Night School
- 270pages
- 10 heures de lecture
A tongue-in-cheek textbook for how to live in our modern age.






A tongue-in-cheek textbook for how to live in our modern age.
This anthology brings together 28 acclaimed women writers, artists, scientists and entrepreneurs from across the continent to offer new perspectives on the future of Europe, and how it might be rebuilt, asking what it means to be European today.
Fibel für Erwachsene
Ihr Schreiben kommt aus dem Schweigen. Aus der Präsenz der unerzählten Geschichten, die das Kind von Überlebenden des Holocaust umgab. Zsófia Bán, die sich mit Essays über W. G. Sebald, Imre Kertész und Susan Sontag einen Namen gemacht hat, wählt die Form des Schulbuchs, um ihren enzyklopädischen Lebensstoff Fach für Fach, von Geographie und Chemie bis Französisch durchzuarbeiten. In einer subtil ironischen, von Terézia Móra hinreißend vertonten Sprache erzählt sie vom Verschwinden eines Naturforschers im Dschungel von Laos, von der Reise des jungen Flaubert mit seinem Freund Maxime nach Ägypten oder von einem mitteleuropäisches Frauenleben, das vor Gewehrläufen an der Donau endete. Sie schmuggelt aber auch eine der großartigsten lesbischen Liebeszenen in ihre Abendschule hinein, die je geschrieben wurden. Alle Texte eint die Lust, Tabuisiertes, auch Abwegiges zu erkunden, um fürs Leben zu lernen - ein eminent kluges, erzählsüchtiges Buch.
»Vielleicht ist es ja doch nicht ganz so sicher, dass man über das, worüber man nicht reden kann, schweigen sollte.« Zsófia Bán, die sich als Autorin subtiler, von Empathie und Formwillen durchdrungener Prosa einen Namen gemacht hat, beschreitet in ihren Essays viele Wege, um sich eine einzige Frage zu beantworten: Wie umgehen mit Verlusten, die nicht aufzuarbeiten sind? Mit dem Mangel an Wissen, mit dem Verleugneten und Verschwiegenen? Eine Reise führt sie nach Terezín, die Kleinstadt in Tschechien, von Menschen bewohnt und dennoch mit »greifbarer, tastbarer, gespenstischer Leere gefüllt«. Sie weiß, dass ihre Mutter dort war und das KZ überlebt hat. Warum überfällt sie im Museum dennoch die Angst, ihr auf einem Bild zu begegnen? Weil Fotos etwas zeigen, was wir nicht wissen, nur erahnen können? Es ist dieses Verhältnis von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, es sind die Leerstellen, die »Orte des Mangels«, die unüberschaubaren Wissenslücken und die von ihnen verursachte Melancholie, denen Zsófia Bán in ihren Lektüren von Sebald, Nádas und Kertész, in Auseinandersetzung mit Filmen und theoretischen Entwürfen auf die Spur kommen will. Inspirierte Leserin und unerbittliche Kritikerin der ungarischen Verhältnisse, findet sie einen Ausweg in der »negativen Befähigung«: einer Haltung, die es erlaubt, im Zustand der Unsicherheiten und Zweifel die Vitalität des Widerstands und des self empowerment zu finden.
Am Strand von Rio de Janeiro wird die kleine Anna im Getümmel von ihrer Mutter getrennt. Als das Mädchen sie nach kurzem albtraumhaften Verlorensein erleichtert am Wasser stehen sieht und sich ihr von hinten nähert, hört sie, wie die Mutter ein verzweifeltes »Sogar hier … sogar hier!« vor sich hinmurmelt. Was diese Worte bedeuten, vor allem aber wer ihre Mutter war, die sieben Sprachen sprach, aber mit ihrem Kind in keiner einzigen reden konnte, das begreift die Fotografin Anna erst Jahrzehnte später – als sie in einer Versuchsstation in der Antarktis das Naturphänomen des »White-out« aufnimmt, das alles verschluckende Weiß. Und Zsófia Bán ist eine so raffinierte Autorin, dass ihr Text in seinem Verlauf die traumatische Wahrheit eines Lebens allererst zu Tage zu fördert, die Erinnerung sich gleichsam im Augenblick des Erzählens ereignet. Emigration, Entwurzelung, der brutale Riss, der ein Leben in ein Davor und Danach teilt − diese Erfahrungen bilden das Gravitationszentrum der fünfzehn Geschichten des Bandes.
Erzählungen
Franz Reichelt steht 1912, in seinen selbstgebauten Fallschirm gewandet, auf dem Eiffelturm und zögert, sein Atem wölkt sich in der Kälte, in den alten Schwarzweißaufnahmen »pulsieren Chemie und Kratzspuren wie dichter Schneefall«.Robika, der ein Siebtklässler wäre, wenn er eine Vorstellung von der Zeit hätte und in die Schule ginge, hat eine Jede Woche sucht er sich im Laden von Mama Roza sieben weiße Seifen aus. Als der Laden einmal geschlossen ist, fährt Robikas Mutter mit ihrem untröstlichen Kind auf dem Fahrrad in die Stadt. Auf dem Rückweg haben sie einen Unfall, Robika muss geröntgt werden, eine Seife fest in jeder Hand. Aber alles ist gut, und er Weiter atmen!Ob sie von einer syrischen Flüchtlingsfamilie erzählt, die an der ungarischen Grenze strandet, von Rimbaud und denen, die ihn erforschen, von Liebenden, Kranken und Kindern, von Paris, Rio de Janeiro oder Ungarn – Zsófia Bán erschafft mit wenigen Sätzen, Filmschnitten Figuren, Bilder, innere Landschaften von ungekannter Tiefenschärfe.Neue Erzählungen von Zsófia Bán – klug und empathisch, subtil und provokant, von assoziativer Phantasie und lakonischer Kühnheit.