Konfusion
Krieg und Frieden in der Netzgesellschaft






Krieg und Frieden in der Netzgesellschaft
Zwischen Säkularisierung und Fundamentalismus
Das Buch klärt die theoretischen Voraussetzung dafür, welches Friedensverständnis der heutigen Zeit angemessen ist.
Band 1: Tötung und Tabu
David Gelernter, der in den achtziger Jahren die Grundlagen des World Wide Web geschaffen und damit das digitale Zeitalter eingeläutet hat, warnt seit vielen Jahren davor, politisch-gesellschaftliche Entscheidungen zunehmend auf Softwaremodelle und selbststeuernde Systeme zu übertragen. Im militärischen Bereich führt dies zur Roboterisierung des Krieges, in letzter Konsequenz zum Delegieren von Entscheidungen über Leben und Tod an die Software der unbemannten Kriegsmaschinen. Dem Ruf nach einer Ethik für das Atomzeitalter folgt heute der Ruf nach einer Ethik für das Drohnenzeitalter. Denn die Einbindung neuer Waffensysteme in eine kybernetische Eskalationsautomatik droht den im Homozid gipfelnden atomaren Schlagabtausch den Händen verantwortlicher Entscheidungsträger zu entreißen. Damit würden Handlungsautonomie und Entscheidungsfreiheit preisgegeben, mithin die zentralen Bedingungen für eine Kontrolle über den Mitteleinsatz und damit jeder Rechtfertigung von Militäreinsätzen. Dies würde die Abdankung des autonomen selbstverantwortlichen Subjekts bedeuten – und eine moralphilosophische Bankrotterklärung. Unter besonderer Bezugnahme auf Kants praktische Philosophie und Niklas Luhmanns Systemtheorie entwirft Gertrud Brücher eine Ethik des Drohnenzeitalters, die an Selbstzwecklichkeit und Würde des Menschen festhält, ohne technologisch-gesellschaftsstrukturelle Tatsachen der modernen Weltgesellschaft ignorieren zu müssen.
Die tödliche Eskalation von Konflikten ist als Grund für und gegen Interventionen ein Problem ersten Ranges. Aber worum handelt es sich hier eigentlich? Aktuelle Debatten suchen erfolglos nach einer Erklärung für Eigendynamiken, die weder Adressaten noch schuldige Akteure kennen. Die Hilflosigkeit wird überspielt, indem Schuldige „konstruiert“ werden. In einer global vernetzten Welt ist diese Logik der Problemlösung durch Problemverschärfung hochexplosiv. Hier fehlen alternative Denkmodelle. Die frühe Sozialphilosophie war weiter: Kriegerisches (Clausewitz), Soziales (Simmel) und Rechtsförmliches (Benjamin) werden als Prozesse der Wechselwirkung gedeutet. Heute lehrt erst die Luhmannsche Systemtheorie mit dem Begriff der „Autopoiesis“ das Mysterium der Eskalationsdynamiken wieder verstehen: Eskalation als Drift zu Tod und Zerstörung im Negativen, im Positiven als Prozess Frieden stiftender Versöhnung. Dieses Buch ist für Interessierte der Philosophie und der Sozialwissenschaften genauso wie für Akteure der Friedens- und Sicherheitspolitik obligat.
Die Provokation unserer Zeit lautet: Mit Globalisierung, „neuen Kriegen“ und internationalem Terrorismus sind Krieg und Frieden, Innen- und Außenpolitik, Kämpfer und Zivilisten ununterscheidbar geworden. Der konflikt- und friedensbezogenen Forschung scheint die Wirklichkeit weggebrochen zu sein, für die sie ihre Modelle entwickelt hatte. Wie reagiert eine dem Frieden verschriebene Theorie und Bewegung auf diese Herausforderung? Das Buch verfolgt die Paradoxien, aber auch die Auswege dieses Denkens der Friedenspraxis in ihren Stadien.
Zur Neubegründung der Menschenwürde aus systemtheoretischer Perspektive
Die Autorin analysiert und kritisiert in diesem Buch den Status quo der Menschenwürde und plädiert auf eine Neubesinnung und Neubestimmung. Die als Moderne begriffene funktional differenzierte Weltgesellschaft – ihrem Selbstverständnis nach antitotalitär – verliert eben dieses Profil mit einem Menschenbild, das die Differenz von Verfügbarem (Menschenmaterial) und Unverfügbarem (Menschenwürde) aufgehoben und durch den „Diskurs“ ersetzt hat. Wenn alles verfügbar wird, verschwindet die Unverfügbarkeit zum Beispiel der Menschenwürde – damit besteht beispielsweise die Gefahr, dass der Mensch zu Ersatzteillager werden kann. Erst die Diskussion über den Menschen auf der Grundlage einer erkenntnistheoretisch reflektierten Systemtheorie kann verhindern, dass der unvermeidliche Paradigmenwechsel ein Unverfügbares (Menschenwürde) durch ein Verfügbares (Menschenmaterial) ablöst.
Zur Neubegründung von Menschenrechten aus systemtheoretischer Perspektive
Die Autorin analysiert und kritisiert in diesem Buch den Status quo der Menschenrechte und plädiert auf eine Neubesinnung und Neubestimmung. Was in aktuellen Analysen und Darstellungen zum derzeitigen „fundamentalistischen Terrorismus“ kaum verständlich wird, ist die Ähnlichkeit antiterroristischer Strategien mit terroristischen Strategien. Die These dieses Bandes ist, dass es Fortschritte der Globalisierung sind, die in der Umstellung der westlichen Werte auf Funktionscodes ein Unantastbares – „Menschenwürde“ und „Menschenrechte“ – über Bord werfen müssen.