Hans-Heiner Kühne Livres






Um den Regensburger Kriminologen Klaus Rolinski zu ehren, haben 30 renommierte Wissenschaftler aus den Bereichen Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie zu einer Festschrift beigetragen. Dabei haben sie Stellung genommen zu aktuellen Fragen ihrer jeweiligen Fachgebiete. Die Autoren zollen damit zugleich einem Verständnis der Kriminologie Tribut, welche gleichsam als kriminalpolitische und sozialwissenschaftlich empirische Disziplin die Strafrechtswissenschaften durchdringt. Auf diese Weise werden auch rechtliche Probleme mit entschiedener Praxisrelevanz innerhalb und außerhalb ihres dogmatischen Kontextes abgehandelt. So geht es in der strafrechtlichen Abteilung u. a. um Embryonenschutz, Fahrtüchtigkeit und Methadon-Substitution oder die Grenzen des Steuergeheimnisses. In der strafprozessualen Abteilung finden sich Beiträge zum Verhältnis von Polizei und Strafprozessrecht, zum Zwischenverfahren oder zur Beweiswürdigung aus mathematischer Perspektive. Schließlich rundet der kriminologische Abschnitt, der von Kriminalprävention über Unrechtsbewusstsein bei Kindern, Wirtschaftskriminalität und Dunkelfeldforschung bis hin zur viktimologischen Fragestellung reicht, den Band ab.
Das Strafrecht, welches trotz mancher Veränderungen noch im ausgehenden 19. Jahrhundert wurzelt, sieht sich beim Übergang ins 21. Jahrhundert mit gesellschaftlichen Herausforderungen konfrontiert, die die Frage nach der Notwendigkeit einer grundlegenden Strukturveränderung aufwerfen. Rechtstatsächlich erleben wir eine Verschiebung der Strafrechtsanwendung. Während bis Mitte des 20. Jahrhunderts die Unterschicht weit überwiegend vom Strafrecht betroffen war, ist es heute vermehrt die Mittel- und Oberschicht, die im Rahmen der zunehmenden strafrechtlichen Kontrolle des Wirtschafts- und Geschäftsverkehrs ins Visier strafrechtlicher Ermittlungen gerät. Es wird im deutsch-japanischen Rechtsvergleich diskutiert, wie weit das überkommene Strafrecht mit diesem Wechsel vom Unter- zum Oberschichtsstrafrecht zurecht kommt, der auch moralische und rechtspolitische Aspekte neu beschreibt. Auf prozessualer Ebene geht mit dieser Entwicklung die mit der sozialen und fachlichen Kompetenz der Täter zunehmende Schwierigkeit der Ermittlungen einher. Kritisch wird das Bemühen der Praxis betrachtet, die Verfahrenseffizienz gegen prozessuale Individualrechtsgarantien auszuspielen.