenen Belehrungen. Sie behandeln also nicht einfache und vertraute Themen, sondern es werden konventionelle Bildformen in nie gesehene Zusammenhänge gebracht, und es entsteht dabei - ähnlich wie im Text Hildegards - aus eigenwilligen Metaphern eine neue Bilderwelt. In 35 ausführlichen Beschreibungen werden die einzelnen Miniaturen anhand der Visionstexte und der Kommentare erklärt. Zahlreiche Vergleichsbeispiele aus der hochmittelalterlichen Kunst informieren über die künstlerischen Kenntnisse der Buchmaler. Das so gewonnene Verständnis vertieft die von den Miniaturen ausgehende urtümliche Wucht und ästhetische Faszination und eröffnet einen neuen Zugang zu den Visionen der Seherin Hildegard von Bingen. Ausführliche Literaturangaben und ein Register erschließen das reichhaltige Material.
Lieselotte E. Saurma Jeltsch Livres





Zwischen Mimesis und Vision
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In Augsburg beginnt Mitte des 15. Jahrhunderts eine Gruppe frühhumanistisch Gebildeter sich nach italienischem Vorbild für den Ursprung ihrer Reichsstadt im Rahmen einer an die Antike anknüpfenden Weltgeschichte zu interessieren. Augsburg wird mit den denkwürdigsten Ereignissen und so legendären Gestalten wie den Amazonen oder Alexander dem Großen verbunden. Auch Bilder sollen diese Sicht bestätigen. Der vorliegende Band behandelt die völlig neuen Versuche, in den Illustrationen durch wahrheitsgetreue Abbildungen der Stadt sowohl die mythologische wie die christliche Herkunft Augsburgs zu beschwören.
Betrifft die Handschrift Mss.h.h.X.48 der Burgerbibliothek Bern (S. 307, Anm. 4)