Loosli hat vier Bücher auf Berndeutsch geschrieben. Lange Zeit waren diese als einzige greifbar, weshalb Loosli oft nur noch als Mundartautor wahrgenommen wurde. Für Loosli gehörte die Pflege des Dialekts zum Kampf gegen die pangermanisch inspirierte 'Verpreußung' der Schweiz. Noch vor dem Ersten Weltkrieg wandte sich der Dialektpionier Loosli jedoch von der Mundart als literarischer Sprache ab. Dialektliteratur war zur Mode von städtischen Snobs geworden, und das passte ihm nicht mehr. Mys Ämmital. erschien erstmals 1911. Ein Jahr zuvor beschrieb Loosli sein Vorhaben: 'Ich bereite einen Band berndeutscher Gedichte vor. Und zwar nicht etwa lauter Sachen im Volkston, sondern Stanzen, Sestinen, Sonette, Ghasele, Terzinen, Dezimen, Kanzonen und dergleichen. Alles nur um zu beweisen, daß man dem Dialekt unrecht tut, wenn man ihm vorwirft, er sei für die höhere Poesie (lies die Poesie der metrischen Kunstreitschule) unbrauchbar. Ein wenig Teufelsucht steckt schon in diesem Unterfangen, daneben aber gewährt es mir geradezu großen Genuß, meinen Emmentaler Pegasus auf den parnassischen Höhen Petrarchens zur Tränke zu führen.' Der Band mit seinen sechs Gedichtzyklen ist ein Klassiker der berndeutschen Lyrik und in seiner Sprachmächtigkeit unvergleichlich. Unsere Ausgabe folgt in Inhalt und Rechtschreibung der Ausgabe letzter Hand von 1957.
Carl A. Loosli Livres






An einem verhangenen Sommermorgen wird auf der Schattmatt im Emmentaler Dorf Habligen der alte Bauer Rees Rösti vor seinem Haus tot aufgefunden. Offensichtlich ermordet. An seinem Hinterkopf klafft eine Schusswunde. Der Verdacht fällt auf Fritz Grädel, den Schwiegersohn des Opfers. Diesem hat der Ermordete seit Jahren mit allen erdenklichen Mitteln das Leben schwer gemacht. Und noch am Vorabend hat ihm Grädel im Wirtshaus vor Zeugen den Tod gewünscht: 'Schau, ich bin kein Unhund, aber das sage ich dir, wenn dieser Sternsdonner morgen verreckt wäre, Gott verzeih mir die Sünde, ich könnt mich drob freuen!' Nein, sich zu freuen hat Fritz Grädel schon bald keinen Anlass mehr. Auf den Verdacht folgen die Ermittlungen, die Untersuchungshaft, die Mordanklage Dann die zunehmende Gewissheit, das Stigma des Mörders nie mehr loszuwerden, da er seine Unschuld nicht beweisen kann. Was ist genau passiert in jener Sommernacht auf der Schattmatt? Der 1926 fertiggestellte Roman Die Schattmattbauern ist inzwischen ein Klassiker; er steht am Beginn der Entwicklung des modernen schweizerischen Kriminalromans, die mit den Romanen von Friedrich Glauser und Friedrich Dürrenmatt ihren Fortgang nahm.
C. A. Loosli hat sich sein Leben lang intensiv mit Kunst auseinandergesetzt. Er war befreundet mit Ferdinand Hodler, Cuno Amiet, Emil Cardinaux und vielen anderen Künstlern seiner Zeit. Sein vierbändiges Werk Ferdinand Hodler. Leben, Werk und Nachlass zeugt von der intensiven Beschäftigung Looslis mit diesem Künstler und bildet heute noch eines der Grundlagenwerke zu Hodlers Werk. Loosli hat sich aber auch mit Fragen der Ästhetik befasst und hat dabei - zunächst stark von Hodler beeinflusst - originelle Antworten gefunden. 'Gibt es eine schweizerische Nationalkunst?', 'Der Weg zum Kunstgenuss' oder 'Vom Kunsthandel' lauten einige der in diesem Band dokumentierten Beiträge. Schließlich war Loosli vier Jahre lang Sekretär der Gesellschaft Schweizerischer Maler, Bildhauer und Architekten GSMBA und hat sich als solcher mit Fragen der Kunstpolitik und der Kunstpädagogik befasst, so etwa mit der Landesausstellung 1914 ('Mitmachen oder nicht?'), mit Künstlerrechtsfragen, mit der Frage der Künstlerwettbewerbe oder der staatlichen Kunstförderung. Als Kunstschriftsteller ist C. A. Loosli der Chronist des Kreises um Ferdinand Hodler. Aus seinen Darstellungen wird unmittelbar klar, dass Hodler gleichermaßen zu Unrecht von der Moderne ignoriert und von der schweizerischen Geistigen Landesverteidigung vereinnahmt worden ist.
Carl Albert Loosli (1877 1959) ist nicht nur der Sozialreformer, Kulturpolitiker und Gesellschaftskritiker, als den ihn die siebenbändige Werkausgabe des Rotpunktverlags in Erinnerung gerufen hat. Loosli war immer auch Erzähler, Lyriker und Satiriker. Der Schriftsteller Pedro Lenz verhilft diesem belletristischen Loosli zu seinem Recht, indem er seine Lieblingstexte aus Looslis Werk vorstellt. Zugleich soll dieses Buch als vergnüglicher und nachdenklich stimmender Einstieg in den Loosli-Kosmos dienen mit Texten, die teils aus der Werkausgabe stammen, teils hier zum ersten Mal überhaupt veröffentlicht werden. Wir lesen von den Leiden und nicht wirklich vorhandenen Freuden eines geplagten Lokalberichterstatters, von einem, der aus Dankbarkeit Brandstifter wurde, von einer außergewöhnlichen Arbeiter-Weihnachtsfeier in Ostberlin, von dem umwerfend komischen Besuch bei einem berühmten Dichter, auf den Looslis Verse über die 'Zweckdichtung' zutreffen, die da lauten: 'Wähnt ihr euch ernstlich des Parnasses Pächter,?/?Weil sorglich ihr die Kunst vom Leben trennt?' Das handliche 'Einstiegsbuch' lädt zur Begegnung ein mit einem zutiefst menschlichen und teilweise wohl unerwartet poetischen C.?A. Loosli.
1937 schreibt C. A. Loosli dem Rabbiner R. E. Botschko: 'Ich verstehe mich keineswegs auf Theologie, am allerwenigsten auf jüdische.' Deshalb, fährt er fort, sei sein 'Philosemitismus' eigentlich eine 'nicht-jüdische Humanität'. Zehn Jahre früher, 1927, ist es Loosli 'zur Gewissens- und zur Bürgerpflicht' als 'Schweizer und Demokrat' geworden, gegen den aufkommenden Antisemitismus Stellung zu beziehen: Er verfasst das in diesem Band vollständig dokumentierte Buch Die schlimmen Juden! (geschrieben 1926) - eine fulminante Polemik gegen die perfiden 'Protokolle der Weisen von Zion' und die darauf basierende Hetzschrift 'Der internationale Jude' des damals weltweit mächtigsten Wirtschaftsführers Henry Ford. Das Buch dokumentiert auch, dass Loosli sehr früh die Gefahr erkannte, die von den deutschen Nazis - die er 'die Hakenkreuzler' nannte - ausging. Wegen seines Buches wird Loosli 1934 zum Experten im international stark beachteten und historisch bedeutsamen Berner Prozess um die 'Protokolle'. Ausschnitte aus Looslis umfangreichen Stellungnahmen beweisen auch seinen antifaschistischen Mut. Zudem dokumentiert der sechste Band der Werkausgabe Looslis Engagement für die Flüchtlinge und für ein offenes Asylrecht vor und während des Zweiten Weltkriegs.
In den anderthalb Jahren, in denen der Gratisanzeiger Berner Bote 1905/06 erscheint, profiliert sich dessen junger Alleinredaktor C. A. Loosli als Gesellschaftskritiker. Er schreibt weit über 100 Leitartikel, von denen er 1906 deren 19 unter dem Titel Bümpliz und die Welt als Buch herausgibt. In den folgenden Jahren verpackt er seine Kritik mit Vorliebe in Satiren wie 'Meine erste Schützenfestrede' oder 'Bureausaurus helveticus L.'. Besonders unbeliebt macht er sich beim Bürgertum 1912 mit der Broschüre 'Ist die Schweiz regenerationsbedürftig?'. Ab 1914, dem Beginn des Ersten Weltkriegs, geraten kritische Autoren - nicht nur Loosli - immer mehr ins Abseits: Die mediale Öffentlichkeit wird enger und unduldsamer; das Vollmachtenregime - das Regieren mittels Notrecht (ab 1930) - führt zu zahlreichen Verletzungen der Bundesverfassung. Nun schreibt Loosli keine Satiren mehr, der Ton wird ernst ('Der Niedergang des Freisinns', 1917) und wichtige Interventionen können nur noch im Selbstverlag erscheinen ('Umschalten oder Gleichschalten?', 1934). In späteren Jahren geht Looslis gleichermaßen schweizkritische wie antifaschistische und antistalinistische Haltung vorwiegend aus seinen Briefen hervor, insbesondere an die Freunde Pierre Bovet, Jakob Bührer oder Jonas Fränkel.