Der Eintritt der Frauen in die Gelehrtenrepublik
Zur Geschlechterfrage im akademischen Selbstverständnis und in der wissenschaftlichen Praxis am Anfang des 20. Jahrhunderts
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Zur Geschlechterfrage im akademischen Selbstverständnis und in der wissenschaftlichen Praxis am Anfang des 20. Jahrhunderts
Als im Jahre 1710 weit vor den Toren der Stadt Berlin ein Pestlazarett errichtet wurde, konnte niemand ahnen, dass hieraus im Lauf der kommenden drei Jahrhunderte ein Weltzentrum der Medizin entstehen würde. Die bald als Armenkrankenhaus genutzte Einrichtung war schnell überfüllt, die Geldnot chronisch, die baulichen Verhältnisse mehr als schlecht, und die Behandlung der Kranken lag in der Hand von abkommandierten Militärchirurgen, die in der Regel nicht Medizin studiert, sondern nur ihr Handwerk erlernt hatten. Am Ende des 18. Jahrhunderts behaupteten Spötter nicht ohne Grund, dass die Charité in Berlin das leiste, wofür man in anderen Ländern der Erfindung des Herrn Guilottin bedürfe. Weitere hundert Jahre später war die Charité eines der begehrtesten Reiseziele der Ärzte aus aller Welt. Man kam nach Berlin nicht nur, um die berühmten theoretischen Institute der Universität oder die Universitätsklinika der Fakultät kennen zu lernen. Auch die Charité war inzwischen ein Hort der klinischen Wissenschaften geworden: Neue Disziplinen entstanden, klinische Laboratorien wurden errichtet, und in ihren Abteilungen und Kliniken wurde das praktiziert, was bald überall als moderne Krankenhausmedizin gelten sollte. Gute fünfzig Jahre später war vom einstigen Glanz wenig geblieben. Die Vertreibung der jüdischen Intelligenz hatte auch die Charité schwer gezeichnet, der Krieg Ruinen und Trümmer hinterlassen, und die einsetzende Teilung Deutschlands entzog ihr manche der verbliebenen Ressourcen. Der vorliegende Band reduziert die Geschichte der Charité nicht auf die Vorgeschichte der heutigen Universitätsmedizin, sondern beleuchtet Entwicklungsphasen dieser eigentümlichen Berliner Einrichtung, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg der Medizinischen Fakultät zugeschlagen wurde, aus der Perspektive moderner Krankenhausgeschichte. Jenseits der bekannten Anekdoten und oft wiederholten Vignetten werden neue Forschungsergebnisse anhand von Fallgeschichten präsentiert. Der Blick gilt der Herausbildung der klinischen Medizin zwischen der Entwicklung der theoretischen Wissenschaften einerseits und den Bedürfnissen einer wachsenden Industriestadt andererseits: Wie haben wissenschaftliche Erkenntnisse, aber auch militärmedizinisches Zweckdenken, den Alltag der enstehenden Krankenhausmedizin geprägt? Eingegangen wird unter anderem auf die Anfänge der Pädiatrie, die Herausbildung der wissenschaftlichen Psychiatrie, den Einzug der Labormedizin, die Entwicklung chirurgischer Versorgungstechniken oder auf den Umgang mit venerisch Erkrankten. Auch die dunklen Kapitel der Charité kommen hierbei nicht zu kurz: Die Anpassung, ja Anbiederung vieler Ärzte an die herrschenden Systeme und ihr schweigender Opportunismus werden ebenso thematisiert wie die oftmals überraschenden Kontinuitäten zwischen dem Dritten Reich und den mühsamen Neuanfängen nach 1945.
Das Anatomische Theater im Zeitalter der Aufklärung
Bei elf kurzen Visiten in das medizinische Berlin der Jahre 1810 bis 1930 werden Persönlichkeiten, Ereignisse und Diskussionen vorgestellt, die der modernen Medizin Impulse gaben. Der kundige Leser wird alte Bekannte wie Rudolf Virchow, Robert Koch oder den Philosophen Hegel in ungewohnter Umgebung treffen. Man kann aber auch fast vergessenen Größen wie Schönlein, Hirschfeld, Rudolphi oder Horn begegnen, mit dem Ehepaar Vogt ein neues Karrieremodell kennen lernen und über die populären Bildwelten Fritz Kahns staunen. Nicht nur Freunde der Medizingeschichte sind zu diesen Visiten eingeladen, sondern auch an der Berliner Kultur interessierte Ärzte und Patienten.
Diese kollektivbiographische Studie behandelt Aspekte der Frauen- und Geschlechterforschung, Sozialgeschichte, Emigrationsforschung und NS-Geschichte und dient zudem als Nachschlagewerk mit zahlreichen Tabellen und einem Lexikon mit 850 Kurzbiographien. Sie beschreibt die Geschichte von nahezu 800 Frauen, die sich bis 1918 in Deutschland als Ärztinnen qualifizierten, und verfolgt ihre Lebenswege vom Kaiserreich bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Diese Frauen waren in einer Gesellschaft, die bürgerlichen Frauen nur die Rolle der Ehefrau und Mutter zuschrieb, zunächst eine kleine Minderheit. Als Außenseiterinnen und Protagonistinnen der Emanzipation navigierten sie die Widersprüche zwischen Berufs- und Frauenrolle. 1933 zerbrach diese Generation, viele der frühen Ärztinnen wurden Opfer des NS-Systems, einige wurden Mittäterinnen, während andere versuchten, sich anzupassen. Der erste Teil des Buches präsentiert in mehreren chronologisch abgestimmten Essays den Weg dieser ersten deutschen Ärztinnengeneration durch fünf Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. Der zweite Teil fasst die wichtigsten Sozial-, Ausbildungs- und Berufsdaten der frühen Ärztinnen tabellarisch zusammen. Der dritte Teil besteht aus einem Lexikon mit 850 Kurzbiographien.
Die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert stellt eine krankenhausgeschichtlich bedeutende Entwicklungsphase dar, für die aber patientenorientierte Studien kaum greifbar sind. Die Untersuchung des Juliusspitals, das um 1820 als Geburtsstätte der modernen klinischen Methode in Deutschland galt, und seiner Patienten kommt daher besondere Bedeutung zu. Wer waren die Patienten? Mit welchen Beschwerden kamen sie? Selektierte das Krankenhaus bestimmte soziale Gruppen und schloß es Kranke von der Behandlung aus? Konnten die Patienten überhaupt Heilung erwarten? Diesen und anderen Fragen wird umfassend nachgegangen.
Die zweite, erweiterte Auflage behandelt das Thema Medizin unter dem Nationalsozialismus und ist heute relevanter denn je. Das Interesse unter Ärzten an der jüngeren Vergangenheit und die Bereitschaft zur unvoreingenommenen Auseinandersetzung sind gestiegen. Im Vergleich zur ersten Auflage, die bereits große Aufmerksamkeit erhielt, wurde die neue Auflage durch aktuelle Forschungsergebnisse und neue Bilddokumente erheblich erweitert. Neu hinzugekommen sind Beiträge über das Medizinstudium, die medizinische Publizistik am Beispiel des J. F. Lehmanns-Verlages, den Alltag der medizinischen Versorgung in Stuttgart sowie der Ärztinnenbund im Nationalsozialismus. Zudem enthält die Auflage einen Vortrag von R. Toellner, der die Rolle der Ärzte im Dritten Reich bewertet. Eine Analyse der Leserbriefe an das Deutsche Ärzteblatt beleuchtet die innerärztliche Diskussion, die durch die erste Auflage und Toellners Rede angestoßen wurde. Das Buch vermittelt einen Eindruck von der Ideologie und der Realität der Medizin zur Zeit des Nationalsozialismus und basiert auf dem neuesten Stand der medizinhistorischen Forschung. Rezensionen loben das Werk als exzellent und empfehlen es allen deutschen Ärzten und Medizinstudenten zur Auseinandersetzung mit den Untaten der damaligen Zeit.
Untersuchung der historischen, gesellschaftlichen und politischen Bedingungen von Kriegskrankenpflege und Medizin im 19. und 20. Jahrhundert. Enthalten sind Daten über europäische Kriege und Kriegsverluste, Beiträge zur Instrumentalisisierung der Gesundheitsberufe zu einem Faktor militärischer Strategie vor dem Hintergrund der Bewegung "Ärzte gegen den Atomkrieg" und Positionen zur Frage nach der Existenz einer "friedfertigen Medizin."