'O es wär eine Freude, so eines Mannes Freund zu sein.' Friedrich Hölderlin Schubart, Christian Daniel Friedrich Schubart. Populärer Volksdichter, streitbarer Journalist und unbürgerlicher Aufklärer. Und zu Unrecht vergessen. Christian Friedrich Daniel Schubart, geboren 1739, gestorben 1791: ein virtuoser Orgelspieler, ein genialer Stegreifdichter, vor allem aber ein großer Journalist. Sein 'Volkston' ist keine Volkstümlichkeit von oben herab, sondern eine Verweigerung von arroganter Distanz. Schubart will die Provinz, das flache Land, die bildungsärmeren Schichten für den sich anbahnenden politischen, künstlerischen und wissenschaftlichen Aufbruch öffnen. Seine Deutsche Chronik wird von Schiller und Hölderlin ebenso gelesen wie von Wirten, Friseuren, Bauern, Handwerksburschen und Bedienten. Für die Pressefreiheiten, die er sich herausnahm, büßte er mit einer zehnjährigen Haft ohne Anklage und Urteil. Danach blieben ihm nur noch vier Jahre. Das hat die Biographie des Mannes vom Hohenasperg vor sein Werk geschoben. Das Buch von Bernd Jürgen Warneken führt beides wieder zusammen: Sie zeigt einen eigensinnigen Aufklärer, der die bürgerliche Emanzipation mit 'Wucht und Wärme' (Hermann Hesse) vorantreibt, das bürgerliche Habitusideal jedoch bewusst verfehlt. Resigniert schrieb in seinem Todesjahr die Zensurbehörde, der Schubarts 'freie Schreibart' von Anfang an missfallen hat: 'Allein - sein Ton gefiel dem Publico.'
Bernd Jürgen Warneken Livres






»Mein 68 begann 65« ist das Buch eines Tübinger Zeitzeugen – und aber auch das eines Tübinger Kulturwissenschaftlers. Es verbindet einen autobiografischen, einen lokalhistorischen und einen zeitgeschichtlichen Zugang zu den Umbruchjahren, die Tübingen und seine Alma Mater erschütterten – und belebten. Nicht nur durch eine Welle von Go-ins in der Universität und Protestkundgebungen in der Stadt, die dort gerne mit dem Ruf »schaffa statt demonstriera!« gekontert wurden. Sondern auch durch eine Lust am Diskutieren, Lesen und Schreiben sowie die große Hoffnung auf eine ganz andere, neue, gesellschaftsbezogene und gesellschaftskritische Wissenschaft. Bernd Jürgen Warneken sucht für seine Vergegenwärtigung der 68er-Revolte die Vorteile der Zeugenschaft zu nutzen und gleichzeitig deren Tücken zu kontrollieren: Er stützt sich außer auf sein Gedächtnis auf persönliche Dokumente, auf Drucksachen und Materialien aus der und über die Studentenbewegung sowie auf Gespräche mit anderen Beteiligten. Und er zeigt dabei, dass »1968« lange vorher schon begann und danach noch lange weiterwirkte – auch und gerade in Tübingen ...
Fraternité!
Schöne Augenblicke in der europäischen Geschichte
Bernd Jürgen Warneken vergegenwärtigt drei Augenblicke der Verschwisterung und Solidarisierung in der europäischen Geschichte: das französische Föderationsfest 1790, die Gründung der Sozialistischen Internationale 1889 und ein Schlüsselereignis der Immigrationsgeschichte: die „wilden Streiks“ von AusländerInnen und Deutschen im August 1973. Das französische Föderationsfest vom 14. Juli 1790, der Gründungskongress der Sozialistischen Internationale im Juli 1889 und die „wilden Streiks“ von AusländerInnen und Deutschen im August 1973. Diese drei Ereignisse stehen jeweils für den Anfang eines großen emanzipatorischen Projekts: der nationalen Einigung auf der Grundlage bürgerlicher Freiheit und Gleichheit, der Überwindung nationaler Klassensolidarität durch internationale Arbeiter- und Völkersolidarität und der sozialen Anerkennung und politischen Gleichstellung von Zuwanderern in der heutigen Einwanderungsgesellschaft. Der Kulturwissenschaftler Bernd Jürgen Warneken vergegenwärtigt diese „schönen Augenblicke“ in dichten Beschreibungen. Er arbeitet ihre Widersprüche und Grenzen heraus, aber auch ihren innovativen Gehalt und ihre produktiven Folgen. Ein bewusst antizyklisches Buch, das den Aufbruch in ein Europa der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in Erinnerung ruft und ihm Tribut zollt.
Populare Kultur
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Bernd Jürgen Warneken hat einen ganz eigenen Ton in die Geschichte der Alltagskultur eingebracht. Seine Texte in diesem Buch reichen von der bürgerlichen Entdeckung und Formierung des Gehens im 18. Jahrhundert bis zu den Massenbewegungen im Umbruch der DDR seit 1989. Prägnante mikrologische Miniaturen leuchten mit genauem Blick auf Körper und Gangarten, auf Symbole, Stimmungen und Redeformen das Feld der popularen Kultur aus und stellen es in sozialhistorische Kontexte. Das ergibt eine »andere« Kulturgeschichte – ohne falsche Romantisierung des »Volkes«, mit Gespür für Vielschichtigkeit, Ambivalenzen und Übergänge, dabei stets bestimmt vom Wissen um Macht und Ohnmacht, Gewalt und Erleiden, soziale Hierarchien und die Sehnsucht nach einem besseren Leben.
Mehr als nur Empathie, auch Sympathie prägte weithin die Beziehung der volkskundlichen Kulturwissenschaft zu den sozialen Unterschichten. Dies war der Ausgangspunkt eines Symposions, das sich der vielfältigen Problematik bürgerlicher und intellektueller „Volksfreundschaft“ mithilfe einer Modellsammlung näherte. Sie enthält den fürsorglichen Mafioso ebenso wie den autoritären Arbeiterführer, den Kunsterzieher wie den Armenpriester; sie umfasst karikative und radikale, sozialistische und marktwirtschaftliche, paternalistische und kooperative Varianten und sucht dabei nach brauchbaren Formen sozialen Engagements – nicht nur, aber auch der Wissenschaft.
Ein unaufgeregter Beitrag zur Integrationsdebatte: Anhand von biographischen Interviews erkundet dieses Buch persönliche Beziehungen zwischen türkischstämmigen Zuwanderern und Deutschen. Haben Angehörige der zweiten Migrantengeneration eigentlich viele deutsche Freunde und Freundinnen? Welche Erfahrungen machen sie mit deutschen Kollegen und Nachbarn? Wo streitet, wo hilft man sich, was lernt man voneinander? Auf solche Fragen antworten zahlreiche Porträts und mehrere Themenbeiträge.
Fehlalarm
Y2K und andere Apokalypsen. Begleitband zur Ausstellung im Tübinger Schloss vom 1. Dezember 2000 bis 14. Januar 2001
Den Vorbereitungen auf physische und metaphysische Fährnisse der “Jahrtausendwende” folgte kaum eine Nachbereitung. Dabei blieben durchaus einige Fragen offen, zum Beispiel: Wer hat eigentlich wem vor dem 1.1.2000 einen Hang zur Endzeitstimmung attestiert, und wozu dienten solche Zuschreibungen? Hätten die Befürchtungen vor dem Computercrash 2000 und die christliche Apokalyptik etwas miteinander zu tun? Und was sagt uns das große Schweigen post non-eventum?