Trotz seiner Beschränkung auf Recht, Staat und Verwaltung spiegelt der Band etwas von der Vielfalt der gegenwärtigen Forschung zur älteren indischen Geschichte wider. Dem hinduistischen Indien fehlt ja die indigene Historiographie. Das Gerüst aus Fakten und Ideen hat man aus disparaten Quellen zusammenzusetzen - und für lange Perioden, für ganze Regionen fehlen auch die. Man ist auf beiläufige Erwähnungen, auf Rituale, Sprachgeschichte, Dialektgeographie angewiesen. Deutlich später setzt der breite Strom der mit grossem Prestige ausgestatteten Rechts- oder Moralliteratur ein, der - wiederum beiläufig - ein in seinen Grundzügen kohärentes Bild vom Königtum, von Recht und Staat vermittelt. Dessen Realität ist jedoch immer wieder in Zweifel gezogen worden - nicht zuletzt durch die Texte selbst. Obwohl sie sich normierend geben, reden sie gelegentlich der Pluralität, den Lokaltraditionen das Wort. Die seit dem Mittelalter reichlicher fließenden inschriftlichen Quellen zeigen dann auch regional unterschiedliche Systeme - kaum verwunderlich angesichts der Ausdehnung und kulturellen Vielfalt des Subkontinents. Dazu kommen Partikularrechte einzelner religiöser Gruppen, únd die Akkulturation durch den sich ausbreitenden Hinduismus in mannigfachen Mischformen. All das dokumentiert den mühseligen Prozeß der Auseinandersetzung zwischen „Lokalbrauch“ und der Begrifflichkeit der Orthodoxie.
Bernhard Kölver Livres






Constructing pagodas according to traditional Nepalese drawings
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Schwerpunktthema des Bandes ist das Verhältnis zwischen den Regionaltraditionen und der übergreifenden Großen Tradition (Schlagwörter: Sanskrit und Sanskritisierung), welches die Indologie seit etlichen Jahren beschäftigt, also letztlich die Frage nach der kulturellen Identität des Subkontinents. Sie an nepalischen Daten zu verfolgen ist aus verschiedenen Gründen lohnend: Im Unterschied zu Indien blieb Nepal muslimische Eroberung und Kolonialzeit erspart; seit schriftliche Quellen einsetzen, stand sein geistiger Mittelpunkt, das Tal von Kathmandu, unter hinduistischer Dominanz; die Hinduisierung hat die Vielzahl von Ethnien offenbar ganz unterschiedlich stark betroffen. Fast alle Beiträge sind aus der Feldarbeit erwachsen; Vertreter der verschiedenen Disziplinen und Forschungsansätze versuchen eine erste Sammlung und Sichtung der Evidenz. Inhaltsübersicht: B. Kölver: Der Staat und die Anderen; A. Höfer: Wieso hinduisieren die Tamang?; M. Oppitz: Die Trommel und das Buch. Jhãkri und Jainsi - eine kleine und die Große Tradition; S. Lienhard: Riten und Gebräuche der Newars bei Geburt, Menstruation und Tod; M. Witzel: Agnihotra-Rituale in Nepal; A. Michaels: Nepalesische balyogis und der deshantara-Ritus während der Initiation; G. Unbescheid: Göttliche Könige und königliche Götter; R. Herdick: Neue Kulte in Kirtipur; N. Gutschow: Die Kuppelbauten des 19. Jh. im Kathmandu-Tal; G.-M. Wegner: Anruf der Alten Götter. Notation und Analyse einer newarischen Trommelkomposition; W. Haffner: Von der angepaßten Nutzung zur Übernutzung des Naturpotentials - Das Beispiel Gorkha; P. Pohle: Landschaftsnutzung und Landschaftsschäden - Fallbeispiel Gorkha; U. Müller: Die Übernutzung der natürlichen Ressourcen in Gorkha. Soziale und ökonomische Ursachen; M. Kretschmar: Volkserzählungen aus Mustang; R. Bielmeier: Zur Stellung des Dialekts von Mustang in Nepal; W. Winter: Aus der Arbeit des Linguistic Survey Nepal.