Der Klärungsversuch des Theorie-Praxis-Verhältnisses im deutschdidaktischen Diskurs ist komplex und vielschichtig. Das Bild Fontanes vom weiten Feld beschreibt diese Problemsituation treffend. Die Beiträge des Bandes zeigen unterschiedliche Perspektiven: Einige Autoren sehen die Defizite in der Theorieaversion der Lehramtsstudenten, während andere das problematische Verhältnis eines Teils der Deutschdidaktik zu den Bezugswissenschaften betonen. Dabei wird kritisiert, dass die praktische Tauglichkeit fremder Erkenntnisformate zu wenig geprüft wird. Zudem werden wichtige Bezugswissenschaften wie die Neurowissenschaft vernachlässigt, die wertvolle Anregungen für eine schülerbezogene Literaturrezeption bieten könnten. Der Herausgeber bringt eine weitere Perspektive ein, indem er auf die unzureichende Reflexion des Begriffs der didaktischen Reduktion hinweist. Er identifiziert das Problem der mangelnden Integration von Gegenstands- und Schülerorientierung, was in deutschdidaktischen Studien teilweise sichtbar ist. Die Priorisierung der Gegenstandsorientierung könnte als Ausdruck einer unreflektierten Wissenschaftsgläubigkeit und eines vorherrschenden Theorie-Enthusiasmus interpretiert werden. Dadurch besteht die Gefahr, den Begriff der didaktischen Reduktion negativ zu konnotieren und ihn als wissenschaftsfern zu kritisieren. Dennoch ist didaktische Reduktion unverzichtbar für erfolgreichen Unterricht.
Günter Graf Ordre des livres






- 2023
- 2021
Gemeinsamer Denkstil - ein Desiderat der Deutschdidaktik
Bedeutsame Normen des Deutschunterrichts.Mit Anregungen zur Unterrichtspraxis
- 2018
Es ist unverständlich, warum der Literaturunterricht, insbesondere in der Sekundarstufe II, den Sprachunterricht derart dominiert, dass letzterer oft vernachlässigt wird. Die Vergabepraxis der Sternchenthemen für das Zentralabitur verdeutlicht dieses Ungleichgewicht, und es bleibt rätselhaft, warum bislang kein massiver Protest, insbesondere von der Sprachdidaktik, erhoben wurde. Die Autoren des vorliegenden Bandes betrachten die aktuelle Unterrichtssituation als ungerechtfertigt und versuchen, das Bewusstsein für die zentrale Rolle des Sprachunterrichts im Deutschunterricht zu schärfen. Sie beleuchten die vorrangige Funktion des Sprachunterrichts, die sprachliche Kompetenz zu fördern – einschließlich Sprachhandlungs- und Ausdrucksfähigkeit sowie Sprachsensibilität und -bewusstheit – um personale und soziale Identität zu vermitteln. Angesichts der aktuellen Klagen über die mangelnden sprachlichen Fähigkeiten der Schüler, die von Deutschlehrern verstärkt geäußert werden, ist es nicht nachvollziehbar, warum dem Sprachunterricht eine derart defizitäre Rolle zugeschrieben wird. Digitale Einflüsse könnten hierbei eine Rolle spielen.
- 2018
Ethics and the Endangerment of Children's Bodies
- 290pages
- 11 heures de lecture
This book addresses the endangerment of children’s bodies in affluent societies. Bodily integrity is an important part of a child’s physical and mental well-being, but it can also be violated through various threats during childhood; not only affecting physical health but also causing mental damage and leading to distortions in the development of the self. The authors give an account of three areas, which present different serious dangers: (1) body and eating, (2) body and sexuality, and (3) body and violence. Through an in-depth examination of the available theoretical and empirical knowledge, as well as a thorough ethical analysis, the central injustices in the mentioned areas are identified and the agents with responsibilities towards children displayed. The authors conclude by providing invaluable insight into the necessity of an ethical basis for policies to safeguard children and their bodies.
- 2017
Der vorliegende Band versteht sich als Fortsetzung der bereits im Schneider Verlag erschienenen, von Günter Graf herausgegebenen und betreuten Studien zum kompetenzorientierten Deutsch- bzw. Literaturunterricht: 1. „Theorie und Praxis des kompetenzorientierten Deutschunterrichts“ (2014), 2. „Facetten eines kompetenzorientierten Literaturunterrichts in der Sekundarstufe II“ (2o16). Auch in den Beiträgen dieses Bandes geht es explizit oder implizit – bei unterschiedlichen theoretischen und unterrichtspraktischen Akzentsetzungen der Autoren – um die Fundierung des Begriffs der literarischen Kompetenz, allerdings nun mit der Maßgabe, die Integration von Subjekt- und Textseitigkeit literarischer Rezeption zu begründen. Dies erfolgt in Opposition zu einem institutionell beglaubigten restriktiven Kompetenzverständnis. Denn die von PISA eingeforderte einseitige Leistungs- und Outputorientierung verkürzt den Literaturunterricht – vor dem Hintergrund der Kriterien Testnotwendigkeit und Messbarkeit – auf die Vermittlung von Wissensbeständen und ihrer Anwendung, d. h. in unserer Sprachregelung auf die Textseitigkeit. Ohne die Einbeziehung der Subjektrolle des Schülers in den didaktischen Vermittlungsprozess von Literatur ist aber literarische Kompetenz nicht zu haben. Insofern ist im Rahmen dieses Bandes der Subjektseitigkeit eine gewisse Präferenz eingeräumt, allerdings mit unterschiedlicher Akzentuierung in den Beiträgen.
- 2016
Im vorliegenden Band, der von Günter Graf organisatorisch betreut wird, wird ein differenziertes Verständnis von Kompetenz thematisiert, im Gegensatz zu dem einheitlichen Kompetenzbegriff des von Graf herausgegebenen Werkes „Zur Theorie und Praxis des kompetenzorientierten Deutschunterrichts“. Die Autoren entwickeln theoretische Konzepte und praktische Vorschläge für den Literaturunterricht der Sekundarstufe II, die sich an aktuellen Pflichtlektüren des Zentralabiturs orientieren. Der Diskurs um den „richtigen“ Kompetenzbegriff ist intensiver geworden; die einst dominierenden Ansichten, die Weinerts Definition und die PISA-Tests verteidigten, geraten zunehmend in die Kritik. Insbesondere die Bildungsstandards und deren Fokus auf Leistungskontrolle werden hinterfragt. In der Literaturdidaktik gibt es vereinzelt skeptische Stimmen, die oft in Fußnoten versteckt sind und im Widerspruch zur affirmativen Argumentation stehen. Der Band verfolgt das Ziel, den Diskurs um den Kompetenzbegriff weiterzuführen, indem unterschiedliche subjektive Positionen der Autoren und deren Ansprüche diskutiert werden. Trotz variierender Konzepte wird ein breiteres Spektrum an Zugängen zu literarischen Texten vorgestellt, um mehr Motivation in den oft starren Literaturunterricht zu bringen und die Schüler zur eigenständigen Auseinandersetzung mit Literatur nach dem Abitur zu ermutigen.
- 2014
Der vorliegende Band beschreibt den Versuch einer Neubestimmung des Kompetenzbegriffs – in Abgrenzung vom derzeitigen deutschdidaktischen Main-stream. Dabei wird vor allem die Subjektrolle des Schülers in didaktischen Vermittlungsprozessen betont. Entsprechend dient dieser Versuch auch dazu, das Motivationspotenzial der Schüler bei der Aneignung der zentralen Gegenstände ‚Sprache’, ‚Schreiben’ und ‚Literatur’ zu erhöhen. Denn die Deutschlehrer erleben immer wieder, welche Unlust die Schüler bei der einseitig wissensorientierten Einübung des grammatischen Regelwerks oder der schulischen Aufsatzformen oder des kognitiven Analyse- sowie Interpretationsverfahrens häufig verspüren. Im Rahmen der Absicht, die Subjektrolle des Schülers stärker didaktisch ins Spiel zu bringen, wird zugleich ein anthropologisches Ziel verfolgt, nämlich die Schüler ganzheitlich zu stärken, d. h. sie bewusst in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu fördern. Genau diese pädagogische Zielbestimmung und ihr möglicher unterrichtlicher Reflex werden im aktuellen deutschdidaktischen Diskurs – der von einem eher technokratischen und einseitig leistungsbestimmten Kompetenzverständnis geprägt ist – zu wenig reflektiert. Entsprechend wird hier versucht, auf dieses Defizit auch unterrichtspraktisch eine Antwort zu geben, und zwar in exemplarischen Bausteinen zur Sprach-, Schreib- und literarischen Kompetenz in den Jahrgangsstufen 5 –13.
- 2013
Der Capability Approach und seine Anwendung
Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen erkennen und fördern
Auf welche konkreten und gesellschaftlich relevanten Fragestellungen lässt sich der von Amartya Sen und Martha Nussbaum formulierte „Capability Approach“ anwenden? Eignet er sich als Grundlage für Studien und Projekte, die sich mit der Konzeptualisierung und Minderung von Kinderarmut beschäftigen? Die Autorinnen und Autoren gehen diesen Fragen aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven nach und zeigen das Potential des Ansatzes auf. Dabei werden sowohl seine theoretischen Grundlagen reflektiert als auch methodische Herausforderungen aufgegriffen, die bei seiner Anwendung auftreten.
- 2010
Aus dem Inhalt: Erläuterungen zu Aufgabenstellungen und Operatoren Grundlegende Arbeitstechniken Arbeitsschritte zur Lösung von Abituraufgaben Grundwissen zum Wiederholen und Nachschlagen Übungen zu analytischen, produktiven und erörternden Schreibformen Erwartungshorizonte und Lösungsvorschläge zur Selbstkontrolle Selbstständige Erarbeitung und Überprüfung des bisher Gelernten