It Could be Allergy and it Can be Cured
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Ein Philosoph der europäischen Moderne
Ernst Cassirer wird in diesem Buch als ein Denker vorgestellt, der geistig in der philosophischen Tradition wurzelt und sich gleichzeitig den Herausforderungen duch die europäische Moderne stellt: dem Festschreiben eines vor allem durch die Wissenschaften beglaubigten universalen Vernunftanspruchs auf der einen und der Anerkennung einer Vielfalt kultureller Welten auf der anderen Seite. Über die Analyse einiger Grundbegriffe des Cassirerschen Entwurfs einer „Philosophie der symbolischen Formen“ - in die auch die Werke aus dem Nachlass Cassirers miteinbezogen werden - versucht der Autor, die Spannungen sichtbar zu machen, die diesem Entwurf die Modernität geben und ihn offen machen für eine Weiterentwicklung. „Die Vielfalt der symbolischen Welten und die Einheit des Geistes“, „der Werkbegriff im Denken Cassirers“, „Ausdruck und symbolische Prägnanz“, „die ethische Dimension des symbolischen Handelns“, „das Denken der Renaissance und die Wurzeln der Moderne“, sind die Titel, unter denen - von einer bestimmten Seite aus - jeweils ein Blick auf das Ganze des Cassirerschen Denksn gewonnen werden soll. Dass dieses Ganze kein geschlossenes „System“ sein, sondern Wege zum Verstehen unserer geistigen und kulturellen SDituation freilegen will, zeigt der Autor in einer abschließenden Analyse, die auch die Bedeutung des Cassirerschen Entwurfs für die philosophische Diskussion der Gegenwart darzulegen versucht.
Rückfragen zu einigen Grundbegriffen
Die hier vorgelegten Ethischen Untersuchungen sind Versuche. Sie entwickeln einige Argumente und wollen einige Antworten finden, die eher die Schwierigkeiten einer umfassenden systematischen Ethik vor Augen führen als deren Entwurf fordern oder versprechen. Statt methodisch fortzuschreiten, werden Rückfragen gestellt: Rückfragen an einige grundlegende begriffliche Entscheidungen, die in der Tradition der praktischen Philosophie – jedenfalls dort, wo die Entwicklung einer normativen Ethik das Ziel war – unserem Denken einen Rahmen vorgegeben haben.
Sprechen und Denken – ein schwieriges Verhältnis. Wie formt die Sprache unser Denken, und was gewinnen und was verlieren wir dabei? Nicht alles Denken ist sprachliches Denken. Bilder und Klänge, Geräusche und Gefühle, Gesichter und Gebärden und vieles andere mehr: all dies taucht in unseren Vorstellungen auf und mischt sich in unser Denken ein. All diesem ist aber eines gemeinsam: Man kann es mit dem Mantel der Sprache umkleiden und es damit in eine Form, eine Form aus Wörtern, bringen. Durch diese Form können wir im Reich der Wörter Querverbindungen ziehen und Zusammenhänge stiften. Im Reich der Wörter kann das sprachliche Denken auf diese Weise Sinnverhältnisse gründen. Aber verblendet uns nicht auch der Wortzauber? Die Form, die wir in unserem Denken durch ihn gewinnen: Ist sie das Ereignis einer lebendigen Sinnentstehung in unserem Denken oder einer Sinnverödung in toten Formeln?
Die Frage nach dem Menschen ist in der philosophischen Tradition als Frage nach dem menschlichen Geist formuliert worden. Oswald Schwemmer nimmt diese Frage auf und rückt sie in eine kulturphilosophische Perspektive. Der Geist verbleit dann nicht mehr in einem idealen Reich reiner Gedanken, sondern wird zu einer historisch-kulturellen Realität, die sich in den vielfältogen Gestaltungen symbolischer Repräsentationen „materialisiert“. Die kulturellen Symbolismen sind in dieser Sicht nicht nur die äußeren Instrumente der geistigen Artikulation, sondern prägen unser geistiges Leben auch in seinem Innersten - bis hin zur „Innerlichkeit“ unseres Selstbewusstseins und unserer „Subjektivität“. Das Verständnis des Menschen in dierser seiner kulturellen Existenz eröffnet eine Perspektive, in der traditionelle Gegensätze in fruchtbare Spannung umgewandelt werden können. So lässt sich die Kontroverse zwischen einem natur- und einem geisteswissenschaftlichen Denken in das Programm einer interdisziplinären Untersuchung umformen, die sowohl die neuronalen Prozesse als auch die symbolischen Strukturen als Medien unserer geistigen Leistungen ansieht.
Zur Kritik einer Abgrenzung
Die Wissenschaften haben sich in eine Vielzahl von Disziplinen und Fragen aufgesplittert und dabei die Frage nach dem Ganzen unserer Erfahrung verabschiedet. Die Philosophie ihrerseits fragt zwar nach diesem Ganzen, aber meist nur innerhalb einer begrifflich konstruierten Eigenwelt. Ziel dieses Buches ist es, die Gemeinsamkeit dieser Frage für die Philosophie und die Wissenschaften wiederzuentdecken. Der Weg dazu führt über einen Begriff des Geistes, der unsere natürliche Verfassung ebenso ernst nimmt wie unsere kulturellen Existenzformen.
Zur Wissenschaftstheorie der Kulturwissenschaften
Im Unterschied zur Wissenschaftstheorie der Naturwissenschaften hat sich die wissenschaftstheoretische Diskussion der Kulturwissenschaften nicht zu einer eigenständigen philosophischen Disziplin entwickelt, sondern in vielfältige Argumentationen zu einzelnen Themen und Aspekten aufgeteilt. Zusammengehalten wird sie oft nur durch die Kontinuität ihrer Kontroversen. Oswald Schwemmers Untersuchungen zur Wissenschaftstheorie der Kulturwissenschaft versuchen denn auch nicht, eine Disziplin in systematischer Einheit vorzuführen, die es doch nicht gibt. Sie belassen diese Wissenschaftstheorie in deren bloß historischer Einheit – im Nachvollzug einer Kontroversen, denen sie sich verdankt, und im Anschluß an einige Probleme der Kulturwissenschaften selbst, an denen sich die Kontroversen entzündet haben und immer noch entzünden. Die Kontroversen, denen die vier Kapitel dieses Buches gewidmet sind, betreffen den – schematischen oder historischen – Handlungsbegriff, die Rolle von Korrelationen und Interpretationen in kulturwissenschaftlichen Erklärungen, die methodischen Regeln für eine kulturwissenschaftliche Empirie und die unterschiedlichen Grundverständnisse unserer Handlungs- und Lebenswirklichkeit überhaupt, um die die Handlungstheorie, die Lebenswelttheorie und die Systemtheorie konkurrieren. Dabei werden die Kontroversen nicht nur als Positions- oder Interpretationskämpfe dargeboten, sondern auch und vorab als ein Perspektivenwechsel, durch den die verschiedenen Seiten eines Problems in den Blick geraten – und insgesamt eine durchaus neue Sicht eröffnet werden kann.
Eine neurobiologische Herausforderung und eine philosophische Antwort
Eine medientheoretische Grundlegung
Die Grundlegung von Oswald Schwemmer etabliert Kulturphilosophie als systematisch organisierte Disziplin und bietet einen Ansatz für empirische Forschungen zu den geistigen Verhältnissen der Menschen. Angesichts der historischen Kontingenz und Vielfalt der Kulturen konzentriert sich die Darstellung auf die bildlichen und begrifflichen Medien, die die menschliche Artikulation und Sinnbildung prägen. Das Werk richtet sich auch an Leser, die sich in den oft verwirrenden philosophischen Diskussionen noch nicht auskennen. Es bietet eine Orientierung durch die Begriffskette Artikulation und Medium – Medium und Symbol – Symbol und Form – Form und Sinn – Sinn und Bild – Bild und Begriff – Begriff und Kultur, die die Kapitel thematisch verbindet. Die Titelbegriffe repräsentieren die Themenfelder der jeweiligen Kapitel, und diese Fokussierung ermöglicht es, in Exkursen auch Um- oder Seitenwege zu erkunden. Die gedanklichen Wege führen schließlich zurück zum Ausgangsbegriff Kultur, was zeigt, dass das Ende auch als neuer Anfang zur Fortsetzung eines medientheoretisch orientierten Projekts der Kulturphilosophie gelesen werden kann.
Mensch und Kommunikationstechniken
Die neuen Medien, Telekommunikation und Computer, verändern in atemberaubendem Tempo unsere Welt - die äußere wie die innere. Produktion und Verteilung von Wissen, seine Speicherung und Nutzung werden ebenso augenfällig revolutioniert wie die bisherigen Formen der Kommunikation. Radikal ändern sich Gebrauch und Einschätzung menschlichen Erkennens - und damit auch die Bedingungen des Wahrnehmens, Fühlens und Wertens. Inwieweit, so läßt sich fragen, schaffen die neuen Kommunikationstechnologien - gegenüber der durch Mündlichkeit, Schriftlichkeit und Buchdruck bestimmten Tradition - eine eigene Kultur und Lebenswelt und einen neuen Menschen. Daß seit den Anfängen der Gattungsgeschichte unser Denken und unsere Wirklichkeit immer schon symbolisch-medial vermittelt sind und daß es sich dabei um historisch-kontingente soziale Konstruktionen handelt, ist eine These, die in der gegenwärtigen philosophischen und grundlagen-theoretischen Diskussion zunehmend an Profil gewinnt. Freilich wird besagte Konstruktivität oftmals auf sprachliche und kognitive Strukturen beschränkt. Eine „Anthropologie der Medien“ hat jedoch die Aufgabe, auch andere - z. B. ästhetische und ethische, emotive und volitive - Strukturen der Medialität zu berücksichtigen und das menschliche Dasein grundsätzlich auch in seiner konkreten Vielfalt als medienabhängig zu begreifen.