Nach der Euphorie: ein Stimmengewitter aus der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. Der Auftaktband der Verborgenen Chronik bot bereits eine beeindruckende Nahaufnahme des Ersten Weltkriegs, und nun wird das Großprojekt mit über hundert unveröffentlichten Tagebüchern vervollständigt. Diese Montage vermittelt ein erschütterndes und nachdenklich stimmendes Bild des ersten großen Weltenbrandes. Die Verborgene Chronik ist eine gewaltige Collage von Originalzeugnissen, die von Frontsoldaten, Rekruten, Arbeiterfrauen, Kindern, besorgten Familienmitgliedern, Ärzten, Krankenschwestern, Kriegswitwen und vielen anderen stammen. Sie teilen unzensiert ihre Hoffnungen, Eindrücke und Ängste in ihren Tagebüchern. In bisher ungekannter Authentizität zeigt sich die verwirrende Vielfalt und Ungleichzeitigkeit der existenziell erschütternden Erfahrungen der Schreiber. Von der Mobilmachung bis zur Niederlage entsteht ein Echolot jener Tage: Trennungsschmerz und patriotisches Hoch, Todesangst und Heldenmut, Freudengesänge und nacktes Grauen stehen unmittelbar nebeneinander. So wird Geschichte von unten erzählt und gleichzeitig ein großartiges Zeitzeugnis geschaffen.
Lisbeth Exner Livres






Elisabeth von Osterreich
- 158pages
- 6 heures de lecture
Elisabeth von Österreich (1837-1898) wurde als schönste Frau ihrer Zeit gefeiert und als Exzentrikerin kritisiert. Ohne sich um Rollenmuster zu kümmern, bestand die Kaiserin auf individueller Selbstverwirklichung. Sie strebte nach ewiger Jugend, war belesen, unterstützte die politischen Interessen Ungarns und brillierte als Extremreiterin. Der Nachwelt hinterließ sie Gedichte und den Mythos Sis(s)i.
Leopold von Sacher-Masoch (1836-1895) wurde mit seinem Roman „Venus im Pelz“ unfreiwillig zum Namensgeber einer sexuellen Obsession - des Masochismus. Doch die meisten Menschen verbinden mit diesem Stichwort nur grobe Klischees. Was Leopold von Sacher-Masoch wirklich schrieb und intendierte, welche Bezüge es zwischen seinem Werk und seinem eigenen Leben gab, darüber informiert dieses Buch.
Realitätenhandlung
Neunundvierzig Minuten
In einer papierüberladenen Wiener Altbauwohnung treffen sechs Figuren für die Planung einer Zwangsräumung auf einander: Eine demente alte Mieterin in mitten ihrer riesigen Bibliothek, die versucht den Sinn des illustren Zusammentreffens zu verstehen. Ein Gerichtsvollzieher mit zwanghaften Verhaltensmustern, der mit seiner Alkoholsucht kämpft, eine Immobilienbesitzerin, die mit ihrem Gewissen hadert, ein junger Mann vom Schlüsseldienst, der sich als kapitalismukritischer Student outet. Ein Spediteur mit krimineller Vorgeschichte, und eine hundertzwanzigjährige Geisterfrau, die durch die Räume spukt und sich nicht von ihrem im »Dritten Reich« erworbenen Zinshaus trennen kann. In »Realitätenhandlung« verschmelzen Lektüre und Leben zu einem sogartigen Bewusstseinsfilm, der grundsätzliche Fragen aufwirft und zum Nachdenken anregt. Mit einem Vorwort von Elfriede Jelinek.
Fasching als Logik
Über Salomo Friedlaender / Mynona
Salomo Friedlaender/Mynona (1871-1946) stellte sich als 'bizarre Personalunion aus Asket und Lüstling' vor. Als Philosoph, Schriftsteller und Bohemien lebte er eine „Synthese aus Kant und Clown“. Mit dem unter dem bürgerlichen Namen Salomo Friedlaender veröffentlichten philosophischen Hauptwerk Schöpferische Indifferenz beeinflußte er die Künstler Raoul Hausmann und Alfred Kubin. Angeregt durch die skurrilen Prosatexte des Freundes Paul Scheerbart, publizierte er unter dem Pseudonym Mynona von Expressionisten und Dadaisten begeistert aufgenommene Grotesken - „so verhalf sich meine philosophisch gehemmte, verdrängte und abgelegte Produktivität auf Schleichwegen zur grotesken Mißgeburt.“ Erstmals ausgehend von einer genauen Rekonstruktion seiner Biographie und einer fundierten Interpretation seines gesamten Werkes untersucht Lisbeth Exner die Verzahnung von Literatur und Philosophie im „Fasching als Logik“.
Das »Echolot« des Ersten Weltkriegs. 1914 von unten – Einblicke ins Alltags- und Gefühlsleben der Deutschen im Schicksalsjahr, wie es sie noch nie gab. Fast hundert Jahre lang blieben sie in privaten Händen, unveröffentlicht, dann fanden sie den Weg ins Deutsche Tagebucharchiv. Jetzt sichteten Lisbeth Exner und Herbert Kapfer, unterstützt von den Mitarbeitern des Archivs, für diesen Band erstmals die dort lagernden ca. 240 Tagebücher aus der Zeit zwischen 1914 und 1918 und komponierten aus den dafür geeigneten die Verborgene Chronik, eine Art kollektives Tagebuch des Ersten Weltkriegs. Die Verborgene Chronik 1914 erzählt – anhand privater Schicksale – von der komplizierten Vorgeschichte bis zur großen Euphorie bei Kriegsbeginn, von den frühen Siegen bis zur ersten Ernüchterung, als sich der Krieg im Westen in den Schützengräben um Somme und Marne und im Osten festfuhr. Stimmen von der Front und aus der Etappe, aus den Schützengräben in Ost und West, von den Weltmeeren, aus dem Hinterland. Von einfachen Soldaten und Offizieren, von Daheimgebliebenen, Müttern, Geliebten und Kindern, Sanitätern, Feldpastoren, Arbeitern in Munitionsfabriken, Ehefrauen. Eine Collage subjektiver Stimmen, die in ihrer Gesamtheit ein Bild des Jahres 1914 malt, wie es noch nie zu sehen war.
Als Grete Weils schriftstellerische Arbeit 1980 erstmals von einer breiteren Öffentlichkeit anerkannt wurde, war sie vierundsiebzig. Die 1906 im bayerischen Egern geborene Margarete Elisabeth Dispeker, Tochter einer jüdischen Anwaltsfamilie, hatte bereits seit ihrer Schulzeit geschrieben. Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler stellte sie ihre schriftstellerischen Ambitionen ein, absolvierte eine Fotografenausbildung und ging mit ihrem Mann Edgar Weil ins holländische Exil. 1941 wurde Edgar Weil in Amsterdam verhaftet, nach Mauthausen gebracht und im Konzentrationslager ermordet. Grete Weil arbeitete für den Jüdischen Rat, entkam den Deportationen und überlebte im Untergrund. Sie kehrte 1947 nach Deutschland zurück. Lisbeth Exner zeigt in ihrer Monographie, dass die Exiljahre für die Schriftstellerin prägende Erfahrungen waren, die ihr Leben und Werk beeinflussten. Trotz einiger Veröffentlichungen, darunter der Roman 'Tramhalte Beethovenstraat' (1963), fand Grete Weil erst in den achtziger Jahren ein größeres Publikum für ihre differenzierte Auseinandersetzung mit den Spätfolgen des Nationalsozialismus. Ihre Werke 'Meine Schwester Antigone' (1980), 'Generationen' (1983) und 'Der Brautpreis' (1988) wurden erfolgreich. Sie erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter den Geschwister-Scholl-Preis (1988) und die Carl-Zuckmayer-Medaille (1995). Grete Weil starb 1999 in Grünwald bei München.