Reconciliation ist Titel und Programm für Prozesse, die im Anschluss an traumatische Konflikte für Normalisierung, Stabilisierung und Aussöhnung sorgen sollen. Aber: Vergeben ohne zu ver-gessen – wie soll das möglich sein? Dies fragt nicht nur der ehemalige Soldat aus Bosnien und Herzegowina. Es beschäftigt möglicherweise auch das Opfer häuslicher Gewalt oder den ent-lassenen Angestellten. In diesem Band suchen Autorinnen und Autoren aus Theorie und Praxis nach Antworten.
Ueli Mäder Livres






Ab 1968 strahlt das Schweizer Fernsehen farbig aus. Ab jetzt ist alles bunter. Die Tagesschau berichtet über Proteste in aller Welt. Sie kommen von Berkeley nach Bern, von San Francisco nach Solothurn. Auch in der Schweiz demonstrieren Tausende gegen den Krieg in Vietnam. Angehende Lehrerinnen streiken im Seminar in Locarno. Lehrlinge lehnen sich gegen autoritäre Lehrmeister auf. Die Stones schlagen neue Töne an. Fans schwingen mit und fordern autonome Jugendzentren. »Wehret den Anfängen!«, titelt die *Neue Zürcher Zeitung* am 17. Juni 1968. Was haben die 68er-Revolten bewirkt? Kulturell viel, politisch wenig, so lautet eine gängige These. Zu Recht? Ueli Mäder befragte Protagonistinnen und Protagonisten nach ihren Erfahrungen und Wahrnehmungen. In 68 Interviews und zahlreichen historischen Dokumenten scheinen Debatten und Projekte auf, die damals Stadt und Land in Bewegung versetzten. Porträtiert sind u. a. Peter Bichsel, Ruth Dreifuss, Hardy Hepp, Barbara Gurtner, Claudia Honegger, Urs Jaeggi, Jürg Marquard, Trudy Müller-Bosshard, Elisabeth Joris, Anne-Marie Pfister, Regula Renschler, Franz Rueb, Ruth Barbara Stämpfli, Res Strehle, Paul Ignaz Vogel, Sus Zwick. Auch Filippo Leutenegger und weitere Nach-68er, die heute bürgerlich etabliert sind, kommen zu Wort.
Die Schweiz ist ein kleines Land. Doch jeder zehnte Milliardär der Welt wohnt in der Schweiz. Drei Prozent der hier wohnhaften privaten Steuerpflichtigen haben gleich viel Nettovermögen wie die restlichen 97 Prozent. Die Vermögen der 300 Reichsten stiegen in den letzten zwanzig Jahren von 86 Milliarden auf 459 Milliarden Franken. Wer sind diese Menschen? Wo und wie leben sie? Die Autoren dieses Buchs zeigen auf, wie dieser Reichtum entstanden und verteilt ist, wie er sich erneuert, wie Reiche denken und lenken, wie sie soziale Gegensätze wahrnehmen und wie Medien über Reiche berichten. Diese Studie knüpft an die frühere Untersuchung über den Reichtum in der Schweiz (Mäder/Streuli 2002) an und erweitert den Kontext. Der Blick richtet sich auf soziale Ungleichheiten, auf Kontinuitäten und Wandel, auf die Selbst- und Fremdwahrnehmung von Reichen, besonders auch im Zusammenhang mit der globalen Finanzkrise. Als Grundlage dienen statistische Auswertungen aktueller Daten, ethnografische Zugänge im Feld der Reichen, Auswertungen von Medienberichten sowie zahlreiche Gespräche mit Reichen.
Mein Bruder Marco
Eine Annäherung
Ueli Mäder nimmt Abschied von seinem älteren Bruder Marco. Er tut dies mit einem Brief, der wie ein Zwiegespräch daherkommt. »Wie kamst Du dazu, Dich zu Tode zu saufen? Du warst so erfolgreich unterwegs. Bei mir hätte ich es ja noch verstanden.« Was führte zum Bruch? Der Versuch, zu verstehen, verknüpft persönliche und gesellschaftliche Veränderungen. Zehn Jahre nach dem Tod seines Bruders Marco schreibt Ueli Mäder dieses Buch und setzt sich mit den Fragen auseinander, die schon im ersten Schrecken über ein elendes Ende aufbrachen. Marco war nicht nur ein Nationalliga-Handballer, er war belesen, feinfühlig, unabhängig und ein hoffnungsvoll engagierter Mensch. Wie konnte dieses an Möglichkeiten so reiche Leben so destruktiv zu Ende gehen? Was war das für ein Leben? In welcher Zeit? Welche gesellschaftlichen Umstände, unter denen Marco häufig litt, prägten seinen Weg? Auf der Suche nach Antworten tauchen immer mehr Erinnerungen und neue Fragen auf. Sie beziehen sich auch darauf, wie sich Marco mit Abhängigkeiten, Erwartungen, Erfolg, Liebe, Leiden, Mangel, seinen Lektüren, wissenschaft¬lichen und politischen Debatten auseinandersetzte.
Arnold Künzli, geboren 1919 in Zürich, arbeitete nach seiner philosophischen Ausbildung als Korrespondent in Rom, London und Bonn. Als Professor für Politische Philosophie an der Universität Basel regte er zwei Jahrzehnte lang seine Studierenden zum kritischen Denken an. Sein Werk über Vietnam beeinflusste die 1968er-Bewegung. Seit seiner Pensionierung 1984 ist Künzli weiterhin als Publizist und Referent aktiv, insbesondere in der Berichterstattung über die Balkanregion. Er hat zahlreiche Bücher zu philosophischen, ideengeschichtlichen und politischen Themen veröffentlicht. Künzli betont, dass in einer chaotischen Welt ein demokratisches und humanitäres Ethos erforderlich ist, nicht dogmatische Ansichten. Er sieht gesellschaftliche Emanzipation als einen dialogischen Lernprozess und plädiert für einen demokratischen Sozialismus, der Bürger- und Menschenrechte umfassend ausdehnt. Künzli setzte sich dafür ein, den 'Realismus der Utopie' im Parteiprogramm der SPS zu verankern, was ihn enttäuschte, als dies nicht gelang. Er kritisiert den 'Schwindel der Marktwirtschaft', der die Idee der Selbstverwaltung verdrängt hat, und fragt, warum Sozialismus als Utopie – mit Idealen wie sozialer Gerechtigkeit und Solidarität – keine Zukunft haben sollte. Dieses Buch dokumentiert das umfangreiche Werk von Arnold Künzli als politischen Denker und Publizisten.
Armut, Arbeitslosigkeit, Krise des Sozialstaates, neue Unübersichtlichkeit, Risikogesellschaft und Werteverlust – diese Stichworte deuten an, was an der Schwelle zum 21. Jahrhundert viele Menschen beschäftigt. Unbestritten ist das Ziel, soziale Sicherheit für möglichst alle zu verwirklichen. Aber wie? Die einen setzen auf staatliche Anstrengungen, andere auf private. Diese Arbeit setzt sich mit verschiedenen Konzepten von Subsidiarität und Solidarität auseinander. Sie befasst sich mit den Schnittstellen zwischen der individuellen und gesellschaftlichen Verantwortung und analysiert Vorschläge wie die Ausweitung von Ergänzungsleistungen und die Einführung «Sozialer Zeit».