Für Krahl
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Broschierte Ausgabe von 1973, Merve Verlag, 70 Seiten. - Helmut Reinicke: Für Krahl. Internationale Marxistische Diskussion 37.






Broschierte Ausgabe von 1973, Merve Verlag, 70 Seiten. - Helmut Reinicke: Für Krahl. Internationale Marxistische Diskussion 37.
„Ein Knastbuch mit alltagsphilosophischem Blick. B. Traven läßt grüßen. Wer sich drauf einlassen kann, wird viel Neues sehen!“ Junge Welt Verdammtes Mexiko! – Im Sommer 1995 verbringt Helmut Reinicke wegen angeblichen Waffenschmuggels einige Wochen im Hochsicherheitstrakt von Tijuana. In einem Tagebuch hält er die Brutalität des Gefängnisalltags ebenso fest wie die kleinen Knastgeschichten, in denen Drogendealer, Huren, Pistoleros und politische Gefangene die Hauptrollen spielen. Berührt und fasziniert von den Erlebnissen seiner Zellengenossen, nimmt er heimlich ihre Lebensgeschichten auf einem Walkman auf und schmuggelt sie aus dem Gefängnis. Im Licht dieser Geschichten erscheint ein Bild von Mexiko, das nicht mit der offiziellen Darstellung des Demokratisierungsprozesses in Übereinstimmung zu bringen ist. Das Bild einer Gesellschaft, die von Korruption durchsetzt ist, in der der Staat als größter Drogenhändler gilt und gesellschaftliche Anerkennung für den Einzelnen nur über eine machtvolle Position im Drogengeschäft erlangt werden kann. In diesem Klima der - strukturellen- Gewalt verliert das bürgerliche Recht seine Legitimation und der Begriff des Humanismus muß neu definiert werden.
Philosophische Attacken
In der Theorie hat sich nach den Hoffnungen des »Spätkapitalismus« eine fade Positivität breitgemacht, die die Arbeit des Begriffs ersetzt. Diese Anpassung zeigt sich in der »reflexiven Moderne«, die zur Selbstzufriedenheit anregt. Auch die Philosophie hat sich dem Überfluss des Denkens entzogen und bietet sich als ethische Lebenshilfe für verschiedene Industrien an. Die »Kryptogramme der Macht« kritisieren diese Selbstgefälligkeit, indem sie auf die Totalität der Bilderwelt hinweisen, die historische Erkenntnis behindert. Die Zerlegbarkeit von Geschichte verwandelt soziale Ereignisse in austauschbare digitale Quantitäten, wodurch das erkennende Subjekt vor sich selbst flieht. Diese Flucht erzeugt Ängste, die nach Halt suchen, möglicherweise durch Gewalt. Wenn eine Gesellschaft große Teile der Bevölkerung durch Arbeitslosigkeit marginalisiert und Sexualität in Gewalt umschlägt, wird die Kultur in ihrer Reproduktionsstruktur getroffen. Die Auslagerung Arbeitsloser als sozialer Ballast erfordert immense Werteproduktion für eine vermeintlich »heile« Welt. Die Gewalt von Technik und Kommunikation signalisiert das Ende der bürgerlichen Gesellschaft. Helmut Reinickes Analysen zielen auf die dunklen Stellen des modernen Bewusstseins, decken Heteronome in der Philosophiegeschichte auf und beleuchten das Wohlbefinden in der Knechtschaft sowie die Ästhetisierung der Herrschaft. Sein Durchstreifen subgeschichtlicher Terrains greift an, v
Der Zeppelin löste in Deutschland eine explosive Technikbegeisterung aus. Er wurde mit technischem Fortschritt und zumal mit „Kulturentwicklung“ gleichgesetzt. Die „Zeitwende“ artikulierte sich massenbegeistert im „Lied der Deutschen“. Und dann das nationale Unglück am 5. August 1908: Echterdingen, die Explosion des „Z3“. Dem „nationalen Festtag“ folgt ein „Tag der nationalen Trauer“. Doch der Zeppelin erweist sich als materiell-symbolischer Identifikationsapparat. Die „Zeppelinspende“ bringt dem Grafen 6 Millionen Mark. Es war ein Fest des Opferns. Über das „nationale Unglück“ und den Opfergang konstituiert sich die Nation. Der Graf wurde „Volksgenosse“. Der Zeppelinkonzern entsteht. Der Zeppelin wird zum herrschenden Symbol einer die bloße Technikbegeisterung subsumierenden Imperialität: eines „Feldzuges zur Eroberung der Lüfte“. Die Eroberung des Luftreiches belegt exemplarisch Macht- und Herrschaftsstrategien der Konstitution und Okkupation von Räumen.