Das Buch [...] ist eine sehr klare, sehr kluge und sachliche Beschreibung der
neurechten Pläne, ihrer historischen Vorbilder und internationalen
Verknüpfungen. Margaretha Kopeinig, 03.2018
Der rheinische Jude, Revolutionär und Frühzionist Moses Hess (1812-1875) wurde zu Unrecht vergessen. Er gehörte zu den Gründern der Kölner Sozialdemokratie und war ihr erster Vorsitzender. Als leidenschaftlicher Intellektueller zählte er zu den wichtigsten Publizisten des deutschen Vormärz, fungierte als Vermittler französischer Theorie und organisierte die frühe Arbeiterbewegung mit. Berüchtigt waren seine Freund- und Feindschaften mit Karl Marx und Friedrich Engels, denen er den Weg in das radikale Denken wies. In Begleitung seiner Frau Sybille Pesch, einer einfachen Kölnerin, ständig auf der Flucht vor den Behörden, war er ein unermüdlicher Agitator. Einerseits war er ein typischer Vertreter des deutschen Judentums seiner Generation, das sich vollständig in der Gesellschaft zu assimilieren trachtete, andererseits thematisierte er als einer der Ersten die Judenfeindschaft auch der eigenen Umgebung. Am Ende seines Lebens entwickelte er die Vision eines jüdischen Staates als Musterdemokratie, in der er sozialistische und messianische Elemente vermischte. Spuren seines Werkes führen bis zu Walter Benjamin und Ernst Bloch. Mit diesem Buch gibt uns Volker Weiß Einblick in das Leben und Denken dieses außergewöhnlichen Autors.
Die Reihe "GEGEN//ÜBER Debatten zur Gegenwart" entstand aus dem Bestreben, aktuelle politisch-gesellschaftliche Themen in das künstlerische Programm Berlins zu integrieren. Initiiert von Vertretern des Literarischen Colloquiums Berlin, der Jungle World und dem ausland, bietet sie Plattformen für aufschlussreiche Vorträge und Gespräche. Zwei Autoren pro Themenabend beleuchten verschiedene Aspekte der Gegenwart, was zu fruchtbaren Diskussionen und einem analytischen Blick auf die Welt führt.
Arthur Moeller van den Bruck und der Wandel des Konservatismus
548pages
20 heures de lecture
Das Leben und Werk Moeller van den Brucks (18761925) sind in den letzten Jahrzehnten in Vergessenheit geraten, dabei war der Kulturkritiker eine der Schlüsselfiguren im Radikalisierungsprozess des deutschen Nationalismus. Moeller van den Bruck, Bohemien und Faschist. Als Kunsttheoretiker nahm er regen Anteil an der Avantgarde des Kaiserreichs und der Weimarer Republik, als Autor des Buchs »Das dritte Reich« entwarf er die Programmatik der »Konservativen Revolution« und bereitete so den Weg für den Aufstieg der NSDAP. Wie kaum ein anderer steht er für eine »alternative Moderne von rechts«, die sich jenseits einer liberal-fortschrittlichen Demokratisierung entwickelte. Dem Leben und Werk dieses Schriftstellers, der Autoren wie Oswald Spengler, Hans Grimm und Carl Schmitt beeinflusste, wird mit dieser Arbeit erstmals vollständig Rechnung getragen. Sie bietet eine umfassende Einbettung des Autors in den ästhetischen und politischen Diskurs seiner Zeit und zeichnet durch die Auswertung bislang unbekannter Archivquellen ein völlig neues Bild von der Rezeption Moeller van den Brucks während der Zeit des Nationalsozialismus.
Die Forderung nach »Elite« hat Konjunktur. Dabei wohnt der Debatte die Tendenz inne, vom Bestehen gesellschaftlicher Funktionseliten auf die Existenz einer generell höher begabten Menschengruppe zu schließen. Die Befähigung zur »Elite« wird schließlich auf die biologische Disposition einer privilegierten Gruppe zurückgeführt: ihre »Rasse«, vererbte Intelligenz oder genetische Veranlagung. Volker Weiß analysiert, wie sich das Bedürfnis nach Abgrenzung einer Elite in Deutschlands jüngerer Vergangenheit äußerte: von Ortega y Gasset und Friedrich Sieburg über Botho Strauß bis hin zu Peter Sloterdijk und Thilo Sarrazin. Er weist nach, dass dieses Bedürfnis nach »Elite« in direkter Tradition der republikfeindlichen Theoretiker der Weimarer Zeit steht und heute von einer »neuen« Rechten befeuert wird, der an einer konservativen Revolution gelegen ist. Ihr Ziel ist die Revision gesellschaftlicher Liberalisierungen seit dem Ende der sechziger Jahre. Neu ist, dass sich diese Strömung nicht nur mit dem Gestus der Opfer und Tabubrecher präsentiert, sondern dass sie mit dieser Strategie Erfolg hat.
Zur Kritik der medizinischen Konstruktion der Transsexualität
424pages
15 heures de lecture
Der Wille zur Geschlechtsumwandlung ist eine gesellschaftliche Realität. Menschen, die sich im falschen Körper fühlen, suchen Lösungen, und sowohl Mediziner als auch Patienten betrachten dies als Fortschritt. Diese Einigkeit wirft Fragen auf: Wie kam es dazu, dass Ärzte Transsexuellen helfen? Ende des 19. Jahrhunderts sahen Psychiater den Wunsch, das andere Geschlecht zu sein, als Wahnvorstellung an. Erst als Geschlechtswechsel ansatzweise möglich wurde, begann dieses Konstrukt zu wanken. Es folgte eine Phase des medizinischen Experimentierens. Die These des Buches besagt, dass nicht eine eindeutige Diagnose zur Therapie führte, sondern das Zusammenspiel von Therapiemöglichkeiten, Patientenwünschen und medizinischen Interessen. Dies führte zur Konstruktion der Diagnose „transsexuell“. Weiß legt die Wurzeln der Selbstdiagnose „Transsexualität“ offen und fokussiert auf die Suche nach Ursachen. Diese Suche nach angeborenen oder frühkindlichen Faktoren war eine notwendige Strategie zur Legitimation medizinischer Geschlechtsumwandlungen, die in einer Gesellschaft als fortschrittlich gelten und nur die Kategorien männlich oder weiblich akzeptieren.