Diese Studie diskutiert angesichts einer übergreifenden Krise der neuzeitlichen Wissenschaft angeschnittene Fragen am überschaubaren Beispiel des Philosophieunterrichts und untersucht dabei die zugelassenen Schulbücher sowie die normativen Vorgaben der Richtlinien der gymnasialen Oberstufe, der Kollegstufe NW und des Bielefelder Oberstufenkollegs.
Jürgen Kreft Livres






Kreft unternimmt in seinen Ausführungen in pointierter Form den Versuch, in der Tradition Hirschs, Ecos und Jannidis et al. der seit einigen Jahrzehnten literaturdidaktisch aus dem Blick geratenen Autorintention theoretisch nachzugehen und zu verdeutlichen, von welch grundlegender Bedeutung diese für Verstehens- und Bildungsprozesse ist. Die Praxisrelevanz dieser Positionierung steht außer Frage, denn Deutschlehrer(innen) sind der literaturdidaktischen Tabuisierung der Autorfrage nie wirklich gefolgt. Der Autor/die Autorin spielt in den unterrichtlichen Modellierungen in der Praxis oft immer noch eine zentrale Rolle. Allerdings geschieht dies hier nicht selten theoretisch verkürzt und damit unbefriedigend – ein Sachverhalt, der sich auch aus der Theorielücke erklären lässt, die die Literaturdidaktik hier gelassen hat. Das vorliegende Buch von Jürgen Kreft kann einen wesentlichen Beitrag leisten, diese Lücke zu schließen. Das Niveau des Textes ist ausgezeichnet, die Gedankenführung klar, die Lesbarkeit sehr gut. Das Buch wird seine Leser(innen) finden.
Die Lektüre klassischer Texte wie Lessings Emilia Galotti und Nathan der Weise stellt eine Herausforderung dar, da sie zeitlich und kulturell fern sind. Leser neigen oft dazu, die Texte an ihr eigenes Weltbild anzupassen, wodurch sie den eigentlichen Herausforderungen entgehen. In Schulen und Hochschulen, die als Lernorte fungieren sollten, bleibt das Potenzial zur Auseinandersetzung mit diesen Klassikern oft ungenutzt. Kritisch interpretierende Kommentare, die den Text detailliert analysieren und gleichzeitig das Gesamtwerk im Blick behalten, können helfen, die Herausforderungen der Texte zu aktivieren. Bisherige Kommentare zu Lessings Dramen waren oft praktisch orientiert, jedoch fehlten tiefere, interpretierende Ansätze, die verschiedene plausible Lesarten diskutieren und Missverständnisse in der Forschung korrigieren. Diese Korrekturen sind in den Anhängen ausführlich dargelegt. Besonders hervorzuheben ist der methodische Ansatz der intentionalistischen Interpretation, bei der die Bedeutung der Texte durch die Intention des Autors bestimmt wird. Diese Methode ermöglicht es dem Leser, das Lesen zu lernen und die Einsichten des Textes in Welt und Leben zu erkennen, anstatt eigene Vorurteile und Missverständnisse zu projizieren.
Aufsätze zum Deutschunterricht und zur Literaturdidaktik
- 232pages
- 9 heures de lecture
Die hier wieder veröffentlichten Aufsätze dokumentieren wesentliche Themen der Deutsch- und Literaturdidaktik, die in den letzten vier Jahrzehnten aktuell waren und es noch sind. Sie dokumentieren andererseits die Entwicklung einer Konzeption eines anderen Deutschunterrichts. Diese verwirft traditionelle Auffassungen des Deutschunterrichts als eines verkleinerten Abbilds von Fachwissenschaften und setzt ihnen ein Verständnis des Deutschunterrichts als eines praktisch-kommunikativen Unterrichts entgegen. Dieser bezieht sich vielfältig auf die sprachliche Lebenspraxis und die in ihr enthaltene und sie thematisierende Literatur. Im Gegensatz zu heute mit dem Zentralabitur wieder erneuerten Konzeptionen wird die Produktion literarischer Texte bis ins Abitur gefordert und begründet.
Theorie und Praxis der intentionalistischen Interpretation
Brecht – Lessing – Max Brod – Werner Jansen
- 462pages
- 17 heures de lecture
«Im Auslegen seid frisch und munter! Legt ihr’s nicht aus, so legt was unter!» Taub gegen Goethes Ironie ersetzt man die zu jedem Text gehörige Intention des Autors (Sprechers) durch die eigene, einen neuen, vermeintlich interessanteren Text kreierend. Der New Criticism hatte – im Kampf gegen den Psychologismus – die Autorintention nicht als sprachpragmatische Kategorie, also als das mit dem Gesagten oder Geschriebenen Gemeinte (Searle, Grice) begreifen können, hatte sie vielmehr als innerseelisches Geschehen, Absicht, Plan mißverstanden und als fallacy verworfen. Mit Syndromen von Halbwahrheiten als Begründung haben die folgenden Mainstream-Ansätze die Verkennung der pragmatischen Dimension der Literatur perpetuiert und vom Wandel der Textbedeutungen gefaselt bis hin zu der alles Fremdverstehen negierenden These: «Sinnzuweisungen sind dezisionistische Akte der Rezipienten», wogegen hier die These der Autorintention als normative Instanz des Verstehens rational begründet wird.
