Northwest Germany in Northeast America
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Auf die Frage, wann die ersten Auswanderer deutscher Abkunft in Amerika landeten, gibt diese sozialgeschichtliche Studie eine Antwort. Nicht erst 1683 auf der »Concord«, sondern bereits 1607 waren deutsche Bauhandwerker Passagiere auf der »Discovery« und »Good Speed«. Sie bauten in Jamestown, Virginia, Häuser für die Engländer und auch für die Indianer. Und weil sie mit diesen offensichtlich besser auskamen, belegte sie der englische Kapitän John Smith mit dem Fluch »Those Damn' Dutch«. Diese und andere Berichte belegen, daß lange vor der Gründung Germantowns und Philadelphias in Pennsylvania, von Virginia bis Maine junge Deutsche schon im 17. Jahrhundert als Siedler Nordamerikas auftraten. Autor: Prof. em. Christian Gellinek lehrte in Yale, forschte am angesehenen Institut für Vergleichende Städtegeschichte in Münster 1987 bis 1995. Er hat vielfach zur holländisch-deutschen Kulturgeschichte veröffentlicht.
Germans Settling North America
Zwei Drittel der von Deutschen gegründeten Orte tragen „norddeutsche“, ein Drittel „süddeutsche“ Namen. Dies entspricht punktuell, wenn auch nicht linear, dem deutschen Städtegründungsmuster, wie es in den Deutschen Städtebüchern beobachtet wurde. Da in Kanada der Föderalismus weniger stark als in den Vereinigten Staaten ausgeprägt ist, sind die Gemeinsamkeiten mit Deutschland schwächer ausgeprägt als in den USA. Dennoch führen auch dort Gründungesstrukturen in die Bewußtseinsgeographie („perceptual geography“) hinüber. Nach USA kamen die deutschen Gründungssettler als „Kohorten“, nach Kanada landsmannschaftlich loser zusammenhängend. Die Tendenz, etwas deutscher geblieben zu sein, stieß in den USA, wo 23% der Weißen teil-deutscher Herkunft sind, auf ein wenig mehr Toleranzbereitschaft als in Kanada, wo nur 11% der weißen Kanadier deutsche Vorfahren vorweisen könnten. Daher waren im „fremderen“ Kanada größere Anpassungsanstrengungen vonnöten als in USA, wo die Integration der 7 Millionen deutscher Einwanderer langsamer vonstatten ging. Diese Forschung liegt seit 1914 mehr oder weniger brach. Erst jetzt kann sie sine ira et studio wieder aufgenommen werden.
Christian Gellinek, 1930 geboren in Potsdam, lebte, lehrte und publizierte viele Jahre in den Vereinigten Staaten und Deutschland. Nach einer US-Erhebung zählte er 1987 zu den 24 deutsch-amerikanischen Professoren-Poeten. Von seinen literarischen Arbeiten ist im agenda Verlag erschienen die autobiografische Novelle: Der Bischof von Münster (2004). Mit der kleinen lebensbegleitenden Sammlung von Liedern und Gedichten entstanden zwischen 1961 und 2011 nimmt der Autor Abschied von der Poesie. Im Gefolge von Horaz soll sie herzerfrischend und nützlich wirken.
Die Hauptstadtlosigkeit Deutschlands geht mit einer uns eigenen Bundesordnung Hand in Hand, die sich in verschiedenen Epochen auf zentrale Orte, bestimmte Burgen und dem Reiche zugewandte Klöster verteilt in größeren oder kleineren Territorien von Süden und Südwesten ab der Donau bis zur Wiedau, und manchmal nur bis zur Eider. Sie erstreckt sich in nördlicher Richtung, und auch vom Rhein bis zur Oder in östlicher. In dieser Wissensstudie wird die Bundesordnung als mittragendes Element der deutschen Geschichte in ihrer politischen Entwicklung vorgeführt. Die regulären Königswahlen fanden in Frankfurt am Main, die Krönungen ursprünglich in Aachen statt. Manche Orte wandten sich zeitweise dem Deutschen Reich zu, manche für immer von ihm ab. Die bündische Bestimmung wurde auf dem Wiener Kongress von Österreich, Russland, England, Preußen und endlich auch Frankreich durch Talleyrand durchgesetzt. Diese Grundlage erfüllte sich erst im Bonner Grundgesetz.
Essays über die politische Sprache
Christian Gellinek überprüft in seinem Buch die Behauptung des jungen Jacob Grimm, dass Dichtung und Recht letztlich aus einer Quelle fließen ( Von der Poesie im Recht , 1816). Anhand von altdeutscher, mittlerer und neuerer Poesie und Prosa bis zu Herman Grimms Essays und Günter Grass’ Lyrik sowie seiner Streitprosa analysiert er die deutsche Sprachlandschaft. Seine Essays über die politische Sprache zeigen Teile des deutschen Unterbewusstseins, das in der politischen Sprache unseres Unrechtsbewusstseins präsent geblieben ist und Wirkungen zeigt. Eigene Erinnerungsgedichte ergänzen die Schriften. Im Sinne Jacob Grimms stellt Gellinek fest: Prosa stuft die Poesie und diese formt Stufen zur Prosa.