Bernd Fichtner Livres






Der Band enthält die Beiträge des inter-institutionellen Symposiums 'Kinder und Jugendliche im Blick qualitativer Forschung' der Universitäten Juiz de Fora und Siegen, das im August 2001 in Brasilien stattfand. Die Beiträge gliedern sich in fünf thematische Komplexe: Theorie und Methodologie, Kinder und Kindheit – Jugendliche und Jugend in zwei Kontinenten, Literalität als kulturelle Praxis von Kindern und Jugendlichen, Mathematik und ihre Aneignungsprozesse und schließlich Kinder und Jugendliche in extremen Situationen. Die Beiträger gehen mitunter ganz eigene Wege. Einige führen durch bekanntes, andere durch unsicheres, unvermessenes Gelände. Während sich die Qualitative Sozialforschung als gesichertes Topos in der Forschungslandschaft etabliert hat, sind es drei unterschiedliche, zum Teil gegensätzliche Paradigmen, die den Blick auf ein unbekanntes Terrain öffnen, und zwar Ethnografie, Phänomenologie und Kulturhistorische Schule. Der deutsch-brasilianische Dialog beleuchtet eine Forschungslandschaft, deren Vielfalt, Reichtum und Andersartigkeit überraschen. Diese Landschaft erschließt sich in einem Vergleich, der helfen kann, das Fremde und Unbegriffene in dem Allzu-Selbstverständlichen und Vertrauten der eigenen Praxis wahrzunehmen.
In der traditionellen Perspektive sind die Disziplinen der Psychologie, Erziehungswissenschaft und Schulpädagogik für „Lernen“ und „Lerntätigkeit“ zuständig. Diese Disziplinen streben eine präzise wissenschaftliche Erfassung der Realität an, die in ihren jeweiligen Kontexten als verstanden gilt. Die Lernpsychologie hat ein klares Verständnis vom Wesen des Lernens, während die Schulpädagogik weiß, was handlungsorientierter Unterricht bedeutet. Unbekannte Bereiche werden als Forschungsaufgaben betrachtet. Dieser Band widerspricht dieser Auffassung und zitiert Albert Einstein: Begriffe, die sich als nützlich erwiesen haben, erlangen oft eine Autorität, die sie als unveränderliche Gegebenheiten erscheinen lässt. Solche Irrtümer können den wissenschaftlichen Fortschritt behindern. Daher ist es wichtig, geläufige Begriffe zu analysieren, um ihre Autorität zu brechen. Der Band überschreitet Grenzen, indem er die Kulturhistorische Schule als philosophische und theoretische Meta-Ebene betrachtet. Auf dieser Ebene werden zwei methodologische Prinzipien untersucht: das historische Herangehen und das Erklärungsprinzip der Tätigkeit. Fragen zur Menschlichkeit des menschlichen Lernens und dessen historische Entwicklung werden aufgeworfen. Die empirischen Daten basieren auf bereits durchgeführten Studien der Einzelwissenschaften. Der Band hat sich zum Ziel gesetzt, die gegenwärtige Arbeitsteilung zwischen Psychologie, Erziehungswissenschaft